1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zerstörte Hoffnung in Gaza

Stephanie Höppner1. August 2014

Das schnelle Ende der Feuerpause zeigt, vor welch gewaltigen Problemen die Vermittler in dem Konflikt stehen. Nachdem beide Seite wieder zu den Waffen greifen, rückt ein Ende der Gewalt in weite Ferne.

https://p.dw.com/p/1CnN9
Angriff auf Gaza am 1. August 2014 (Foto: Abed Rahim Khatib/Pacific Press)
Bild: picture alliance/Abed Rahim Khatib

Es hätte der erste Hoffnungsschimmer in der blutigen Auseinandersetzung im Gaza-Konflikt sein können: Israel und die palästinensische Hamas hatten eine dreitägige Feuerpause ausgemacht, die ab Freitagmorgen (01.08.2014, 07.00 Uhr MESZ) in Kraft treten sollte. Doch gegen Mittag wurde die Waffenruhe bereits für gescheitert erklärt. Ein israelischer Repräsentant habe den UN-Gesandten Robert Serry über diesen Schritt informiert, berichtete ein Reporter der israelischen Tageszeitung "Haaretz". Beide Konfliktparteien werfen sich vor, die von den Vereinten Nationen und den USA ausgehandelte Waffenruhe gebrochen zu haben.

Wie schon so oft scheiterte der aktuelle Versuch einer Feuerpause früh: Der erste Bruch erfolgte laut palästinensischer Seite kurz nach zehn Uhr morgens durch Panzer der israelischen Armee in Rafah im Süden des Gazastreifens. Dabei sollen sechs Palästinenser verletzt worden sein. Das israelische Militär versprach, den Vorgang prüfen. Am Nachmittag korrigierten die Palästinenser die Opferzahl nach oben: Etwa 50 Menschen sollen durch den Panzerbeschuss getötet, mehr als 200 Verletzt worden sein.

US-Außenminister John Kerry kündigt in New Delhi eine dreitägige Feuerpause (Foto: Reuters)
US-Außenminister John Kerry hatte die Waffenruhe angekündigt - doch der Erfolg hielt nur kurzBild: Reuters

Die israelische Seite verbreitete eine andere Version und beschuldigte die Hamas und andere Gruppen, die Feuerpause gebrochen zu haben. Eine Mörsergranate, die aus dem Mittelmeergebiet auf Israel abgefeuert wurde, habe ihr Ziel verfehlt und sei noch im Gazastreifen niedergegangen, berichtete das Internet-Portal "ynetnews". Mittags teilte die Armee mit, dass zwei Soldaten beim Einsatz gegen die Tunnel getötet und einer entführt worden sei. Ein Alptraum für Israel, der die Erinnerung an die jahrelange Gefangenschaft von Gilad Schalit erinnert.

"Das Große und Ganze nicht aus dem Blick verlieren"

Der Gründer der Menschenrechts-Organisation "Breaking the Silence", Yehuda Shaul, hatte noch vor der Waffenpause die grundsätzliche Ausrichtung israelischer Politik heftig kritisiert. Im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte er: "Diese Runde der Gewalt ist ein Schlag ins Gesicht für alle diejenigen, die geglaubt haben, am Status Quo könne man einfach festhalten und man brauche nicht zu verhandeln." Und weiter: "Wir dürfen das große Ganze nicht aus dem Blick verlieren: das Ende der Besatzung und einen Friedensvertrag." Der Gazastreifen steht zwar rein formal unter der Verwaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde, doch Israel kontrolliert die meisten Außengrenzen.

Für Shaul sind die derzeitigen Militäroperationen nicht zielführend. "Die Aggressivität des Militärs wächst ständig, und die Hamas feuert ihre Raketen ab", sagt er dem Deutschlandfunk. "So funktioniert es einfach nicht." Israel habe selbstverständlich das Recht zur Selbstverteidigung und die Verpflichtung, seine Bürger zu schützen."Die Frage lautet nur: wie und zu welchem Preis? Häuser in die Luft zu sprengen, in denen sich ganze Familien aufhalten, ist vollkommen inakzeptabel."

Waffenruhe bitter nötig

Die nun jäh beendete Waffenruhe wäre laut Angaben humanitärer Organisationen bitter nötig gewesen. Die Vereinten Nationen hatten schon in den vergangenen Tagen eine tägliche Feuerpause gefordert, um den Menschen verlässlich helfen zu können. Die Waffenruhe sollte den Menschen "eine dringend notwendige Entlastung von der Gewalt" bringen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Außenminister John Kerry. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA berichtet über eine katastrophale Lage der Zivilbevölkerung in dem Küstengebiet. Rund 230.000 Palästinenser hätten Schutz in UN-Einrichtungen gesucht.

Ein Palästinenser hält seine Tochter (Foto: AP Photo/Hatem Ali)
Internationale Organisationen beklagen "katastrophale Zustände"Bild: picture-alliance/AP

Insgesamt wurden seit dem Ausbruch des Konflikts am 8. Juli 2014 mehr 1500 Menschen im Gazastreifen getötet, etwa 8600 verletzt. Die Zahl der Toten liegt nach palästinensischen Angaben weit höher als in den Konflikten zuvor. Bei mehreren Hundert dieser Todesopfer soll es sich laut israelischen Quellen nicht um Zivilisten, sondern um militante Kämpfer gehandelt haben. Auch auf israelischer Seite wurden zahlreiche Menschen getötet - 61 Soldaten und drei Zivilisten. Es gab mehrere hundert Verletzte.