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Ende der Sparpolitik?

Christoph Hasselbach14. März 2013

Der EU-Gipfel wird zum Streit über die sozialen Folgen der Krise. Ratspräsident Van Rompuy ruft zum Durchhalten auf. Aber nicht jeder will es hören. Und Sparkanzlerin Merkel gibt sich plötzlich milde.

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Demonstranten mit Spruchbändern (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der Widerstand wächst. Schon bei ihrer Ankunft in Brüssel erwarteten die Staats- und Regierungschefs lautstarke Proteste von tausenden Demonstranten aus verschiedenen europäischen Ländern. Die forderten höhere Löhne und Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Doch die meisten Regierungschefs müssen nicht erst in Brüssel an die Not erinnert werden. Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras klagte: "Wir leiden unter der höchsten Arbeitslosenquote Europas, der höchsten Jugendarbeitslosigkeit in Europa und der höchsten Arbeitslosigkeit unserer Geschichte." Auch wenn Griechenland ein extremes Beispiel ist, Arbeitslosigkeit und Rezession sind Probleme fast überall in Europa. Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker sieht die Lage so explosiv, dass er sogar die "Gefahr einer Revolution" nicht ausschließen will.

Hollande fordert Geschmeidigkeit

Frankreich wird wegen seiner Wachstumsschwäche sein eigentlich vorgeschriebenes Defizitziel von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr nicht einhalten können. Bisher ging die Kommission hart mit solchen Defizitsündern ins Gericht und pocht auf die Einhaltung der Regeln. Doch der französische Staatspräsident Francois Hollande will von starren Regeln nichts wissen: "Geschmeidigkeit ist notwendig. Denn oberste Priorität muss heute neben der Haushaltskonsolidierung das Wachstum haben. Und wenn es zu rigide zugeht, haben wir zu viel Arbeitslosigkeit." Er hat gute Chancen, ein Jahr mehr Zeit für die Erreichung des Defizitziels zu bekommen. Und er steht an der Spitze einer wachsenden Bewegung, die genug vom Sparkurs hat.

Hollande vor vielen Mikrophonen (Foto: AFP/Getty Images)
Hollande: Geschmeidigkeit statt starrer RegelnBild: AFP/Getty Images

Merkel: "Geld ist da"

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel, sonst als eiserne Sparkanzlerin gefürchtet oder bewundert, gab sich erstaunlich milde. Sie erinnerte an den Wachstumspakt, den die EU im Sommer 2012 beschlossen hatte: "Jetzt muss es darum gehen, dass dieser Wachstumspakt auch mit Leben erfüllt wird. Geld ist da, es muss zu den Menschen kommen, damit die jungen Menschen in Europa Jobs bekommen." Merkel will zwar an den Sparzielen festhalten. Doch im Moment will sie das nicht zu deutlich sagen. Und auch mit ihrem großen Thema Wettbewerbsfähigkeit hält sie sich eher zurück.

EU im Langstreckenrennen

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kann sich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Er muss vermitteln und zusammenführen. Beides sei wichtig, sagte er bei seiner Eröffnungsrede, Haushaltskonsolidierung genauso wie der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Dabei versuchte Van Rompuy, Mut zum Durchhalten zu machen: "Wir sind in einem Langstreckenrennen. Wir haben Berge überwunden, die uns zuvor unüberwindlich schienen. Wir sind näher an der Ziellinie als an der Startlinie. Aber nach dieser langen Anstrengung ist die Wegstrecke, die noch vor uns liegt, vielleicht die schwierigste. Doch wir dürfen nicht aufgeben." Offenbar sind diese Worte für viele der Regierungschefs bitter nötig. Die Demonstranten vor dem Ratsgebäude können sie nicht hören. Doch Durchhalteparolen werden wohl auch das Letzte sein, was sie jetzt hören wollen.

Merkel inmitten von Kollegen (Foto: picture-alliance/dpa)
Merkel: Jugendlichen Jobs gebenBild: picture-alliance/dpa