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Zölle runter an Amerikas Westküste

Jan D. Walter/ Fernando Caulyt31. März 2013

Mexiko, Kolumbien, Peru und Chile schließen ein Handelsbündnis. Beobachter glauben, die Freihandelszone der "Pazifik-Allianz" könnte funktionieren. Im Gegensatz zu vielen Vorgängern.

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Die vier Präsidenten der Pazifik-Allianz (Foto: REUTERS)
Treffen der Präsidenten von Mexiko, Peru, Kolumbien und ChileBild: Reuters

Ob UNASUR, CAN, CARICOM oder ALBA - man könnte meinen, zwischen Kalifornien und Feuerland gebe es genug internationale Organisationen. Der damalige peruanische Präsident Alan García Pérez teilte diese Ansicht offenbar nicht, als er im April 2011 seine Kollegen aus Mexiko, Kolumbien, Chile und Panama nach Lima einlud, um über die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu sprechen.

Am Ende gründeten vier der fünf Staaten die Pazifik-Allianz, Panama nahm die Beobachterrolle ein. Im Januar beschlossen die Staatschefs dann, bis zum 31. März 2013 eine Freihandelszone einzurichten, die einen zollfreien Austausch von 90 Prozent der Waren zwischen den vier Pazifikstaaten Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko erlaubt.

Regionale Wirtschaftsmacht

Mehr als 200.000 Verbraucher und über zwei Billionen Dollar Bruttoinlandsprodukt entsprechen etwa den Eckdaten des Platzhirsches Brasilien. Doch die vier Pazifikanrainer sind schon jetzt geschäftsfreudiger als der behäbige Riese vom Atlantik: Zusammen sind sie für rund 55 Prozent des lateinamerikanischen Außenhandels verantwortlich.

Allein Chile hat Handelsabkommen mit 60 Staatenbünden und Ländern, Mexiko immerhin mit 44 - darunter Nordamerika, Japan, die EU und China, einem der Hauptabnehmer für lateinamerikanische Rohstoffe. Im Gegenzug liefert China fertige Industriewaren. "Die Länder der Pazifik-Allianz wollen sich den Zugang zum so wichtigen chinesischen Markt sichern", sagt Barbara Fritz, Wirtschaftswissenschaftlerin der Freien Universität Berlin, "und im Verbund erhöhen sie ihre Verhandlungsmacht."

Chinesische Industriearbeiter am Fließband. (Foto: AP)
Chinas Industrie braucht Rohstoffe

Mittelfristig dürfte das Ziel sein, die Rohstoffe - zumindest bis zu einem gewissen Grad - innerhalb der Pazifik-Allianz zu verarbeiten, um so die interne Wertschöpfung zu steigern. Bei den südamerikanischen Bündnispartnern wären das derzeit vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse. Um auf der Produktionsebene mit China zu konkurrieren, meint der brasilianische Historiker Virgílio Arraes, habe derzeit aber nicht einmal Mexiko das Zeug, das als verlängerte Werkbank der USA zumindest eine industrielle Basis vorzuweisen hat.

Amerikanischer Bündnisdschungel

Trotz guter Vorzeichen muss sich die neue Freihandelszone erst noch beweisen. Denn nach der NAFTA in Nordamerika, zu der Kanada, die USA und Mexiko gehören, wäre die Pazifik-Allianz erst die zweite funktionstüchtige auf dem Kontinent. Die Berliner Ökonomin Fritz sagt: "Den globalen Wust an bilateralen und multilateralen Abkommen haben wir in Lateinamerika noch stärker, weil die wirtschaftspolitische Orientierung der einzelnen Länder weit auseinandergeht."

Allerdings existieren auf dem Doppelkontinent neben der NAFTA bereits zahlreiche politische und wirtschaftliche Zusammenschlüsse: die Bolivarische Allianz ALBA im Dunstkreis des chavistischen Venezuela, die Anden-Allianz, in der sich das konservativ regierte Kolumbien mit den neo-sozialistischen Ländern Ecuador und Bolivien tummelt. Und nicht zu vergessen der Mercosur mit Brasilien als größter Volkswirtschaft.

Kolumbianische Kaffepflücker bei der Arbeit
Landwirtschaft ist ein wichtiger Sektor für die AndenländerBild: picture alliance/ZUMAPRESS.com

Größere wirtschaftliche Erfolge blieben bisher jedoch in all diesen Organisationen aus. Namentlich der einst so hoch gehandelte Mercosur steckt 20 Jahre nach seiner Gründung in einer tiefen Krise: Brasilien hinkt seinem Wachstum hinterher, Argentinien versinkt im Inflationssumpf und Paraguay ist wegen innenpolitischer Turbulenzen suspendiert. Schwerer als pragmatische Ansätze wiegen oft ideologische Argumente, die sogar zu bündnisinternem Protektionismus geführt haben - der Grund, warum Chile nie dem Mercosur beigetreten ist.

Schlanke Zweckgemeinschaft

Die Pazifik-Allianz präsentiert sich dagegen als reiner Wirtschaftspakt. Das zeigt sich auch daran, dass das sozialdemokratische Peru sich mit drei konservativ regierten Ländern einlässt. Daran änderte sich auch nichts, als 2012 Ollanta Humala zum peruanischen Präsidenten gewählt wurde, der eher der neuen Linken um den verstorbenen Venezolaner Hugo Chávez und den brasilianischen Ex-Präsidenten Lula da Silva zugerechnet wurde. Doch schon bald war klar, dass Humala einen sehr gemäßigten Sozialismus verfolgt und den handelspolitischen Kurs seines Vorgängers Alan García fortführen würde.

Ein riesiger Kipplader im Tagebau. (Foto: PROCHILE)
China kauft Umengen von Kupfer aus ChileBild: PROCHILE

"Dieses Bündnis hat den Vorteil, dass es eben nicht so umfassend ambitioniert ist wie andere", glaubt der Ökonom Evaldo Alves, vom brasilianischen Think Tank Fundação Getúlio Vargas. "Schon jetzt ist klar, bei welchen Gütern die Zölle sinken werden und wo sie in fünf Jahren ganz entfallen." Und deshalb, meint Alves, könnte die Pazifik-Allianz auch für die Europäische Union ein interessanterer Handelspartner sein, als es Mercosur und Co. sind.