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Zigarettenverbot in Afghanistan

Waslat Hasrat-Nazimi19. Januar 2014

Rauchen in der Öffentlichkeit ist in Afghanistan verboten - das besagt ein neues Gesetz. Es soll dem Schutz von Kindern dienen, denn 70 Prozent sind nach offiziellen Angaben passiv dem Qualm ausgesetzt.

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Tabakwaren an einem Kiosk in Kabul (Foto: DW)
Bild: DW/H. Sirat

"Rauchen widerspricht den islamischen Grundsätzen", mit diesem Plädoyer verabschiedete das afghanische Parlament mit eindeutiger Mehrheit ein Gesetz, das Rauchen in der Öffentlichkeit verbietet. Der Islam, der laut Verfassung Staatsreligion ist, spreche sich gegen jegliche Form von toxischen und berauschenden Mitteln aus, so die Befürworter des Rauchverbots. Bereits im Jahr 2007 gab es eine ähnliche Vorschrift, damals jedoch nur auf Regierungsgebäude beschränkt. Nun darf man auch in Restaurants, Krankenhäusern und Büros nicht mehr zum Glimmstengel greifen. Wer dennoch damit erwischt wird, muss 300 Afghani Strafe zahlen, umgerechnet vier Euro. Zum Vergleich: Das monatliche Durchschnittseinkommen beträgt 35 Euro.

Erhöhung der Tabaksteuer

"Das neue Gesetz sieht weiterhin eine Erhöhung der Tabaksteuer von bisher 14 auf 50 Prozent des Kaufpreises vor", erklärt Zahir Sadat, Abgeordneter der Gesundheitskommission im afghanischen Parlament. Außerdem untersage es Zigaretten-Werbung im Fernsehen und auf Plakaten und empfehle den Medienunternehmen, stattdessen Anti-Raucher-Kampagnen zu senden.

"Aber warum das Ganze?", fragen sich viele Afghanen angesichts der zahlreichen viel schwierigeren Probleme im Land. Neben den religiösen Gründen sei es vor allem die Sorge um die Gesundheit der jungen Generation in Afghanistan gewesen, die sie zu diesem Schritt veranlasst habe, so die Parlamentarier. Immerhin seien mehr als 75 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahren.

Kinder gefährdet

"Hol mir mal eine Schachtel Zigaretten, Junge". Die meisten Kinder in Afghanistan haben diesen Satz schon einmal gehört. Bisher ist der Verkauf an Minderjährige nicht verboten und deshalb ihr Zugang zu Zigaretten spielend einfach. Laut afghanischem Gesundheitsministerium haben 21 Prozent der Kinder in Afghanistan bereits mit zehn Jahren einmal geraucht. 15 Prozent fangen damit bereits vor dem fünfzehnten Lebensjahr an. Noch erschreckender, nach Ansicht der Behörden: Etwa 70% aller Kinder in Afghanistan sind passiv dem Zigarettenqualm ausgesetzt.

Der Zigarettenverkäufer Agbat hat noch nie eine Schule besucht (Foto: DW)
Zigarettenverkäufer in KabulBild: DW-World

Viele Kinder verkaufen sogar selber die Glimmstängel. Der achtjährige Sayed Matiullah bietet sie bei winterlichen Minusgraden vor einem Krankenhaus an, für 20 Afghani pro Packung. "Ich muss Zigaretten verkaufen, um für meine Familie etwas Geld aufzutreiben", sagt er. Mit dem neuen Gesetz soll das jedoch nicht mehr möglich sein. "Auch der Verkauf an und von Minderjährigen wird verboten", sagt Parlamentarier Zahir Sadat. Sayed Matiullah ist darüber nicht glücklich. Er fragt sich, wie er in Zukunft zum Familienunterhalt beitragen soll.

"Gesetz wirkungslos"

Es gibt nur wenige Daten über die Zahl der aktiven Raucher in Afghanistan. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation raucht fast jeder zweite erwachsene Mann. Frauen und Kinder sind nicht erfasst. Man müsse von einer sehr viel höheren Dunkelziffer ausgehen, vermuten Experten.

Das neue Gesetz, das nach der Unterschrift von Präsident Karsai in diesen Tagen in Kraft tritt, werde den Konsum von Tabak nicht stoppen, da sind sich Raucher, Tabakverkäufer und Restaurantbesitzer einig. Momentan wird überall, in geschlossenen Räumen, an Haltestellen, in Gaststätten und an öffentlichen Orten gepafft. Rasoul, der in Kabul ein Restaurant betreibt, meint: "Wir können unseren Kunden nicht vorschreiben, sie sollen das Rauchen unterlassen. Wenn ich das tue, dann ist das unhöflich und könnte ihnen missfallen. Natürlich ist es ungesund und schlecht, aber um meine Kunden zu halten, kann ich nichts dagegen sagen". Wie viele andere ist Rasoul überzeugt, dass das Verbot nur dann greift, wenn ein Verstoß tatsächlich bestraft wird. Dazu müsste die Regierung konkrete Maßnahmen zur Kontrolle einführen und die Justiz entsprechend konsequent sein bei der Strafverfolgung. Viele bezweifeln jedoch, dass die vorherrschende Korruption das zulässt.

Lager mit Tabakwaren in Kabul (Foto: DW)
Steuererhöhung: Tabakwaren könnten teurer werdenBild: DW/H. Sirat

Die Erhöhung der Steuern könnte dazu führen, dass der Preis für Zigaretten anzieht, fürchten andere. Shams ul Haq aus Kabul, selber Raucher, ist sich sicher: "Ich persönlich denke, dass die meisten Raucher selbst dann noch Zigaretten rauchen werden, wenn diese fünf Mal so viel auf dem Schwarzmarkt kosten". In Afghanistan - einem der ärmsten Länder der Welt - wäre das ein kleines Vermögen.