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Fall Perković vor dem Abschluss

Nenad Kreizer/Siniša Bogdanić22. Januar 2014

Der ehemalige kroatische Geheimdienstchef Josip Perković darf an Deutschland ausgeliefert werden, wo er unter Mordverdacht steht. Das rechtliche Tauziehen um den Fall ist damit allerdings noch nicht ganz beendet.

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Josip Perković und Anto Nobilo
Josip Perković (mitte) und sein Anwalt Anto Nobilo (rechts)Bild: picture-alliance/dpa

Perkovic: "Mit Mord habe ich nichts zu tun"

Die Entscheidung des Obersten Gerichts in Zagreb, das am Dienstag (21.01.2014) grünes Licht für die Auslieferung von Josip Perković an Deutschland gegeben hat, wurde in Kroatien relativ ruhig aufgenommen. Weder die Regierung noch das Büro des Präsidenten wollten die Entscheidung kommentieren, ebenso wenig die regierende Sozialdemokratische Partei von Ministerpräsident Zoran Milanović und die größte Oppositionspartei, die national-konservative HDZ.

Auch die EU wollte nicht zur die Entscheidung in Zagreb im Fall Perković Stellung beziehen. Dabei hatte gerade die Europäische Kommission im Herbst vergangenen Jahres den Druck auf Kroatien erhöht. Sie forderte Kroatien auf, die unterschriebenen Verpflichtungen zu achten und dem Auslieferungsgesuch der deutschen Justiz nachzukommen. Es wurde indirekt sogar mit Sanktionen gedroht, falls die kroatische Regierung nicht einlenke.

Anto Nobilo Anwalt Zagreb
Rechtsanwalt Anto Nobilo: "Kein fairer Prozess in Deutschland!"Bild: picture alliance/PIXSELL

"Leichen im Keller"

Die Bundesrepublik wirft dem früheren Geheimdienstler eine Mittäterschaft bei der Ermordung des kroatischen Dissidenten und früheren Managers eines großen Erdöl-Unternehmens Stjepan Đureković 1983 im bayerischen Wolfratshausen vor. Zu dieser Zeit war Perković ein hochrangiger Offizier des jugoslawischen Dienstes für staatliche Sicherheit (Uprava drzavne sigurnosti, kurz UDBA). Die Geheimpolizei der kommunistischen Machthaber war ständig auf der Jagd nach sogenannten inneren Feinden Jugoslawiens und politisch aktiven Emigranten. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verlangt seit 2009 die Auslieferung des ehemaligen Geheimdienstlers. Bisher ist das nicht passiert: Perković lebt unbehelligt in einem Zagreber Nobel-Viertel. Viele Beobachter im Ausland fragen sich, warum Kroatien mutmaßliche Kriminelle schützt.

Eine mögliche Erklärung liefert der Zagreber Enthüllungsjournalist Željko Peratović. Er glaubt, dass Perković nach einer Auslieferung unbequeme Geheimnisse über kroatische Politiker und die verdeckten Aktionen der kroatischen und jugoslawischen Geheimdienste verraten könnte. Er soll angeblich in den 90er Jahren sehr enge Beziehungen zum früheren Präsidenten Franjo Tuđman gepflegt haben. Nachdem Kroatien 1991 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, war ausgerechnet Perković dafür zuständig, den Geheimdienst des jungen Staates aufzubauen und zu führen. Heute sei er immer noch gut vernetzt mit ranghohen Politikern, gibt Enthüllungsjournalist Peratović zu bedenken.

Perkovic: "Mit Mord habe ich nichts zu tun"

Bis zur letzten Instanz

So ist das aktuelle Urteil des Obersten Gerichts nicht das letzte: Perkovićs Anwalt Anto Nobilo kündigte sofort nach der Verkündigung der Richter an, dass sein Mandant eine Beschwerde vor dem kroatischen Verfassungsgericht einlegen werde. Perkovićs Anwalt, in Kroatien einer der bekanntesten Strafverteidiger, behauptet, dass sein Mandant gar nicht an Deutschland ausgeliefert werden darf. Seine Argumentation: Für die Tat, die ihm in Deutschland vorgeworfen wird, ist in Kroatien die Verjährungsfrist schon abgelaufen. Gleichzeitig drückte Nobilo zum wiederholten Mal seine Befürchtungen aus, seinen Mandanten erwarte in Deutschland "kein fairer Prozess".

"Kein fairer Prozess" in Deutschland

Im Gespräch mit Deutsche Welle erläutert Nobilo seine Zweifel an der deutschen Justiz. "Ich persönlich schätze die deutsche Justiz sehr. Aber was im Prozess gegen Krunoslav Prates passierte, kann man nicht als fair bezeichnen." Der Jurist spielt auf das Verfahren an, das zwischen 2006 und 2008 in München geführt wurde. Vor dem Oberlandesgericht wurde der kroatische Emigrant Krunoslav Prats wegen Mittäterschaft im Mord an Stjepan Đureković zu lebenslanger Haft verurteilt. Josip Perković wurde in der Urteilsbegründung als Organisator bezeichnet..

Josip Perković
Bis heute lebt Perković unbehelligt in ZagrebBild: picture alliance/PIXSELL

Nobilo begründet seine Zweifel mit dem Hauptzeugen: Auch Vinko Sindičić war ein UDBA-Agent. Und wurde bereits wegen versuchten Mordes an einem anderen kroatischen Exilpolitiker in Großbritannien verurteilt, wo er dafür sieben Jahre lang im Gefängnis saß. Der Richter in dem Prozess gegen Prates, Bernd von Heintschel-Heinegg, verteidigte neulich im Gespräch mit der DW seine Entscheidung: Sindičić sei ein wichtiger Zeuge gewesen, von der Wahrhaftigkeit seiner Aussage sei er überzeugt gewesen.

Dass es um mehr als nur um ihn selbst und den Mordfall gehe, behauptete laut kroatischen Medien auch Perković vor Gericht: Die deutschen Behörden seien eigentlich an den Vorgängen im jugoslawischen Bürgerkrieg interessiert - und hier besonders an den illegalen Waffentransporten nach Kroatien während des UN-Embargos. Schon deshalb dürfe er nicht ausgeliefert werden, schließlich gehe es hier um die Interessen Kroatiens.

Bernd von Heintschel-Heinegg
Richter Bernd von Heintschel-Heinegg ist überzeugt von der Schuld PerkovićsBild: Thomas von Heintschel-Heinegg

Nun hat der Oberste Gerichtshof aber doch entschieden, dass Josip Perković an die deutsche Justiz ausgeliefert werden darf. Der kroatische Innenminister Ranko Ostojić bestätigte sofort, dass man das "jederzeit erledigen kann." Man muss nur noch die Entscheidung des Verfassungsgerichts abwarten - und den offiziellen Antrag der deutschen Behörden, die Auslieferung zu vollziehen. Das soll innerhalb der nächsten zehn Tagen erfolgen. Als wahrscheinlicher Ort der Übergabe gilt der Flughafen von Zagreb - nach München gibt es von dort auch einen täglichen Direktflug.