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"Von ausländischen Studenten profitieren alle"

Sabine Damaschke10. Januar 2014

Ausländische Studierende sind in jeder Hinsicht ein Gewinn für Deutschland. Das zeigt eine neue Studie. Denn die Studenten bereichern die deutsche Gesellschaft nicht nur mit ihrer Kultur. Sie stärken auch die Wirtschaft.

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Internationale Austauschstudenten sitzen in einer Vorlesung an der Handelshochschule Leipzig (HHL), einer privaten Business School in Ostdeutschland (Foto: Jan Woitas)
Bild: picture alliance / ZB

Immer mehr junge Menschen kommen zum Studium nach Deutschland. Rund 250.000 ausländische Studierende sind mittlerweile an den Hochschulen eingeschrieben. Auch wenn klar ist, dass Studenten aus dem Ausland willkommen sind, klagen die Hochschulen doch über die Kosten, die die Internationalisierung mit sich bringt. Eine neue Studie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) hat sich nun mit dem volkswirtschaftlichen Nutzen der Mobilität beschäftigt. Koordiniert wurde die Untersuchung von Siegbert Wuttig, der beim DAAD für die europäische Hochschulzusammenarbeit zuständig ist.

DW: Herr Wuttig, in Ihrer Studie weisen Sie nach, dass ausländische Studierende auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Gewinn für Deutschland sind. Gab es daran Zweifel?

Siegbert Wuttig: In Zeiten, in denen man genauer auf den Euro schaut, insbesondere wenn es Steuerzahler-Gelder sind, muss man auch mehr rechtfertigen, wofür dieses Geld verwendet wird. Beim Thema Mobilität haben wir schon Nachweise, was sie den Studierenden und den Hochschulen bringt, nämlich bessere Karrierechancen für die Studenten und mehr internationalen Austausch in Lehre und Forschung. Außerdem fungieren die Studenten später als Freunde und Botschafter für Deutschland. Zur Frage des volkswirtschaftlichen Nutzens von Mobilität gab es bisher aber noch keine Untersuchung in Deutschland. Andere Länder, etwa im anglo-amerikanischen Raum sowie die Niederländer und Dänen, haben das bereits für ihre Staaten in Studien gezeigt.

Porträtaufnahme von Siegbert Wuttig vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (Foto: privat)
Siegbert WuttigBild: Privat

Ihre Berechnungen basieren auf den Konsumausgaben ausländischer Studierender, die bei rund 1,5 Milliarden Euro liegen. Diese Ausgaben sollen, verglichen mit den Niederlanden, Österreich, Polen, der Schweiz und Spanien, am höchsten sein. Woran liegt das?

Das hängt einfach mit der Größenordnung der Studierenden zusammen, die jedes Jahr nach Deutschland kommen. Wenn Sie 160.000 ausländische Studierende haben, die nach Deutschland kommen und die alle für Miete, Essen, Kleidung oder Literatur Ausgaben haben, dann ist das natürlich wesentlich höher als in einem Land wie in Polen oder Österreich, wo es deutlich weniger Studierende aus dem Ausland gibt. Es ist also nicht jeder einzelne, der mehr ausgibt, sondern es ist die Masse der ausländischen Studierenden, die in Deutschland ihre Ausgaben haben.

Wann gilt Ihre Kosten-Nutzen-Rechnung? Müssen Studierende dafür länger in Deutschland bleiben und auch hier arbeiten?

Wir haben für unsere Untersuchung nur Studenten berücksichtigt, die ihr gesamtes Studium in Deutschland absolvieren. Dabei konnten wir zeigen, dass sich bei ihnen auch kurzzeitige Effekte zeigen. Das sind die Konsumausgaben von jährlich rund 1,5 Milliarden Euro. Sie führen zudem zu Steuereinnahmen in Höhe von 400 Millionen Euro in den öffentlichen Haushalten, das entspricht etwa 2500 Euro pro Studierendem. Außerdem führen die Konsumausgaben zu Beschäftigungseffekten, denn die Waren, die gekauft, und Dienstleistungen, die in Anspruch genommen werden, müssen hergestellt bzw. angeboten werden, und das entspricht rund 22.000 Arbeitsplätzen.

Es gibt aber auch langfristige Effekte, wenn die Studierenden nach ihrem Studium in Deutschland bleiben, Steuern zahlen und Ausgaben haben. Wenn wir dies den Kosten für die Bereitstellung der Studienplätze gegenüberstellen, kommt man zum Ergebnis, dass sich diese Kosten bereits amortisieren, wenn 30 Prozent der Absolventen wenigstens fünf Jahre in Deutschland bleiben.

Aber ist dies überhaupt der Fall?

Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) bleiben etwa 26 Prozent der ausländischen Studierenden hier. Das Institut der deutschen Wirtschaft kommt auf über 40 Prozent. Wir liegen also mit 30 Prozent ganz gut in der Mitte, und das ist ein relativ gesicherter Wert.

Deutschland ist mittlerweile nach den USA und Großbritannien weltweit das beliebteste Gastland für ausländische Studierende. Und die Politik möchte, dass sich dieser Trend fortsetzt. Andererseits sollen in diesem Jahr die Stipendien für ausländische Studierende stark gekürzt werden, wogegen der Deutsche Akademische Auslandsdienst schon heftig protestiert hat. Was erwarten Sie nun von der Politik?

Unsere Studie zeigt ganz klar, dass es sich lohnt, in die Mobilität von Studierenden zu investieren, und zwar nicht nur in die Mobilität deutscher Studierender, die ins Ausland gehen, sondern auch umgekehrt. Es ist ein Argument für die Politik, darüber nachzudenken, ob man nicht tatsächlich mehr Geld in diese Ausländermobilität geben soll. Immerhin haben sich die Bundesregierung und die Bundesländer im vergangenen Jahr zum Ziel gesetzt, die Zahl der Ausländer, die in Deutschland studieren und bleiben, um ein Drittel zu erhöhen. Unsere Studie bringt nun tatsächlich den Beweis, dass dies sich nicht nur für die Studierenden und die Hochschulen lohnt, sondern für die ganze deutsche Gesellschaft.

Das Gespräch führte Sabine Damaschke.