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Griechenland auf dem Troika-Prüfstand

Jannis Papadimitriou4. März 2013

Die Finanzexperten von EU, EZB und IWF sind zurück in Athen, um die griechischen Sparbemühungen zu überprüfen. Unter anderem fordern sie, dass der Staatsapparat im überschuldeten Land effizienter und schlanker wird.

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Griechische Flaggen in Athen vor der Akropolis (Foto: Axel Schmidt/dapd)
Bild: dapd

Niemand zweifelt in Griechenland daran, dass Verwaltungsreformen notwendig sind. Doch wenn es um deren konkrete Umsetzung geht, werden oft Proteste angekündigt oder langwierige Grundsatzdebatten geführt.

Dass es auch anders geht, wollen junge Staatsmanager wie Stelios Stavridis beweisen: Seit drei Monaten leitet der erfolgreiche Geschäftsmann und studierte Ingenieur die staatlichen Wasserwerke Athens (EYDAP). Sein Hauptauftrag: Das Unternehmen modernisieren und Bürokratie abbauen.

"Wir haben das Problem, dass sich kaum jemand in Griechenland für die Sanierung öffentlicher Unternehmen begeistern lässt. Im Gegenteil: Viele sind dagegen, weil sie glauben, dass man damit keine Geschäfte machen kann", erläutert Stavridis. Dabei sei es doch genau umgekehrt: Wer in diesem Bereich an unproduktiver Arbeit spare, setze auch die nötigen Gelder frei, um zu investieren, neue Arbeitsplätze zu schaffen und das eigene Unternehmen zu stärken, argumentiert er.

Bürokratische Hindernisse abschaffen

Stavridis weiß, wovon er spricht: Er ist Vorsitzender der "Griechischen Bewegung gegen Bürokratie" und hat 2012 mit einer liberalen Partei für das Parlament kandidiert - allerdings erfolglos. Nun will er ausgerechnet als Chef eines Staatsbetriebs die Bürokratie bekämpfen. Warum sollte ihm gelingen, woran schon so viele gescheitert sind? Weil die Zeit reif sei für Reformen, so Stavridis' Überzeugung. Dabei will er ganz akribisch vorgehen und nennt gleich ein Beispiel: Wenn jemand nach einem Rohrbruch eine zu hohe Wasserrechnung erhalte, müsse er schriftlich gegenüber den Wasserwerken versichern, den Schaden auch tatsächlich erlitten zu haben: "Das ist absurd: Erst informieren wir jemanden, dass ein Rohrbruch vorliegt, und dann verlangen wir von ihm einen schriftlichen Beweis darüber. Derart abstruse Vorschriften werden abgeschafft", erklärt der neue Chef der Athener Wasserwerke.

Porträt von Stelios Stavridis, Leiter der Wasserwerke in Athen (Foto: DW)
Stelios StavridisBild: Jannis Papadimitriou

Nicht nur die Abschaffung solcher bürokratischer Hindernisse wird von der Troika (Europäische Union,  Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) gefordert. Zur "Verschlankung" des Staats soll auch ein kräftiger Personalabbau im öffentlichen Dienst gehören. Die Athener Regierung hat zugesagt, die Zahl der Beamten bis 2015 um 150.000 zu reduzieren. Sie will dies vor allem durch Frühpensionierungen erreichen. Griechischen Presseberichten zufolge sieht das die Troika aber skeptisch und fordert, dass Griechenland schon bis Ende 2013 mehr als 20.000 Beamte direkt entlässt, statt auf eine hohe Zahl von Frühpensionierungen zu setzen.

Diese Forderung sorgt für Unruhe in der Athener Drei-Parteien-Koalition, zumal die an der Regierung beteiligte "Demokratische Linke" die Entlassung von Beamten zum Tabuthema erklärt hat. Stelios Stavridis will die Forderung der Troika nicht ausdrücklich unterstützen, zeigt jedoch Verständnis dafür: "Die Troika-Experten fühlten sich gelegentlich nicht mehr ernst genommen vom Staatsapparat". In der Vergangenheit sei es schon öfter vorgekommen, "dass griechische Beamte ihre jeweils zuständigen Minister reingelegt haben, woraufhin diese ihrerseits die Troika reinlegten".

Misstrauen der Troika gegenüber der Politik in Athen

Auch der Politik-Experte und ehemalige Regierungssprecher Dimitris Tsiodras erkennt ein gewisses Misstrauen der Troika gegenüber der Politikerklasse in Athen. Zwar hätten die Sparmaßnahmen und Kürzungen im öffentlichen Dienst Wirkung gezeigt und die Regierung sei auf einem guten Weg, 2013 erstmals einen Primärüberschuss im Haushalt zu erwirtschaften. Doch wichtige vereinbarte Reformen seien noch nicht umgesetzt, meint der Athener Analyst.

Porträt des ehemaligen Regierungssprechers der griechischen Regierung Dimitris Tsiodras (Foto: DW)
Dimitris TsiodrasBild: Jannis Papadimitriou

"Sollten die Strukturreformen nicht greifen, dann wären zusätzliche Sparmaßnahmen fällig, damit die Haushaltziele erreicht werden - so war es eben  vereinbart", mahnt Tsiodras. Andererseits hätte die Troika immerhin versprochen, dass 70 Prozent eines künftigen Haushaltsüberschusses bei der griechischen Regierung verbleiben sollten, damit die Sparpolitik sozial abgefedert werden könne. Der Politik-Analyst hofft, dass es dazu kommt und fügt hinzu: "Ich sehe jedenfalls keinen Spielraum für weitere Lohn- und Rentenkürzungen".

Viel wäre schon gewonnen, wenn der Staat die zugesagten Privatisierungen energischer vorantreiben würde, erklärt Tsiodras. Und auch über die noch grassierende Steuerhinterziehung dürfte es zu lebhaften Diskussionen mit der Troika kommen. Es sei vereinbart worden, in Griechenland 1000 neue Steuerfahnder einzustellen, doch bisher hätten nur 330 den Dienst aufgenommen, berichtet der ehemalige Regierungssprecher. Zudem forderte die Troika, dass insbesondere in ländlichen Gegenden eine funktionierende Steuerverwaltung aufgebaut wird. Denn dort sei die Gefahr der Steuerhinterziehung besonders groß, meint Tsiodras: "An Orten, wo jeder jeden kennt, zögert man doch, seine eigenen Freunde und Bekannten der Steuerhinterziehung zu überführen."

Ein positiver Bescheid der Troika gilt als Voraussetzung dafür, dass weitere Finanzhilfen für Griechenland in Gesamthöhe von 8,8 Milliarden Euro freigegeben werden. Und trotz aller Kritik: Kommentatoren gehen davon aus, dass die Gespräche mit der Troika diese Woche entspannter verlaufen als in der Vergangenheit. Der Grund: Das große Ziel Griechenlands, einen primären Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften, scheint erstmals in greifbare Nähe zu rücken.