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Aufwachen, Rosetta!

Fabian Schmidt17. Januar 2014

In der Tiefe des Weltalls hat erfolgreich ein Wecker geklingelt: Die Raumsonde Rosetta ist aus dem Tiefschlaf erwacht. Im November steht ihr Großes bevor: Die Landung auf einem Kometen.

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Rosetta auf Kometenjagd Foto: EPA/ESA
Bild: picture-alliance/dpa

Über 31 Monaten befand sich die ESA-Raumsonde in einem tiefen Schlaf. Alle Bordsysteme von Rosetta waren heruntergefahren, damit sie keine Energie verbrauchte.

Der Grund für die 957 Tage Schönheitsschlaf: Die Flugbahn der Sonde verlief in dieser Zeit so weit weg durch die Tiefen des Weltalls, dass nicht mehr genug Sonnenlicht zu Rosetta durchdringen konnte, um mit den eigenen Solarkollektoren die Batterien nachzuladen. Doch nun ist Rosetta wieder in den Bereich der Sonne gekommen, um Licht und Energie zu tanken - und auch nahe genug an die Erde heran, um Grüße an die Welt zu senden.

Der interne Wecker der Sonde stand genau auf 10:00 Uhr Weltzeit am 20. Januar 2014. Nachdem er klingelte, verhielt sich die Raumsonde ähnlich wie Mensch oder Tier, wenn sie nach einem langen Schlaf wieder erwachen: Auch bei Rosetta dauerte es etwas, bis sie nach so langer Zeit zu sich kam und wieder hellwach ist.

Guten Morgen, liebe Sonne!

Rosetta musste ihre Computer hochfahren, mit den Augen blinzeln und fühlen, ob alle Sinne funktionieren und die Glieder des Körpers noch geschmeidig laufen. Dann reckte und streckte sie sich und fuhr dabei ihre Arme - also die Solarpaneele - aus. Um im kalten Weltraum warm zu werden, richtet sie diese in Richtung Sonne und lädt ihre Batterien. Rosetta tankt Energie für die großen Aufgaben, die noch vor ihr liegen.

Rosetta Satellit Test der Solarpaneele vor dem Start (Foto: ESA)
Rosetta braucht viel Energie, entsprechend groß sind die Solarpaneele.Bild: ESA–A. Van der Geest

Zunächst aber schickte sie einen Gruß per Funk auf die Erde - eine kurze Nachricht, dass sie wach ist, und es ihr gut geht. Allerdings: Die Strecke von 807 Millionen Kilometern Entfernung ist lang: Erst um 18:30 Uhr erwartete die ESA das Signal auf der Erde. Um 19:18 Uhr brach Jubel aus im Europäischen Raumkontrollzentrum in Darmstadt.

Wissenschaftler, die seit Jahrzehnten an der Entwicklung, dem Bau und dem Flug von Rosetta beteiligt sind, haben das Erwachen ihres Roboters mit Spannung verfolgt, denn Rosetta ist eine der langwierigsten und kompliziertesten Forschungsprojekte im Weltraum überhaupt.

Über zwanzig Jahre ist es her, dass die ESA den Bau von Rosetta beschlossen hatte. Vor fast zehn Jahren, am 2. März 2004, hat eine Ariane 5G+ Rakete die Sonde auf den Weg geschickt und im November 2014 steht der Höhepunkt der Mission an: Nach einer Reise von 7,1 Milliarden Kilometern soll Rosetta auf dem Kometen 67P/Tschurjmow-Gerasimenko das Mini-Labor Philae absetzen.

Rosetta und Philae (Foto: ESA)
Ist der Komet erreicht, wird Rosetta den Lander Philae absetzen.Bild: ESA–J. Huart, 2013

Nicht auf dem Eis ausrutschen!

Entwickelt wurde Philae unter Federführung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Mithilfe von zwei Harpunen soll sich der Lander an den Kometen heranziehen und dann mit drei Beinen auf dem Boden landen. Jedes der Beine verfügt über Eisschrauben, die sich in den Kometen hineinbohren sollen. Das Schwierige dabei: Die Forscher wissen nicht, ob die Harpune und die Schrauben auch Halt finden werden, denn es gibt noch keine Erfahrungen mit einer solchen Landung.

Auch reicht die Gravitation des Himmelskörpers nicht aus, um den 100 Kilogramm leichten Lander von sich aus anzuziehen. Der Komet selbst hat nur einen Durchmesser von drei bis fünf Kilometern und damit kaum Gravitation. Vor allem besteht er aus schmutzigem Eis oder Schnee. Vermutlich ist er sehr hart, aber auch das wissen die Forscher nicht genau.

Lander Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjmow-Gerasimenko (Foto: ESA)
Philae soll mit einem Bohrer Gesteinsproben nehmen und nach Aminosäuren suchenBild: ESA/AOES Medialab

Reisender aus der Tiefe des Alls

Ist Philae einmal gut angekommen, könnte er einige Geheimnisse über die Entstehung des Universums lüften. Der Komet, auf dem Philae landen soll, ist nämlich erst seit Kurzem für den Menschen erreichbar. 67P/Tschurjmow-Gerasimenko stammt aus dem sogenannten Kuipergürtel, einer fernen Region unseres Sonnensystems, die jenseits des Neptuns liegt.

Dort fliegen allerhand Eisstücke herum. Manchmal löst sich eins von ihnen und stürzt Richtung Sonne, so wie auch dieser Komet, dessen jetzige Umlaufbahn sich in die Nähe des Jupiters verschoben hat. Dadurch haben die Astronomen Kim Tschurjmow und Swetlana Gerasimenko ihn auch 1969 entdeckt.

Suche nach organischen Verbindungen

Noch nie zuvor haben Menschen genau herausfinden können, woraus solch ein Komet genau besteht: Philae soll erstmals mit einem Bohrer Bodenproben nehmen und diese auf verschiedene Chemikalien untersuchen. Besonders interessiert sind die Forscher an organischen Verbindungen, wie Aminosäuren oder der Anordnung der Atome.

So erhoffen sie sich Hinweise auf die Ursprünge des Lebens. Denn da Kometen als Gefriertruhen des Universums gelten, könnten die Forscher auch etwas über die Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren aus der sogenannten Urmaterie lernen.

Um das tun zu können, ist der Roboter mit zehn Analyseinstrumenten ausgestattet. Darunter ein Röntgenspektrometer, um die Chemikalien untersuchen zu können, und Messgeräte für Ton-, Licht- und elektromagnetische Wellen, die auch bis in den Kern des Kometen hineinschauen sollen.

Selbst wenn das Landemanöver misslingt, war der zehnjährige Flug von Rosetta nicht umsonst. Unterwegs hat die Sonde Bilder und Daten von allerhand interessanten Begegnungen geliefert: Im Februar 2007 war Rosetta in der Nähe des Mars, anderthalb Jahre später näherte sie sich dem 4,6 Kilometer großen Asteroiden Stejns auf 800 Kilometer und im Juli 2010 dem über 100 Kilometer großen Asteroiden Lutetia auf knapp 3000 Kilometer an. Neben präzisen Bildern schickte Rosetta auch genaue Daten über die Flugbahn der beiden Asterioden zur Erde zurück.