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Zentralbanken stemmen sich gegen globalen Abschwung

Rolf Wenkel13. Juli 2012

Mit einer Welle von Leitzinssenkungen wollen sich die Notenbanken dieser Welt gegen einen drohenden Einbruch der Weltwirtschaft wappnen. Doch wirken die üblichen Instrumente überhaupt noch?

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eine Flaschenpost am Strand gefüllt mit Euroscheinen (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/Robert Neumann

Es sieht fast aus wie eine konzertierte Aktion: Immer mehr Zentralbanken bereiten sich auf den Abschwung der Weltwirtschaft vor. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) wie auch die Bank of England in der vergangenen Woche ihre Geldpolitik gelockert haben, folgte noch am gleichen Tag völlig überraschend die People's Bank of China mit ihrer zweiten Leitzinssenkung innerhalb weniger Wochen.

Am Donnerstag (12.07.2010) folgten dann die Bank of Korea in Seoul und die brasilianische Notenbank. Letztere senkte ihren Leitzins bereits zum achten Mal in Folge auf ein Rekordtief von acht Prozent. Die südkoreanischen Währungshüter kappten ihren Zinssatz überraschend - und erstmals seit drei Jahren um einen Viertelprozentpunkt, um das stark exportabhängige Land vor den Folgen einer globalen Wirtschaftskrise zu schützen.

Nur die Währungshüter in Japan ließen vorerst alles beim Alten. Japans Notenbankchef Masaaki Shirakawa sagte in Tokio, es sei für ihn überhaupt nicht verwunderlich, dass Notenbanken in aller Welt sich die globalen Konjunkturperspektiven ansähen und dann mehr oder weniger zur selben Zeit ihre Leitzinsen veränderten.

Hat sich die Geldpolitik abgenutzt?

Allerdings wird es immer fraglicher, ob die üblichen geldpolitischen Instrumente der Zentralbanken überhaupt noch ausreichen, um die Risiken eines globalen Abschwungs zu verhindern. Die EZB hatte den Leitzins erstmals unter die Marke von einem Prozent gedrückt, ohne allerdings eine große Wirkung an den Finanzmärkten zu erzielen - dafür war die Marge von einem Viertelprozentpunkt einfach zu gering. "Sollte sich die Lage verschlechtern, hindert uns kein Glaubensgrundsatz daran, auch unter 0,75 Prozent zu gehen", sagt der Chef der niederländischen Notenbank und EZB-Ratsmitglied Klaas Knoot.

Die Frage ist nur, ob diese Lockerungsübungen überhaupt noch Wirkung zeigen. In Japan und den USA ist eine Leitzinssenkung schon lange nicht mehr möglich - immerhin lässt die US-Notenbank Fed offen, ob sie ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen wieder aufnimmt. Die Bank of England ist da weniger zimperlich: Die britischen Notenbanker kaufen noch mehr Staatsanleihen als bisher. Zentralbankchef Mervyn King erhöhte das Kaufvolumen um 50 Milliarden auf 375 Milliarden Pfund. Er hofft weiter darauf, dass die stark auf den Londoner Finanzplatz ausgerichtete Wirtschaft Großbritanniens wieder Tritt fasst.

Resistenter Virus

Indes: In Zeiten von Niedrig- oder Nullzinsen in den großen Industrienationen sehen einige Beobachter schon das Gespenst der "Japanisierung" der globalen Wirtschaft. Japan versucht schon seit gut zehn Jahren, seine Wirtschaft mit Nullzinsen und dem Kauf von Staatsanleihen zu stimulieren - ohne nennenswerten Erfolg. "Das Land ist geradezu eine Fallstudie für den schnell abnehmenden Grenznutzen zusätzlicher Notenbankmaßnahmen", schreibt die Börsenzeitung in Wien.

Der Virus, der sich in Japan seit nunmehr zehn Jahren als resistent gegen jede geldpolitischen Stimulans gezeigt hat, könnte sich bald auf die ganze Welt ausbreiten. Und dort trifft er auf fruchtbaren Boden: Europa kämpft mit seiner Schuldenkrise, die Wirtschaft in den USA will einfach nicht richtig in Schwung kommen, und das Wachstum in den Schwellenländern, die bislang als Hoffnungsträger und Wachstumslokomotive für die übrige Weltwirtschaft galten, verliert deutlich an Schwung - und das in Zeiten, in denen die Notenbanken ihr Pulver bereits verschossen haben.