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Zankapfel Siedlungspolitik

Bettina Marx6. Dezember 2012

Zum vierten Mal sind Deutsche und Israelis zu Regierungskonsultationen zusammengekommen. Für Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Netanjahu eine Gelegenheit, über die jüngsten Verstimmungen zu sprechen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Bundeskanzleramt bei einer Pressekonferenz (foto:dapd)
Bild: ap

"Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind" – so beschreibt Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsch-israelischen Meinungsverschiedenheiten. In der Siedlungsfrage sei man unterschiedlicher Meinung, sagte sie nach ihrem Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Berlin. Die Bundesregierung halte an der Zweistaatenlösung fest. "Wir wollen, dass es einen jüdischen Staat Israel und einen palästinensischen Staat geben wird", bekräftigte Merkel. Israel sei aber ein souveräner Staat, der seine eigenen Entscheidungen treffe. Man könne hier nur im freundschaftlichen Gespräch seine Einschätzung zum Ausdruck bringen. Auf die Frage eines israelischen Journalisten, ob sie wegen der Siedlungspolitik Sanktionen gegen Israel erwäge, antwortete Merkel: "Ich bin niemand, der droht."

In den letzten Tagen war es zwischen Berlin und Jerusalem zu Verstimmungen gekommen, nachdem die israelische Regierung angekündigt hatte, 3000 neue Wohneinheiten für jüdische Siedler im Gebiet E1 bei Ostjerusalem zu bauen. Damit würde das Westjordanland geteilt und Ostjerusalem vom Westjordanland abgeschnitten. Ein lebensfähiger palästinensischer Staat an der Seite Israels könnte dadurch unmöglich werden, so die Einschätzung der Europäischen Union. Mehrere europäische Länder, unter ihnen Frankreich und Großbritannien, hatten als Zeichen des Protests  die Botschafter Israel einbestellt. Und auch die Bundesregierung wurde ungewöhnlich deutlich. Israel untergrabe mit dieser Entscheidung das Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert

Deutsch-israelische Disharmonie

Netanjahu bestritt einen Zusammenhang zwischen der Siedlungsfrage und dem stockenden Friedensprozess im Nahen Osten. Die Wurzel des Konflikts reiche viel weiter zurück, in die 1920-er Jahre. Darüber hinaus sei die Siedlungstätigkeit eine Konstante der israelischen Politik. Alle israelischen Regierungen vor ihm hätten die Siedlungen bei Jerusalem und Tel Aviv ausgebaut. Es handle sich in Wirklichkeit um Vororte dieser beiden Städte. Gleichzeitig rief Netanjahu die Palästinenser dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Israels Sicherheit - deutsche Staatsraison

Netanjahu unterstrich, dass Israel über das deutsche Abstimmungsverhalten in den Vereinten Nationen enttäuscht sei. Dies hatte er schon vor seinem Besuch in Berlin in einem Zeitungsinterview erklärt. Die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung über eine Aufwertung des Status der Palästinenser der Stimme enthalten. Merkel verteidigte diese Entscheidung als wohlüberlegt. Man habe sie sich nicht leicht gemacht, sagte sie. Sie sei gegen einseitige Schritte, daher habe Deutschland auch nicht mit Ja gestimmt.

Die Bundeskanzlerin betonte, dass die deutsch-israelische Beziehungen trotz der Meinungsverschiedenheiten über die Siedlungspolitik eng und stabil seien. Sie beruhten auf einer belastbaren Freundschaft zwischen beiden Ländern. Deutschland sehe in Israel als der einzigen Demokratie im Nahen Osten einen strategischen Partner. Die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsraison. Gerade in letzter Zeit habe es wieder Anlass zur Sorge um Israels Sicherheit gegeben, als das Land vom Gazastreifen aus mit Raketen beschossen worden sei. Sie habe in diesem Zusammenhang sehr deutlich gemacht, wer die Schuld an dieser Eskalation trage. Es sei wichtig, dass Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechselt würden. Merkel hatte der Hamas die Schuld an der letzten Runde der Feindseligkeiten gegeben.

Mehr Austausch und Kooperation

Netanjahu, der sich derzeit im Wahlkampf befindet, war mit einem Teil seines Kabinetts zu den vierten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen nach Berlin gekommen. Der umstrittene Außenminister Avigdor Liebermann von der ultrarechten Partei Israel Beiteinu war jedoch nicht dabei. Bei den Wahlen im Januar wollen Netanjahu und Liebermann mit einer gemeinsamen Liste antreten.

Das Treffen der Minister beider Länder stand unter dem Motto "Innovation, Bildung und Nachhaltigkeit". Man habe vereinbart, die Kooperation auf dem Gebiet der Forschung zu intensivieren, sagte Merkel. Darüber hinaus wolle man den Jugendaustausch zwischen beiden Ländern ausbauen.