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Gute Vorsätze

Gaby Reucher29. Dezember 2014

Ein "guter" Vorsatz für das neue Jahr, was ist das überhaupt? Welche Ziele im Leben wirklich weiterführen und wie die guten Vorsätze dabei helfen können, erklärt Coach und Autorin Cordula Nussbaum.

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Männer Bizeps
Bild: Fotolia/Kzenon

Cordula Nussbaum ist Coach in München und Expertin für ein kreativ chaotisches Zeit- und Selbstmanagement. Sie stellt die Talente der Menschen in den Mittelpunkt und inspiriert in Seminaren und Büchern zu eigenen Wegen. Dafür wurde sie von der Stiftung Warentest zum Testsieger unter den aktuellen Zeitmanagement-Ratgebern gekürt.

Immer zum Jahresende ruft Cordula Nussbaum ihre Klienten und Seminarteilnehmer in einer Onlineaktion dazu auf, ihre guten Vorsätze preiszugeben. In ihrem neuen Buch "Geht ja doch!", das im März 2015 erscheint, verrät sie einige Tipps und Strategien, wie sich Träume, Ziele und verrückte Ideen verwirklichen lassen.

DW: Frau Nussbaum, Sie machen diese Befragung zu den guten Vorsätzen schon seit einigen Jahren. Hat sich da etwas verändert in dem, was die Leute sich vornehmen?

Cordula Nussbaum: Es war lange Jahre so, dass die Leute eher gesagt haben: schneller, höher, weiter, mehr erreichen, Karriere machen. Und da merke ich jetzt wirklich ein deutliches Umdenken. Andere Werte stehen im Fokus. Dazu gehören Beziehungen zu anderen Menschen oder die Suche nach einer Arbeit, die auch Spaß macht. Ich merke in meinen Seminaren, dass immer mehr Menschen sagen: Lieber weniger verdienen, dafür Zeit für mich haben, für Freunde und für sinnvolle Tätigkeiten.

Macht es einen Unterschied, ob ich einen guten Vorsatz mit "ich muss unbedingt" oder "ich möchte" einleite?

Das macht absolut etwas aus. Für mich ist die beste Frage: "Warum?" Wenn ich den Klassiker nehme, ich will mit dem Rauchen aufhören, und ich frage mich warum, dann sagen viele "weil es schon lange nervt, und weil man's halt will". Aber das ist kein kraftvolles "Warum". Ein kraftvolles "Warum“ wäre zum Beispiel, wenn ich Kinder habe und mein Sohn zu mir gesagt hat: "Papi du stinkst nach Rauch, mit dir schmuse ich nicht mehr." Bei den klassischen Neujahrsvorsätzen hat man diese ausschlaggebenden Gründe meistens nicht. Wenn einem etwa für sportliche Vorhaben keine gute Antwort einfällt, dann ist es ein - wie ich sage - "Alibiziel" und wird nicht tatsächlich zu einer Veränderung führen.

Deutschland Mann raucht eine Zigarette
Der Klassiker unter den guten Vorsätzen ...Bild: picture-alliance/dpa

Wie erreicht man denn die Ziele, die man sich aus gutem Grund mit kraftvollem "Warum" vornimmt?

Der nächste Schritt nach der Warum-Frage ist: "Was kann ich tun, um wenigstens ein Stück in diese Richtung zu gehen und da ganz pragmatisch zu handeln?" Wenn es mir mit dem Sport ernst ist, kann ich mir zunächst kleine Ziele setzen, dass ich ab sofort nicht mehr den Fahrstuhl benutze, sondern die Treppe. Das sind Sachen, die man gut in den Alltag einbauen kann. Ich empfehle immer, nicht so große Ziele wie drei Mal die Woche joggen ins Auge zu fassen. Das ist in den Alltag oft schwierig zu integrieren. Wenn man sich dann im Fitnesscenter anmeldet und richtig Sport machen will, sollte man gleich überlegen, wann und wie viele Stunden mache ich das, um dann auch am Ball zu bleiben.

Sie geben als Coach auch Seminare, in denen Sie mit den Leuten ihre Ziele und Wünsche und den Weg dahin erarbeiten. Brauchen wir denn heute in allen Lebenslagen Berater? Das Coaching scheint ja zu boomen.

Ja, das stimmt. Der Markt ist leider völlig überschwemmt, auch von Leuten, die keine entsprechende Ausbildung haben. Ein guter Coach kann aber helfen, dass ich schneller klarer sehe. Ich als Coach beobachte viel und frage gezielter. Letztens wollte jemand die Firma seiner Eltern übernehmen, und ich habe gemerkt, dass das überhaupt nicht passt. Das war eher ein fremdes Ziel, weil die Eltern das gerne gehabt hätten.

Warum wenden wir uns denn immer mehr an Coaches?

Ich glaube, viele nehmen sich heute einen Coach, weil es salonfähig geworden ist. Früher ist man vielleicht zu einem guten Freund gegangen. Es gab gar nicht so viele Coaches. Aber ein Coach ist eine Unterstützung auf sehr professioneller Ebene. Außerdem fehlen den Menschen immer öfter die Leitlinien im Meer der Möglichkeiten. Früher war man gesellschaftlich stärker eingebunden. Man war vielleicht in einer Kirchengemeinschaft und hatte dadurch eine starke Richtung vorgegeben. Das ist heute anders, und da kann man sich schon mal im Meer der Möglichkeiten verlieren. Es macht dann Sinn, mit dem Profi zu arbeiten und seine eigenen Leitplanken wieder zu finden.

Cordula Nussbaum
Cordula NussbaumBild: privat

Dass man diese Leitlinien sucht, Ziele verfolgt und Träume verwirklichen will, ist das die Suche nach dem ewigen Glück?

Der Grundantrieb, warum wir irgendwas machen, ist glücklich zu sein. Der Weg dahin ist für jeden von uns ein anderer. Und da kommen wir wieder an den Anfang des Gesprächs: Die große Frage ist das "Warum“. Was macht dich an dem, was du tun willst, tatsächlich glücklich? So kommen wir an die eigentlichen Ziele ran, die ich dann auch kraftvoll umsetzen kann.

Ihr neustes Buch, das im März 2015 herauskommt, heißt "Geht ja doch!". In der Ankündigung sagen Sie: "Ein spannendes glückliches Leben ist nicht planbar." Also doch weg mit den guten Vorsätzen?

Nein! Aber was ich meine, ist, dass ich nicht exakt sagen kann, was ich machen werde im nächsten Jahr oder in drei Jahren. Es ist in gewissem Sinne anerzogen, dass man heute zielstrebig sein muss, aber unser Leben ist kein Drehbuch oder Baukasten. Gute Vorsätze im Sinne von "für was brenne ich, was ist mir wichtig?", die bringen mich auf den Weg. Aber unterwegs sollte ich immer offen sein für die neuen Chancen und Möglichkeiten, die sich bieten, und dann gucken, wo bringt es mich hin? Wenn ich in die richtige Richtung losmarschiere, wenn ich im richtigen Ozean unterwegs bin, ist es völlig egal, welche Insel ich letztendlich anlaufe, so lange der Korridor stimmt. Wir brauchen gute Vorsätze einfach, um überhaupt loszumarschieren.

Das Gespräch führte Gaby Reucher.