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Schwerer Schlag für den Kreml

28. Juli 2014

Russland solle 50 Milliarden Dollar an Aktionäre des zerschlagenen Ölkonzerns Yukos zahlen, entschied ein Schiedsgericht. Während sich die Aktionäre zufrieden zeigen, will Moskau das Urteil juristisch anfechten.

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Junge mit Helm vor einem Yukos-Schriftzug (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Nach der aufsehenerregenden Zerschlagung des einst weltgrößten Ölkonzerns Yukos hat ein Schiedsgericht Russland zur Zahlung einer Milliarden-Entschädigung verpflichtet. Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag sprach den früheren Mehrheitsaktionären des Unternehmens des Kreml-Gegners Michail Chodorkowski eine Rekordsumme von 50 Milliarden US-Dollar (37,2 Mrd Euro) zu. Die Zerschlagung sei politisch motiviert gewesen, hieß es in dem Urteil. Der vorrangige Grund sei nicht das Eintreiben von Steuern gewesen, sondern den Konzern in den Bankrott zu treiben, hieß es in der Entscheidung der drei Richter.

Russland will Urteil anfechten

Das Finanzministerium in Moskau teilte mit, Russland werde das Urteil juristisch anfechten. Das Gericht habe Beweismittel einseitig gewertet, erklärte das Ministerium. Russland werde nun vor niederländische Gerichte gehen "und erwartet dort das gerechte Ergebnis".

Yukos war Anfang des Jahrtausends aufgelöst worden. Frühere Aktionäre fühlten sich durch die Zerschlagung des Ölkonzerns quasi enteignet. Ein Teil zog daher vor den internationalen Schiedsgerichtshof. Bei den Klägern handelt es sich um die Besitzer der Group Menatep Limited (GML), der zuletzt Yukos mehrheitlich gehörte. Sie hatten rund 100 Milliarden Dollar Entschädigung gefordert.
Es war das größte Verfahren in der Geschichte der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, die Verhandlungen erstreckten sich über fast zehn Jahre. Einen der drei Richter hatte Russland nominiert. Die Urteilssumme macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus. 50 Milliarden Dollar hatte Russland in etwa auch für die Olympischen Winterspiele in Sotschi ausgegeben.

Die Gegenseite zeigte sich zuversichtlich, das Geld auch zu bekommen. "Wir haben keinen Anlass zu der Vermutung, dass Russland seinen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommt", sagte Kläger-Anwalt Emmanuel Gaillard in London. GML-Chef Tim Osborne sagte, es gebe eine Strategie, wie das Geld eingetrieben werden soll. Nähere Angaben machte er nicht.

Chodorkowski begrüßt das Urteil

Der inzwischen in der Schweiz lebende Ex-Ölmagnat Chodorkowski erklärte, er versuche nicht, selbst finanziell von dem Urteil zu profitieren. Der einst reichste Russe hatte seinen Kontrollanteil an der Yukos-Holding nach seiner Verhaftung 2003 an den Geschäftspartner Leonid Newslin übertragen. Dieser setzte sich nach Israel ab und wäre mit seinem 70-Prozent-Anteil an GML wohl der größte Nutznießer von Zahlungen aus Russland. Auch er zeigte sich zufrieden.

Die Bundesregierung nahm die Entscheidung zur Kenntnis, wollte sie auf der Regierungspressekonferenz in Berlin aber nicht näher kommentieren. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger sagte im Interview mit der Deutschen Welle, man könne im Zweifel auch "russisches Staatsvermögen im Ausland beschlagnahmen", um das Urteil zu vollstrecken.

Russland hatte das Vermögem von Yukos über mehrere Jahre bei Auktionen verkauft. Sollte Moskau diese Summe zahlen müssen, wäre dies ein schwerer Schlag für die ohnehin von Rezession und Sanktionen geplagte Wirtschaft.

cr/kle (dpa, rtr, dw)