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Einigkeit in der Syrien-Frage

Gero Schließ31. Mai 2013

Eigentlich sollte es beim Besuch von Bundesaußenminister Westerwelle bei John Kerry um den Syrien-Konflikt gehen. Doch nach kritischen Medienberichten stand zunächst der umstrittene Drohnenkrieg der USA im Vordergrund.

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US-Außenminister John Kerry (rechts) und sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle in Washington (Foto: REUTERS/Yuri Gripas)
Bild: Reuters

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle nahm bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem amerikanischen Amtskollegen John Kerry zu Berichten deutscher Medien erst auf Nachfrage Stellung: "Ich habe keinerlei Informationen, dass diese Anschuldigung der Wahrheit entspricht", sagte Westerwelle am Freitag (31.05.2013) in Washington. "Ich vertraue unseren amerikanischen Partnern, dass sie internationales Recht respektieren."

Nach Berichten des deutschen Fernsehmagazins "Panorama" sowie der "Süddeutschen Zeitung" nutzen die USA auch ihre deutschen Militärbasen, um Angriffe und gezielte Tötungen mit Drohnen in Somalia durchzuführen. John Kerry mochte jedoch den Ball, den ihm Westerwelle zuwarf, nur unwillig aufnehmen und ging noch weniger konkret auf das Thema ein. Mit Nachdruck bekannte er sich grundsätzlich zur Notwendigkeit von Drohneneinsätzen, die im Krieg gegen den Terror "gerecht" seien und letztlich ein Akt der Selbstverteidigung.

Das Thema ist für die Bundesregierung innenpolitisch höchst brisant. Sollten sich die Medien-Berichte bestätigen und die Bundesregierung möglicherweise sogar von den amerikanischen Aktivitäten auf deutschem Boden gewusst haben, könnte sie sich nach Einschätzung von Völkerrechtlern mitschuldig am Verstoß gegen internationales Recht gemacht haben - und die Beziehungen zu den USA wären einer Belastungsprobe ausgesetzt.

Schulterschluss in der Syrienfrage

Waffenlieferungen an Syrien kritisiert

Beim Thema Syrien demonstrierten Westerwelle und Kerry Einigkeit. Westerwelle wurde ungewohnt deutlich, als er die angekündigten Waffenlieferungen Russlands an das Assad-Regime ansprach: "Wir sagen unseren russischen Kollegen: 'Bringt nicht die Konferenz in Genf in Gefahr!' Die Lieferung von Waffen an das Assad-Regime ist vollkommen falsch."

Westerwelle und Kerry sprachen sich erneut für eine politische Lösung des Konflikts aus und hoben hervor, dass die für Juni geplante internationale Konferenz in Genf nur Sinn mache, wenn alle Konfliktparteien, gerade auch die syrische Opposition, daran teilnähmen. Von dieser waren zuletzt abwartende Signale gekommen.

Kerry, der in Moskau mit Präsident Putin den Plan für die internationale Syrien-Konferenz verabredet hatte, betonte, man werde spätestens in Genf sehen, ob Russland ernsthafte Absichten hege.

Russische Raketen gefährden Israel

Er ging aber noch weiter als Westerwelle und zeigte sich mit Blick auf Russlands Lieferung von S-300 Luftabwehrraketen sehr besorgt um die Sicherheit Israels. "Die Waffenlieferungen an Assad, ob es nun ein alter Vertrag ist oder nicht, haben eine grundlegend negative Auswirkung auf den Ausgleich der Interessen und die Stabilität in der Region. Und sie setzen Israel einem Risiko aus."

John Kerry beim Treffen mit Israels Präsident Peres im Mai (Foto: REUTERS/Jim Young)
Kerry beim Treffen mit Israels Präsident Peres im MaiBild: Reuters

Israel sieht sich nicht nur durch die Aufrüstung des Assad-Regimes bedroht, sondern weiterhin auch durch das iranische Atomprogramm. Kerry mochte sich nicht an Spekulationen beteiligen, ob ein israelischer Militärschlag auf iranische Nukleareinrichtungen bevorstehe. Allerdings räumte er seinem engsten Verbündeten in der Region das Recht ein, für seine Sicherheit das Notwendige zu tun.

USA sehen strategische Defizite Deutschlands

Dass beim Treffen Kerrys mit Westerwelle sicherheitspolitische Themen im Vordergrund standen, zeigt, dass Deutschland für die USA in diesem Feld - zumindest nach außen - immer noch ein wichtiger Gesprächspartner ist. Und dies, obwohl deutsche Positionen hier in Washington zuweilen mit Kopfschütteln und Unverständnis kommentiert werden.

Michael Werz vom Center for American Progress (Foto: dapd)
Michael Werz vom Center for American ProgressBild: Michael Werz

Deutschland, sagt Michael Werz vom renommierten "Center for American Progress" der Deutschen Welle, sei in einigen für die USA zentralen Bereichen nicht ausreichend positioniert: "Mit der Verweigerung beim Libyen-Einsatz 2010 und der zögerlichen Unterstützung Frankreichs in Mali, der fehlenden strategischen Positionierung Deutschlands zu Fragen der Energiesicherheit in der Golfregion oder aber einer umfassenden Entwicklungs- und Sicherheitspolitik für das Mittelmeer reduzieren sich die Gesprächsthemen deutlich. Und da ist von der US-Neuausrichtung hin zum Pazifik noch gar nicht die Rede gewesen."

Freihandel verdrängt Sicherheitsfragen

Mit der "Transatlantic Trade and Investment Partnership" (TTIP), der Schaffung eines transatlantischen Marktes, hatten die beiden Außenminister schließlich auch noch ein unverfängliches Zukunftsthema zu bereden. Westerwelle bemühte sich denn auch, den möglichen gemeinsamen Markt in den Mittelpunkt seines Pressestatements zu stellen und dessen Vorzüge zu loben. Und wie man aus Washington und Berlin hört, wird auch Präsident Obama seine Rede in Berlin vor allem den wirtschaftlichen Beziehungen widmen.

US-Präsident Barack Obama (Foto: REUTERS/Larry Downing)
Besucht Mitte Juni Berlin: US-Präsident Barack ObamaBild: Reuters

Bedenklich sei, meint Michael Werz, dass die Euphorie über die Handelspartnerschaft im Moment wichtigere strategische Diskussionen verdränge. Dabei sollte eigentlich das Verhältnis beider Länder neu bestimmt und auf die schwierigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ausgerichtet werden. "Ich habe den Eindruck, es ist vielen Akteuren ganz recht, dass man über Freihandel und Industriestandards spricht und nicht mit den harten Sicherheitsfragen konfrontiert wird."