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Thailands politische Elite setzt Kampf fort

Rodion Ebbighausen11. Dezember 2013

In Thailands politischer Krise stehen sich Ministerpräsidentin Yingluck und ihr Kontrahent Suthep unversöhnlich gegenüber. Sie selbst und ihre Familien verkörpern die tiefe Spaltung der thailändischen Gesellschaft.

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Demonstranten auf LKW und Polizei in Bangkok (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen bei den Protesten in Thailand stellte die Polizei am 02.12.2013 einen Haftbefehl gegen den Protestführer Suthep aus. Ihm wird Aufruhr vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm lebenslange Haft oder gar die Todesstrafe. Am Dienstag (10.12.2013) verlangte Suthep als Anführer der Protestbewegung seinerseits, dass die Ministerpräsidentin Yingluck wegen "Hochverrats" verhaftet werden sollte, da sie nicht zurückgetreten sei, wie Suthep wiederholt verlangt hatte. Yingluck hat auf Druck der Straße bereits die Auflösung des Parlaments verfügt und so den Weg für Neuwahlen frei gemacht - zu wenig aus Sicht der Demonstranten.

Die beiden Führungspersönlichkeiten repräsentieren mit ihren unterschiedlichen Biografien die verhärteten Fronten zwischen beiden Lagern. Die heute 46-jährige Yingluck stammt aus der nördlichen Provinz Chiang Mai. Als jüngstes von neun Kindern einer vermögenden chinesischstämmigen Familie absolvierte sie ein Studium der öffentlichen Verwaltung. Jahrelang arbeitete sie als erfolgreiche Geschäftsführerin in den Unternehmen ihres älteren Bruders Thaksin Shinawatra. Thaksin, als Oberhaupt der Familie Shinawatra, hatte zuerst Karriere in der Polizei gemacht und war dann unter anderem mit seinem Telekommunikationsunternehmen Shin Corporation sehr erfolgreich. 1994 ging er in die Politik, wurde erst Außenminister und schließlich 2001 Ministerpräsident.

Sturz Thaksins und Aufstieg Sutheps

2006 stürzte das Militär den Aufsteiger aus dem Norden. Thaksins "Partei der Volksmacht" wurde aufgelöst und die Mitglieder des Parteivorstands durch das Verfassungsgericht von der Politik ausgeschlossen. Statt dessen kam die "Vereinigte nationale Front für Demokratie gegen Diktatur" (UDD) an die Macht. Generalsekretär Suthep Thaugsuban wurde stellvertretender Ministerpräsident.

Auf einer Pressekoferenz bietet Yingluck unter Tränen Neuwahlen an (Foto: Reuters)
Auf einer Pressekoferenz bietet Yingluck unter Tränen Neuwahlen anBild: Reuters

Suthep gehört zum Urgestein der thailändischen Politik. Von 1979 bis 2013 war er Mitglied des thailändischen Parlaments. Ein Thailand-Experte, der nicht genannt werden möchte, sagte gegenüber der Deutschen Welle: "Suthep ist ein Wahrlord, ein Mafiaboss. Thailand ist ein Feudalstaat. Die Familie Thaugsuban kontrolliert die Touristenprovinz Surat Thani und Suthep ist der Feudalherr." Er sei in der Demokratischen Partei immer der Hardliner in der zweiten Reihe gewesen, der die Fäden zieht, Widersacher unter Druck setzt und die Deals aushandelt.

Suthep wird unter anderem vorgeworfen, 2010 bei Protesten der Anhänger Thaksins die Streitkräfte befehligt zu haben, bei deren Einsatz fast 100 Menschen starben und mehr als 2.000 verletzt wurden.

Rückkehr der Familie Shinawatra

2011 wendete sich das politische Blatt erneut. Thaksins neue "Partei für Thais" ("Pheu Thai"), die er aus dem Exil in Hongkong steuert, trat mit Yingluck als Spitzenkandidatin an. Der Experte sagt: "In einer feudalen Gesellschaft wählt man ein Netzwerk, einen Clan, eine Familie. Das wichtigste Kriterium für Yingluck war der Name Shinawatra. Sie wurde als Stellvertreterin Thaksins aufgestellt und als solche gewählt."

Anführer Suthep Thaugsuban (Foto: Reuters)
Suthep: "Ich will das Yingluck verschwindet und habe sonst nichts mit ihr zu reden."Bild: Reuters

Der anonyme Experte hält die Nominierung Yinglucks für einen geschickten Schachzug: "Thaksin hat ganz bewusst seine Schwester als Regierungschefin ins Rennen geschickt. Yingluck bringt Freundlichkeit, Verbindlichkeit und ein Lächeln mit. Das hat zunächst viel Aggression aus dem Konflikt herausgenommen."

Die thailändische Journalistin Thaweeporn Kummetha sah in der jungen Ministerpräsidentin anfangs eine schwache Marionette ihres Bruders. Ihr habe es an Selbstvertrauen gefehlt. "Aber mit der Zeit sind einige ihrer Schwächen zu Stärken geworden. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, der arrogant und rücksichtslos agierte, vermeidet sie die Konfrontation, die ihre Gegner später gegen sie einsetzen könnten. Es war deswegen schwierig für die Opposition, sie zu attackieren."

Yinglucks Flexibilität am Ende?

Die vermeintliche Stärke Yinglucks – ihre Nachgiebigkeit, die sie je nach Lage einsetzt – könnte jetzt, da der Konflikt offen geführt wird, zur Schwäche werden, wie Oliver Pye, Thailand-Fachmann der Universität Bonn, schreibt: "Eine relativ kleine Protestbewegung kann die Regierung lahmlegen, weil sie mit dem royalistischen Netzwerk um das Königshaus, um alte Eliten, Staatsbeamte und Militär verknüpft ist." Die Strategie der Opposition sei es, eine Staatskrise auszulösen, die das Eingreifen des Militärs rechtfertige, das trotzt aller anderslautender Beteuerungen letztlich auf Seiten der alten Eliten stehe.

Yingluck kann nicht weiter zurückweichen, ohne ihre politische Macht abzugeben. Ihre Unterstützer haben bereits angekündigt, die Regierung notfalls auf der Straße zu verteidigen.