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Ein historischer Triumph

Olivia Gerstenberger8. Juli 2014

Bittere Schmach für den Gastgeber und Sternstunde für den deutschen Fußball: Die DFB-Elf spielt sich beim 7:1 in einen Torrausch und entscheidet das Spiel bereits nach einer halben Stunde. Brasilien steht unter Schock.

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Fußball WM 2014 Halbfinale Deutschland Brasilien Jubel (REUTERS/Eddie Keogh)
Bild: Reuters

Es gibt Tage, da gelingt einfach alles. Einen solchen hat Deutschland an diesem historischen 8.7.2014 definitiv erwischt. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erreicht erstmals seit 2002 wieder ein WM-Finale und schreibt dabei ein Stück Sportgeschichte. Mit einer sagenhaften Vorstellung katapultiert sich die DFB-Elf durch einen 7:1 (5:0)-Kantersieg über Gastgeber Brasilien ins Endspiel. Es ist der höchste Sieg, der jemals in einem WM-Halbfinale erreicht wurde. Zudem sorgte Miroslav Klose für einen Rekord: Er schoss sein 16. WM-Tor und ist nun erfolgreichster Goalgetter bei WM-Endrunden. "Das war nicht unbedingt zu erwarten, da sieht man mal, wie unterschiedlich Spiele laufen können", resümierte Thomas Müller trocken. "Irgendwann bist du als Gegner auch mal gebrochen."

Thomas Müller (11. Minute), Klose (23.), zweimal Toni Kroos (24./26.) und Sami Khedira (29.) sorgten für die frühe 5:0-Führung nach nur 29 Minuten. Der eingewechselte André Schürrle erhöhte in der 2. Halbzeit mit einem Doppelpack auf 7:0 (69./79). Oscar (90.) traf für den Gastgeber. Brasilien, das stark begann, vermochte es nicht, sich von den frühen Gegentreffern zu erholen. Erst einmal kassierte der WM-Rekordsieger fünf Gegentreffer in einer WM-Endrunde: Beim 6:5-Erfolg über Polen 1938, das 1:7 bedeutete die höchste Niederlage der brasilianischen WM-Geschichte. Im Finale am 13. Juli im legendären Stadion Maracana in Rio de Janeiro erwartet die deutsche Elf nun den Sieger des zweiten Halbfinales zwischen den Niederlanden und Argentinien am Mittwoch (ab 22 Uhr MESZ im DW-Liveticker). Brasilien trifft im Spiel um Platz drei am Samstag auf den Verlierer der Partie.

Neymar fehlt und ist doch dabei

Bundestrainer Joachim Löw setzte auf dieselbe Startformation wie beim Viertelfinale gegen Frankreich: Kapitän Philipp Lahm begann als Rechtsverteidiger, Per Mertesacker musste zunächst auf der Bank Platz nehmen. Brasiliens Coach Luiz Felipe Scolari bot Bayerns Innenverteidiger Dante für den gelbgesperrten Kapitän Thiago Silva auf, den verletzten Superstar Neymar ersetzte der jüngste brasilianische Spieler im Team, Bernard. Dass Neymar schmerzlich vermisst wurde, aber dennoch in jeder Sekunde in Gedanken dazu gehörte, machten der neue Kapitän David Luiz und Torwart Julio Cesar von Beginn an deutlich: Bei der mit dem üblichen Verve geschmetterten brasilianischen Nationalhymne hielten sie sein Trikot hoch. Ein Gänsehautmoment.

Julio Cesar and David Luiz halten ein Trikot von Neymar hoch. (Foto: REUTERS/Leonhard Foeger)
In den Herzen und Gedanken trotz Verletzung dabei: Brasiliens Superstar NeymarBild: Reuters

Den Schwung der Hymne nahmen die Brasilianer gleich mit in die Partie. Nach einem Fehlpass von Boateng machte die Selecao Druck und kam zum ersten Mal gefährlich vor das deutsche Tor. Jeder deutsche Ballkontakt wurde daraufhin mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht - die brasilianischen Fans in Belo Horizonte unterstützten ihre Mannschaft bedingungslos und lautstark. Die ersten zehn Minuten vergingen wie im Flug und es schien ein enges und spannendes Spiel zu werden - beide Teams spielten schnell und mutig nach vorn. Doch dann kam der Moment, der das Spiel kippen ließ - zugunsten der Deutschen: Wieder war es eine Standardsituation, die das 1:0 brachte, es war die insgesamt fünfte im Turnier, die ein deutsches Tor zur Folge hatte. Kroos führte eine Ecke von der rechten Seite aus, Müller konnte völlig frei einschieben, die gegnerische Abwehr wirkte in dieser Situation überfordert.

Brasiliens Elf hatte sich noch gar nicht richtig von dem Schock erholt, da spielten sich die Deutschen in einen wahren Torrausch und legten weitere vier Treffer in nur sieben Minuten nach. Die brasilianische Abwehr wirkte ohne Thiago Silva hoffnungslos überfordert, die DFB-Elf stieß bei ihren schnellen Ballstafetten auf wenig Gegenwehr.

"Finale - oho!"

Auf den Tribünen und den Public-Viewing-Orten in Brasilien spielten sich dramatische Szenen ab: Die brasilianischen Fans weinten hemmungslos, viele verließen bereits das Stadion und die Strände des Landes. Die gut 4000 deutschen Anhänger im Stadion trauten ihren Augen kaum und besangen das historische Ereignis freudetrunken mit den bekannten Fangesängen wie "Oh, wie ist das schön", "Einer geht noch", "Finale - oho" und "So ein Tag, so wunderschön wie heute".

Weinender Anhänger Brasiliens (Foto: REUTERS/Ueslei Marcelino)
Die brasilianischen Fans sind entsetztBild: Reuters

In der 2. Halbzeit bemühte sich Brasilien um Schadensbegrenzung, scheiterte aber wiederholt am weiter glänzend aufgelegten deutschen Torwart Manuel Neuer, der fast alles hielt, was auf seinen Kasten kam. Dafür machte Schürrle das halbe Dutzend voll - nur elf Minuten nach seiner Einwechslung. Zehn weitere Minuten später sorgte er mit einem Sonntagsschuss für das 7:0. Den Schlusspunkt setzte Oscar mit dem Ehrentreffer zum 1:7-Endstand.