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Läuft US-Drohnenkrieg über Deutschland?

Marcus Lütticke31. Mai 2013

Es sieht aus wie ein Computerspiel, doch es ist tödlicher Ernst: Per Joystick steuern US-Soldaten Angriffe von Kampfdrohnen. Laut Medienberichten spielen dabei auch Militärbasen in Deutschland eine wichtige Rolle.

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HANDOUT - A U.S. Air Force MQ-1 Predator unmanned aerial vehicle assigned to the California Air National Guard's 163rd Reconnaissance Wing flies near the Southern California Logistics Airport in Victorville, Calif., Jan. 7, 2012. (U.S. Air Force photo by Tech. Sgt. Effrain Lopez/Released (zu dpa Obama erlässt strenge Richtlinien für Drohnenschläge) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Drohne vom Typ MQ-1 Predator beim LandeanflugBild: picture-alliance/dpa

Für den Angreifer haben sie einen entscheidenden Vorteil. Er kann töten, ohne sich selbst einer Gefahr auszusetzen. Alles läuft ferngesteuert, der Gegner kann Tausende von Kilometern entfernt sein. Drohnen sind aus dem Anti-Terror-Kampf der USA nach dem 11. September in Afghanistan und anderen Krisenregionen nicht mehr wegzudenken - doch ihr Einsatz ist ethisch und rechtlich hoch umstritten.

Nach Berichten des Fernsehmagazins "Panorama" sowie der "Süddeutschen Zeitung" nutzen die USA auch ihre deutschen Militärbasen, um Angriffe und gezielte Tötungen mit Drohnen durchzuführen. Besonders das seit 2008 in Stuttgart ansässige United States Africa Command (AFRICOM) und die US-Luftwaffenbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein sollen dabei eine entscheidende Rolle spielen.

AFRICOM koordiniert von Deutschland aus alle US-Einsätze auf dem afrikanischen Kontinent. Daher sei - so die Berichte - davon auszugehen, dass auch der Einsatz von Kampfdrohnen in Afrika von AFRICOM geplant und gesteuert wird. Mit Drohnen wurden unter anderem Terrorverdächtige in Somalia getötet. Dem Recherche-Netzwerk "Bureau of Investigative Journalism" in London zufolge starben dort seit 2007 bei Angriffen mit diesen unbemannten Flugzeugen bis zu 27 Menschen, darunter auch Zivilisten.

Das Logo von AFRICOM(Foto: AP)
2008 wurde AFRICOM in Stuttgart eingerichtetBild: AP

Ramstein soll Schlüsselrolle spielen

Über eine Satellitenanlage im rheinland-pfälzischen Ramstein soll der Kontakt zwischen dem Piloten in den USA und der Kampfdrohne am afrikanischen Einsatzort gesteuert werden. Die Medien zitieren aus einem Papier der US-Luftwaffe, in dem es heißt, dass die Angriffe ohne diese Relais-Station nicht durchgeführt werden könnten. In Ramstein wird auch die Flugleitzentrale mit dem Namen "Air and Space Operations Center" (AOC) betrieben.

Die Drohnen selbst sind nicht in Deutschland stationiert. Für den Einsatz in Afrika gibt es Basen in Dschibuti, im Niger, auf den Seychellen und in Äthiopien. Für deren Steuerung soll jedoch Technik und Personal in Deutschland verantwortlich sein.

Flugzeuge auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein (Foto: picture-alliance/dpa)
Der US-Luftwaffenstützpunkt in RamsteinBild: picture-alliance/dpa

Major Ryan Donald, Sprecher des United States European Command, sagte auf Anfrage der Deutschen Welle, dass das AOC Flüge nur überwache, aber von dort keine Flugobjekte direkt gesteuert würden.

Verstoß gegen das Völkerrecht

Rechtlich weitgehend unumstritten ist, dass es außerhalb von Kriegsgebieten, also auch in Somalia, keine Einsätze von Kampfdrohnen geben darf: "Da wäre jedenfalls die gezielte Tötung von Personen durch Kampfdrohnen unzulässig", sagt Andreas Zimmermann, Professor für Völkerrecht an der Universität Potsdam im Deutschlandradio Kultur. Der Gießener Völkerrechtler Thilo Marauhn geht sogar noch einen Schritt weiter: "Die Tötung eines Terrorverdächtigen mithilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann - wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert - Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein", sagte er in dem "Panorama"-Beitrag.

Die Opposition fordert daher von der Bundesregierung Aufklärung: "Die Regierung ist jetzt gefordert, dort hinterher zu gehen. Sonst steht der Verdacht im Raum, dass sich Deutschland an völkerrechtswidrigen Delikten beteiligt. Das kann man nicht so stehen lassen", sagte der Bundestagsabgeordnete Paul Schäfer, Mitglied im Verteidigungsausschuss für die Fraktion Die Linke.

Portrait von Paul Schäfer (Foto: DW)
Paul Schäfer ist verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der LinkenBild: DW

Truppenstatut maßgeblich

Doch welchen Einfluss hat Deutschland überhaupt auf das Geschehen auf US-Militärbasen im Bundesgebiet? Viel Handhabe hat die Bundesregierung derzeit wohl nicht. Grund ist das Truppenstatut, das die Präsenz der US-Soldaten in Deutschland regelt. "Man müsste in Neuverhandlungen treten, was das Truppenstatut betrifft, denn ich fürchte, dass gegenwärtig die Möglichkeiten der Bundesregierung, dort zu intervenieren, begrenzt sind. Es fehlen die rechtlichen Grundlagen", so Schäfer im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Regierungssprecher Steffen Seibert sprach in Berlin davon, dass man mit dem Partner USA im ständigen Dialog sei. "Im Ergebnis gilt, dass wir keine Anhaltspunkte für ein völkerrechtswidriges Verhalten haben", so Seibert. "Ich kann für die Bundesregierung diese Behauptungen, die in der Berichterstattung aufgestellt werden, nicht bestätigen."

Kerry sieht keinen Rechtsbruch

US-Außenminister John Kerry wollte bei einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle in Washington ebenfalls nicht auf die Berichte eingehen. "Ich werde hier kein einzelnes Detail dieser Operationen diskutieren", sagte er und stellte klar: "Unser Handeln ist legal. Wir wurden am 11. September angegriffen. Als letztes Mittel ist das Selbstverteidigung."

Guido Westerwelle und John Kerry bei ihrem Treffen in Washington (Foto: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images)
Guido Westerwelle und John Kerry bei ihrem Treffen in WashingtonBild: Brendan Smialowski/AFP/Getty Images

Eine Diskussion über die Aktivitäten der amerikanischen Militärpräsenz in Deutschland scheint die Bundesregierung zu scheuen. Zum Beschluss, AFRICOM in Stuttgart anzusiedeln, schrieb laut "Panorama" das Auswärtige Amt vor sechs Jahren an die USA, dass man Deutschland als Standort von AFRICOM nicht erwähnen solle. Sonst würde eine "unnötige öffentliche Debatte" hervorgerufen.