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Herbstgutachter sehen Aufschwung

Heiner Kiesel17. Oktober 2013

Die Wirtschaftsforscher sagen Deutschland ein stabiles Wachstum und satte Überschüsse in den Staatskassen voraus. Das eröffnet der Politik Handlungsspielräume - fördert aber auch Begehrlichkeiten.

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Ein Arbeiter vor einem Containerschiff (Foto: dpa - Bildfunk)
Die deutsche Exportwirtschaft verliert an Bedeutung für die KonjunkturBild: picture-alliance/dpa

Herbstgutachten: Die Konjunktur zieht an

Die anstehenden Sondierungsgesprächen für eine Koalitionsregierung zwischen Union und SPD können die Verhandlungspartner jetzt ein bisschen entspannter aufeinander zugehen. Denn bei den strittigen Themen wie Arbeitsmarktpolitik, Bildung und Familienförderung geht es letztlich immer ums Geld und davon soll nach Meinung der führenden Wirtschaftsinstitute bald erheblich mehr zur Verfügung stehen.

Die deutsche Wirtschaft steht am Beginn eines Aufschwungs", stellt Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) bei der Vorstellung des Herbstgutachtens der wichtigsten deutschen Wirtschaftsinstitute in Berlin fest. Nach deren Berechnungen sind bis zum Jahr 2018 Überschüsse vom knapp 33 Milliarden Euro zu erwarten. Die Experten stützen ihre Prognose auf die anziehende Weltwirtschaft und das günstige Konsumklima im Inland. "Nach nur 0,4 Prozent in diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt 2014 um 1,8 Prozent steigen", prognostiziert Döhrn.

Milliarden für Forschung und Bildung

Die Fachleute wissen, dass der errechnete Geldsegen die Begehrlichkeiten in der Politik schnell wachsen lässt. Deswegen haben sie ihrer Gemeinschaftsdiagnose auch konkrete Ratschläge beigegeben, was denn mit den Milliarden anzustellen sei. Ein Mindestlohn – ein Kernanliegen der SPD für eine Regierungsbeteiligung – gehört dazu offenbar nicht. "Ein Mindestlohn von 8,50 Euro wäre schädlich und würde zu Arbeitsplatzabbau führen", sagt Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Wenn es doch zu einer gesetzlichen Lohnuntergrenze kommt, dann sollte diese möglichst niedrig ausfallen", unterstreicht Fichtner.

Die Finanzpolitik solle den Haushaltsüberschuss sinnvoll nutzen, heißt es. Ein Abbau der Staatsschulden, aber auch Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Bildung fände die Zustimmung der Wirtschaftsforscher. Durch Subventionsabbau und den Wegfall von steuerlichen Sonderregelungen könnte der finanzielle Spielraum noch erweitert werden. "Der niedrige Mehrwertsteuersatz für das Hotelgewerbe wäre ein gutes Beispiel dafür", so Döhrn.

Bei der Vorstellung des Berichts war es den Vertretern der vier beteiligten Institute ein Anliegen, hervorzuheben, dass die Politik künftig viel bewegen könne, ohne auf Steuererhöhungen angewiesen zu sein.

China verliert an Zugkraft

Für die Industrieländer stünden die Zeichen allgemein auf Erholung, heißt es in dem Bericht. Im ersten Halbjahr 2013 hätten deren Volkswirtschaften zugelegt. "Die Zuversicht, die wir bei den Unternehmern antreffen, spricht dafür, dass sich das fortsetzt", sagt Torsten Schmidt vom RWI. "Das wird allerdings von den Haushaltsstreitigkeiten in den USA überschattet." Auch der letzte Kompromiss in Washington habe die Situation nur temporär entschärft. Die Wachstumsdynamik in den Schwellenländern ist allerdings etwas erlahmt. China fällt dabei am stärksten ins Gewicht.

Für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland sehen die Institute Risiken darin, dass die Finanzkrise in Europa jederzeit wieder aufflammen könnte. Die in den vergangenen Jahren geschaffenen Instrumente zur Stabilisierung der Finanzmärkte und die Ankündigung der europäischen Zentralbank, stabilisierend einzugreifen, hätten die Lage zwar beruhigt, seien aber keine Dauerlösung. Hier mahnt das Herbstgutachten der Institute konstante Konsolidierungs- und Reformanstrengungen in den Krisenstaaten an.