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Klimagesetz scheitert an Deutschland

15. Oktober 2013

Umweltgesetze sind immer Kompromisse aus widerstrebenden Interessen. Und auf EU-Ebene ist es erst recht nicht einfach. Doch nun wird die mühsam ausgehandelte CO2-Reduzierung wieder gekippt – weil Berlin es so will.

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Kanzlerin Merkel auf der weltgrößten Automesse IAA in Frankfurt (Foto: Getty Images)
Bild: Miguel Villagran/Getty Images

Die Bundesregierung hat eine Einigung auf strengere Abgasnormen für Autos in Europa vorerst verhindert. Auf deutsches Drängen hin erklärten sich die Umweltminister der übrigen 27 EU-Staaten bereit, einen bereits vorhandenen Kompromiss doch zu ändern. Bundesumweltminister Peter Altmaier sagte nach der Sitzung in Luxemburg, er wolle sich dafür einsetzen, dass innerhalb der nächsten Wochen ein Konsens erreicht werde. Dann müsste jedoch das Gesetz zwischen den Ländern und dem EU-Parlament erneut ausgehandelt werden.

Bis dahin bleibt offen, wann und wie der eigentlich für das Jahr 2020 angepeilte Zielwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer erreicht werden soll, den die Autohersteller im Durchschnitt ihrer Flotte einhalten sollten. Darauf hatten sich die EU-Staaten, das Europaparlament und die EU-Kommission erst im Juni geeinigt. Neben dem 95-Gramm-Ziel hatten die Unterhändler den Herstellern aber auch Erleichterungen für die Produktion von Elektroautos eingeräumt. Ende September schlug Deutschland dann jedoch vor, das 95-Gramm-Ziel erst ab 2024 voll einzuhalten.

Deutschland gegen EU-Klimakompromiss

Den Europäern läuft die Zeit davon

Nun dürfte eine erneute Einigung zwischen EU-Staaten, Europaparlament und Kommission nicht leicht werden. Das Parlament hat sich stets dem deutschen Begehren widersetzt und hält am Juni-Kompromiss fest. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard sagte denn auch, es gebe nicht viel Raum für neue Manöver. Und der CDU-Europaabgeordnete Thomas Ulmer hält "nur marginale Veränderungen der bereits vereinbarten Regelung" für denkbar. Zumal den Europäern die Zeit davonläuft: Diplomaten hatten vor dem Treffen erklärt, für eine Einigung blieben etwa vier Wochen Zeit - sonst sei das Thema nicht mehr vor den Europawahlen nächsten Jahr zu bewältigen.

Grundsätzlich haben die deutschen Oberklasse-Firmen mit ihren schweren Fahrzeugen mehr Schwierigkeiten mit dem Grenzwert als ihre Konkurrenten aus dem Kleinwagen-Segment. Und genau deshalb fürchtet die Bundesregierung übermäßige Belastungen der heimischen Autobranche. Folgerichtig stützt Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche die deutsche Forderung nach Erleichterungen für deutsche Hersteller. Er warnt auch davor, den Grenzwert von 95 Gramm nach 2020 noch weiter zu senken, wie es dem Parlament vorschwebt. Grenzwerte dürften nicht länger politisch festgelegt werden, meint der Mercedes-Boss und fordert mehr Rücksicht auf die technischen Möglichkeiten sowie das Verhältnis von Aufwand und Nutzen.

Steht die Glaubwürdigkeit der EU auf dem Spiel?

Die Umweltorganisation Greenpeace ist empört: "Das Europäische Parlament sollte hart bleiben und die Forderungen Deutschlands zurückweisen, die nur dazu dienen, dem Klima zu schaden, die Kosten für Verbraucher hochzutreiben und technologische Innovation zu ersticken."

Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregierung kommt auch aus dem Europaparlament. Die CO2-Regeln dienten dazu, "mit sparsameren Autos das Klima und die Geldbeutel der Verbraucher zu schonen", sagte die Chefin der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. "Wenn ein paar Telefonate von Kanzlerin (Angela) Merkel ausreichen, um einen Kompromiss, der zwischen Parlament und Ratspräsidentschaft geschlossen wurde, zu Fall zu bringen, wird das gesamte Gesetzgebungsverfahren zur Farce." Der FDP-Abgeordnete Holger Krahmer sprach von einem "Kuhhandel", der die Glaubwürdigkeit der EU-Institutionen in Frage stelle.

rb/mak (afp, dpa, rtr)