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Zu Besuch im Hightechland Israel

Miguel Zamorano11. Januar 2014

Berlin gilt in Deutschland als Zentrum von Internet-Startups. Doch die jungen Unternehmer blicken bewundernd nach Israel, wo die Startup-Szene schon um einiges weiter ist. Ein Ortsbesuch in Tel Aviv.

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Israel Architektur Bauhaus in Tel Aviv Panoramabild Skyline (Foto: JACK GUEZ/AFP/Getty Images)
Bild: JACK GUEZ/AFP/Getty Images

Der Gründer der Crowdfunding-Plattform Indiegogo hat über zwanzig Minuten gesprochen, fast ohne zu Atmen. Der US-Amerikaner Slava Rubin hält die Keynote der Tel Aviver Geektime Conference 2013. In einer Veranstaltungshalle am Hafen stellen junge Gründer ihre Unternehmensideen vor.

Draußen scheint die Sonne, es ist 27 Grad warm. Der Berliner Maximiliam Modl - blondes Haar, marineblaues Polo-Hemd mit weißen Streifen - steht unterm Sonnenschirm vor dem Komplex der Geektime Conference. Die Veranstaltung findet nur wenige Schritte vom Meer statt. Modl trinkt ein Glas Wasser und sagt: "Israel ist ein verrückter Mix aus einem westlichen und orientalischen Land." Der 24-Jährige ist auf Einladung der israelischen Botschaft ins kleine Land gereist. Der Grund: "Die Leute in der Startup-Szene haben hier einen Erfahrungsvorsprung von fünf Jahren."

Modl, der gemeinsam mit vier anderen Kollegen das Startup Movinary 2012 aus der Taufe gehoben hat, ist gekommen, um sich vor Ort den Mix aus Investoren, Gründern und Kreativen genauer anzuschauen.

660 Millionen US-Dollar Risikokapital - in einem Quartal

Das dürfte spannende Einblicke erlauben. Das Startup-Ökosystem in Israel hat bis heute über 4800 Unternehmen von jungen und ehrgeizigen Gründern hervorgebracht - bei einer Einwohnerzahl von nur 7,6 Millionen Menschen. An Risikokapital fehlt es nicht - allein im dritten Quartal 2013 konnten die hiesigen Unternehmen 660 Millionen US-Dollar einsammeln. 2010 lag der Anteil des Risikokapitals pro Kopf mit 170 US-Dollar in Israel am höchsten weltweit.

Movinary hat das Geld dagegen auf der Crowdfunding-Plattform Companisto eingesammelt, über 100.000 Euro waren es. "Den Gang zu den Banken haben wir nicht vor", sagt Firmenchef Modl, "die sind viel zu konservativ." Vielleicht stimmt das. Die Geschäftsidee der Berliner: Movinary stellt Nutzern im Internet eine Plattform zur Verfügung, mit der sie Filme aus Urlaubs- oder Hochzeitfotos machen können. Die Bilder werden in eine Vorlage hochgeladen und dann je nach Wahl mit Musik ausgespielt. Movinary produziert die Slideshows als DVD oder als Datei. Dafür verlangen die Berliner zwischen 6,90 und 14,90 Euro. Mit immerhin 1,2, Millionen Euro wird Movinary mit diesem Geschäftsmodell bewertet.

Eine Hand hält ein Handy, auf dem die Waze-App aufgerufen ist, im Hintergrund ist auf einem Computer-Monitor die Website von Google zu sehen. (Foto: imago)
Google übernahm Waze im Sommer 2013 für angeblich mehr als eine Milliarde US-DollarBild: imago

Im Visier der Silicon-Valley-Giganten

Israelische Startups können ein Vielfaches an Firmenbewertung erreichen. Ein Beispiel findet man mitten in Tel Aviv. An einer der Hauptverkehrsadern der Stadt ragen Hochhäuser und Bürotürme aus den mit Autos und Bussen verstopften Straßen empor. Eines der Gebäude, das Hochhaus der Diamantenbörse, wirft ein Schatten auf ein kleineres Haus, gleich ummittelbar in der Nachbarschaft. Dort sitzt im obersten Stock Elad Lebovitch in seinem klimatisierten Büro am Rechner und haut in die Tasten. Der 28-Jährige hat vor nicht einmal zwei Jahren das Unternehmen For Each gegründet. For Each stellte bis vor kurzem Apps für Unternehmen her. Sie machten ihre Sache so gut, dass vor einiger Zeit der Designsoftware-Hersteller Autodesk auf sie aufmerksam wurde. Prompt kaufte Autodesk das junge Unternehmen auf.

Über den Preis möchte Lebovitch eigentlich nicht reden, doch in den Medien kursiert ein Verkaufspreis von ungefähr zwölf Millionen US-Dollar. Nicht viel Geld, wenn man die anderen Deals zum Vergleich heranzieht, die normalerweise in Israel über die Bühne gehen. Kostproben: Im Sommer 2013 kauft Google die Navigations-App Waze für angeblich mehr als eine Milliarde US-Dollar, im Herbst verleibte sich Facebook dann den Mobilspezialisten Onavo ein - für bis zu 200 Millionen US-Dollar, wie israelische Zeitungen damals schrieben.

Das Rezept: Scheitern - und besser machen

Lebovitch vereint die typischen Züge eines jungen israelischen Gründers: Während des Militärdienstes lernte er Programmieren - und Risiken einzugehen. Zudem lernte er, was es bedeutet zu scheitern. Nämlich: "Aus den Fehlern zu lernen und es beim zweiten oder dritten Versuch besser zu machen", sagt der 28-Jährige lächelnd.

Modl ist auch schon gescheitert. Der Motiondesigner hat bereits vor Movinary mit verschiedenen Prototypen im Netz experimentiert. "Drei Monate habe ich das probiert", erzählt er jetzt unter dem Sonnenschirm, "doch kaum ein Schwein wollte meine Videos kaufen." Beim zweiten Versuch bekommt der junge Gründer die ersten positiven Rückmeldungen. "Ich merkte, das könnte ein Markt werden", sagt der 24-jährige. Im Frühjahr 2012 gründete er gemeinsam mit vier Partnern Movinary.

Auf dem Gelände der Geektime-Conference geht derweil die Veranstaltung weiter. Im Inneren redet sich Indiegogo-Gründer Rubin nun richtig warm. Er spricht von Träumen und Unternehmen, von Geld und Investoren und darüber, was junge Leute bei der Gründung ihrer Startups alles berücksichtigen müssen. Dabei hat Rubin seine Rede mit bescheidenen Tönen begonnen: Er hat sich entschuldigt, dass er kein Hebräisch spricht. Das Publikum lacht - denn Rubin stammelt die Wörter auf Hebräisch.