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NGO-Walkout bei Klimakonferenz

Andrea Rönsberg21. November 2013

Die komplexen Verhandlungen der Klimakonferenz verständlich machen - das ist das Ziel einer Gruppe junger Leute. Sie verstehen sich eher als Wissenschaftler denn als Aktivisten und bleiben deshalb bei der Konferenz.

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Umweltverbände verlassen das Nationalstadion in Warschau im Protest gegen die Klimakonferenz. (Foto: JANEK SKARZYNSKI/AFP/Getty Images)
Die großen Umweltverbände verlassen die Klimakonferenz - die kleinen Thinktanks bleibenBild: AFP/Getty Images

"We walk" - "wir gehen raus", steht auf Blättern, die die Mitglieder großer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf ihren T-Shirts befestigt haben. Vor der Kantine haben sie sich versammelt, um den zahlreich versammelten Medien zu erklären, warum sie geschlossen das Nationalstadion verlassen und ihre Ausweise an der Sicherheitskontrolle abgeben wollen.

"Wir finden die Umstände dieser Klimakonferenz einfach nicht mehr angemessen, um ein ambitioniertes Klimaziel zu erreichen", sagt Dorothea Epperlein vom Jugendbündnis Zukunftsenergie. "Wie die polnische Regierung das hier ausrichtet, dass der Umweltminister während der Klimakonferenz gefeuert wird, das ganze Sponsoring, die Tatsache, dass nebenbei ein Kohlegipfel stattfindet. Das sind alles Sachen, die zusammenkommen, und die dazu führen, dass die Gesellschaft hier ein gemeinsames Zeichen setzen muss, dass sie das so nicht unterstützen kann."

Aktivisten gehen, Thinktanks bleiben

Das sieht Milan Dehnen genauso. Der 22-Jährige, der in Dresden studiert, gehört wie Dorothea zum Jugendbündnis Zukunftsenergie. In dieser Rolle verlasse er jetzt das Gebäude, sagt er. Doch Milan ist auch noch in einer anderen Rolle zur Klimakonferenz gereist: Er ist Mitglied beim Studentennetzwerk "CliMates".

Dessen andere Mitglieder bleiben im Konferenzzentrum. Sie verstehen sich weniger als Aktivisten denn als Vertreter eines "Thinktanks" - einer Art Denkfabrik - und als solche beteiligen sie sich genauso wenig an dem Auszug wie die Vertreter anderer Thinktanks, beispielsweise Germanwatch. "Wir verstehen diejenigen, die die Konferenz verlassen", sagt die Vizepräsidentin von CliMates, Mathilde Imer. "Aber wir sind nicht so sehr für radikale Aktionen." Und der 25-jährige Alexis Metzger, Student der Klimawissenschaften, ergänzt: "Wir sind ja hier, um die Verhandlungen zu verfolgen, und auch wenn die wirklich nicht gut laufen, ist es doch besser im Raum zu bleiben als ihn zu verlassen."

International mit Sitz in Paris

Alexis ist Franzose, genau wie die Gründer von CliMates. So ist die Organisation auch in Paris ansässig, wo der Vorstand ebenso sitzt, wie die Mitglieder der verschiedenen Teams. Eines ist für Aktionen zuständig, eines für Kommunikation, eines für Recherche und eines dafür, das internationale Netzwerk zu betreuen - denn die Organisation hat Mitglieder von Argentinien bis Uganda. Das gemeinsame Ziel: Jungen Leuten, die sich für Klimawandel und Klimaverhandlungen interessieren, die Möglichkeiten zu geben, mehr darüber herauszufinden und den schwierigen Verhandlungsprozess besser zu verstehen.

Laura Führer von der Jugendorganisation CliMates bei der Klimakonferenz in Warschau (Foto: DW/ A. Rönsberg) aufgenommen am 20.11. in Warschau
Verhandlungspapiere lesen, Blog-Einträge schreiben - die CliMates-Mitglieder sind auf der Konferenz gut beschäftigt, auch wenn sie nicht selbst verhandelnBild: DW/A. Rönsberg

Zu diesen jungen Leuten gehört auch die 24-jährige Laura. Die Deutsche aus Burghausen in Oberbayern hat bis vor einigen Monaten ihren Bachelor in Politikwissenschaften in Paris gemacht und ist dort auf die Organisation aufmerksam geworden. Ihren Studienschwerpunkt hat sie auf Umweltpolitik gelegt, schon deshalb interessiert sie sich auch für Klimaverhandlungen. Bei CliMates engagiert sie sich, weil sie herausfinden wollte, welche Ansatzpunkte es gibt, den Klimawandel aufzuhalten.

"Ich bin überzeugt, dass die Art und Weise wie wir leben - die darauf aufbaut, dass wir so viel CO2 ausstoßen - dass wir die so nicht fortführen können", sagt sie. "Wir können ja schlecht den Menschen in den Entwicklungsländern vorschreiben, dass sie sich nicht wirtschaftlich entwickeln dürfen, nur damit wir in den Industrieländern weiter so viel emittieren können."

Frustrierender Prozess

Sie selbst bemüht sich, zumindest bei Reisen innerhalb Europas immer Zug zu fahren, statt zu fliegen. Auch nach Warschau ist sie mit dem Zug gekommen, von Berlin aus, "das sind ja nur fünf Stunden Fahrt."

Die Klimakonferenz hier ist Lauras erste. Sie verfolgt vor allem die Verhandlungen in dem Bereich, in dem es um das neue globale Klimaabkommen geht, das 2015 in Paris unterzeichnet werden soll. Stellenweise, erzählt sie, sei das vor allem in der ersten Woche frustrierend gewesen: "Da gab es sehr viele allgemeine Wortmeldungen, in denen noch mal generell gesagt wurde, was das eigene Land macht in Sachen Klimawandel", sagt sie, "und es wurden Punkte unterstrichen, die eigentlich den meisten Beobachtern und Teilnehmern schon klar waren."

Laura Führer von der Jugendorganisation CliMates bei der Klimakonferenz in Warschau Jugend (Foto: DW/ A. Rönsberg)
Die erste Klimakonferenz für Laura, und die erste, bei der "CliMates" als NGO akkreditiert istBild: DW/A. Rönsberg

Runterbrechen und verständlich machen

Obwohl die Verhandlungen so mühsam sind, ist es Laura und den anderen CliMates-Mitgliedern ein Anliegen, diese Vorgänge für andere junge Leute zugänglich zu machen. Deshalb veranstalten sie Skype-Konferenzen, bei denen Jugendliche in anderen Städten der Welt Fragen zu den Klimaverhandlungen stellen können.

Am Vorabend, erzählt Laura, hätten sie eine Skype-Konferenz mit Paris gehabt. "Das vorwiegend junge Publikum dort hat uns gefragt, wie es uns geht und ob wir das Gefühl habe, gewissermaßen als Feigenblatt zu dienen, damit die Großen sagen können, 'die Jugend war ja auch dabei'."

Als Feigenblatt sieht Laura sich nicht. "Man braucht nicht glauben, dass man hier ins Plenum laufen und sich da zu Wort melden kann", gibt sie zu. "Aber man hat schon eine Rolle insofern, als man seine Erfahrungen und sein Wissen an andere Jugendlich weitergeben kann."

Verständnis für jugendliche Ungeduld

Dennoch kann sie den Frust vieler junger Leute über den schleppenden Prozess internationaler Klimaverhandlungen verstehen. Einerseits, meint sie, würde sie durch die Teilnahme an den Verhandlungen den Prozess mehr und mehr verstehen - auch, "warum alles so langsam vor sich geht und dass es in einem so vielseitigen UN-Prozess gar nicht anders sein kann".

Andererseits aber, sagt sie, sei man als junger Mensch zu Recht enttäuscht von diesem Prozess. "Da ist eben diese jugendliche Ungeduld, " meint sie, "dass man sagt, es muss doch schneller gehen, soviel Zeit haben wir doch gar nicht mehr."