Der digitale Wandel verändert unser Leben grundlegend, unsere Öffentlichkeit hat sich in eine digitale Informationssphäre verwandelt. Dieser Wandel schafft enorme Chancen, birgt aber auch große Herausforderungen.
Innovationen zur Verbesserung des öffentlichen Dialogs im digitalen Raum zu fördern, ist eine wichtige Aufgabe der Medienentwicklung. Die DW Akademie hat "Innovation for Dialogue" als ein zentrales Handlungsfeld ihrer digitalen Strategie identifiziert. Sie antwortet damit auf eine Reihe von Herausforderungen.
Dank der digitalen Transformation können Menschen auf viele neue Arten an gesellschaftlichen Debatten teilnehmen und diese mitgestalten. Technologien bieten schier unendlich viele Möglichkeiten, Informationen schnell verfügbar zu machen. Jeder und jede kann diese Informationen jetzt sofort teilen und kommentieren. Die Menschen können sich auch auf neue Art und Weise am Dialog über öffentliche Angelegenheiten beteiligen und Themen auf verschiedenen Social-Media-Seiten, Kommentarforen oder Messaging-Plattformen diskutieren.
Doch die vorhandenen technologischen Instrumente und die derzeitigen Ansätze gewährleisten häufig keine freien und gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle. Sie gewährleisten auch nicht das Recht aller auf freie Meinungsäußerung und die Einbeziehung aller relevanten Gruppen, wie z. B. benachteiligte und unterrepräsentierte Gemeinschaften, in die Diskussion über öffentliche Themen.
Neue Barrieren sind entstanden: Der Zugang zu technischen Geräten, Computern, Smartphones, eine Internetverbindung und erschwinglichen Daten sowie das Wissen, die Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit Technologien sind Voraussetzungen für die Teilnahme am öffentlichen Diskurs. Die Sprache wird zu einem weiteren Hindernis, wenn die Menschen nicht genügend Inhalte in ihrer Muttersprache finden.
Neue Technologien bieten neue Möglichkeiten, um Informationen sichtbar zu machen, zu verstärken und zu priorisieren. Sie bestimmen, welche Informationen eine bessere Chance haben, Teil der öffentlichen Diskussion zu werden und diese zu dominieren.
Medienschaffende und -unternehmen sind nicht mehr alleinige Wächterinnen und Wächter der Informationen und treibende Kräfte der Debatten. An ihre Stelle sind Social-Media-Plattformen getreten, die von privaten Unternehmen geschaffen und unterhalten werden und eine grundlegende Infrastruktur für den öffentlichen Raum bereitstellen. Ihre Algorithmen, die den Charakter der öffentlichen Debatte prägen, sind hauptsächlich auf die Steigerung der Werbeeinnahmen ausgerichtet, anstatt sicherzustellen, dass öffentliche Diskussionen ihr volles Potenzial entfalten.
Staaten versuchen zunehmend, diese Plattformen zu regulieren und durchzusetzen, dass das öffentliche Interesse gleichermaßen berücksichtigt wird. Doch das grundlegende Geschäftsmodell der Plattformen - die Bereitstellung von Infrastruktur im Austausch für Daten - bleibt unverändert.
Dieses digitale Informationsökosystem ist also voller Reibungen und Turbulenzen. Unser öffentlicher Raum schrumpft.
Innovation in diesem Bereich bedeutet, dass Gesellschaften in der Lage sein müssen, die volle Kontrolle über ihre öffentlichen Diskussionen zu übernehmen, indem sie eine Infrastruktur nutzen, die der Öffentlichkeit und nicht privaten Interessen dient.
Sie sollten in der Lage sein, Themen, die sie für relevant halten, selbst zu definieren, anstatt Algorithmen zu nutzen, die auf die Steigerung von Werbeeinnahmen ausgerichtet sind. Gesellschaften müssen digitale öffentliche Räume ohne Barrieren schaffen und sie vor Einschränkungen und Manipulationen schützen.
Wenn es den Gesellschaften nicht gelingt, neue Ansätze zu entwickeln und neue Lösungen zu finden, um die schädlichen Auswirkungen der digitalen Transformation auf unseren öffentlichen Raum auszugleichen, werden sich diese negativen Tendenzen noch stärker auswirken und der soziale Zusammenhalt steht auf dem Spiel.
Unsere Publikation "Media Development in Practice: Innovation for Dialogue" (auf Englisch) geht der Frage nach, wie der öffentliche Dialog für alle gerechter werden kann.