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Optimistisch gegenüber Klimaverhandlungen

Charlotta Lomas / cj23. Oktober 2014

Im DW-Interview spricht Perus Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal über seine Ziele beim UN-Klimagipfel Anfang Dezember in Lima. Vertreter aus aller Welt diskutieren dort über die Hürden des Klimaschutzes.

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Manuel Pulgar-Vidal (Foto: ADAM BERRY/AFP/Getty Images).
Bild: AFP/Getty Images/A. Berry

DW: Diese Woche findet in Bonn eine Konferenz statt, auf der Textentwürfe zu einem neuen Weltklimavertrag ausgehandelt werden. Wie laufen die Gespräche? Welche Rolle werden sie bei der UN-Klimakonferenz, COP20, in Lima spielen?

Manuel Pulgar-Vidal: Was hier in Bonn passiert, ist schon entscheidend. Denn hier präsentieren Verhandlungsführer aus der ganzen Welt und aus unterschiedlichen Interessengruppen ihre Positionen. Ich bin mir ganz sicher, dass wir am Ende mit einem starken Ergebnis dastehen werden, um das Treffen in Lima im Dezember zum Erfolg zu führen.

Welche Bedeutung hat es für ein Entwicklungsland wie Peru, der Verhandlungsort des nächsten großen Klimagipfels zu sein?

Wir sollten zunächst verstehen, dass gerade Peru besonders empfindlich auf den Klimawandel reagiert. Der Fischfang hat eine hohe Bedeutung für das Land, denn wir befinden uns im Einflussbereich einer wichtigen, kalten Meeresströmung, dem Humboldtstrom. Der wiederum wird vom El Niño-Phänomen beeinträchtigt, was sich durch den Klimawandel verstärkt. Außerdem befinden sich 70 Prozent aller tropischen Gletscher dieser Welt in Peru. Und so ist die Gletscherschmelze ein großes Problem, gerade für unsere landwirtschaftlich genutzten Arten, von denen viele nur hier heimisch sind.

Deshalb ist es für uns nicht nur wichtig, eine sehr klare Zielvorgabe für konkrete Maßnahmen zu haben, sondern auch unsere Anpassungs-Agenda voranzubringen. Für Entwicklungsländer sind Anpassungen an den Klimawandel entscheidend, denn sie sind die einzige Möglichkeit, mit den Folgen der Veränderungen fertig zu werden.

Politische Verhandlungen erfordern es, lang andauernde Differenzen zwischen den Ländern zu überwinden. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es eine Übereinkunft geben kann - gerade in den Kernbereichen wie der Klimafinanzierung oder der Reduktion von Treibhausgasen?

Da bin ich optimistisch. Ich glaube, im Moment bewegt sich die Welt auf zwei Ebenen: Es gibt ein Bewusstsein für die Dringlichkeit des Vorhabens und eines für das Erreichen ehrgeiziger Ziele. Wir arbeiten natürlich auf der Grundlage dessen, was uns die Wissenschaft sagt - dass wir den 2-Grad-Grenzwert bei der Klimaerwärmung nicht überschreiten sollten. Aber wenn wir so weitermachen wie bisher, dann kommen wir nahe an die 4-Grad-Grenze -oder überschreiten sie sogar. Und das könnte dramatische Konsequenzen für unser Land haben. Die Welt weiß, dass wir scheitern können, so wie in Kopenhagen. Aber ich bin sicher, dass wir beim Treffen in Paris im kommenden Jahr ein Abkommen haben werden.

Als Präsident der 20. Weltklimakonferenz sind Sie verantwortlich dafür, einen Konsens unter Beteiligten mit sehr unterschiedlichen Ansichten zu erreichen. Was bedeutet es für Sie, solch eine entscheidende Rolle in den Verhandlungen um ein Klimaabkommen zu spielen?

Peru hat eine dreifache Rolle: Wir haben die kommende Präsidentschaft der COP inne, und deshalb müssen wir eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen. Wir müssen sehr vorsichtig vorgehen. Wir müssen versuchen, viele empfindliche Themen zwischen verschiedenen Ländern auszusparen. Wir müssen innovative Wege finden, um die unterschiedlichen Ländergruppen dazu zu bringen, über die wirklich entscheidenden Punkte miteinander zu reden. Es ist schwierig, aber ich glaube, wir machen es schon ganz gut und wir arbeiten weiter daran.

Unsere zweite Rolle ist die des Gastgeberlandes. Für ein Entwicklungsland wie Peru und für eine Stadt wie Lima ist es schon eine besondere Herausforderung, rund 12.000 Teilnehmer in der Stadt zu begrüßen. Dies wird die größte Konferenz in der Geschichte unseres Landes. Und es ist nicht so einfach, die ganze Organisation und Logistik an den Start zu bringen - aber wir sind im Zeitplan.

Polizeiauto in Lima (Foto: picture alliance).
Die Sicherheitsbestimmungen während der Klimakonferenz in Lima werden streng seinBild: picture-alliance/dpa/Jürgen Darmstädter

Unsere dritte Rolle ist die eines Landes, also als Teilnehmerland an den Verhandlungen. Wir haben unsere Erwartungen, unsere Forderungen und Ansprüche. Aber wir werden diese Verhandlungen erfolgreich führen, indem wir mit verschiedenen Ländern zusammenarbeiten, mit verschiedenen Interessengruppen, indem wir auf die Stimmen von allen hören, auf die Wirtschaftsverbände genauso wie auf die indigenen Völker. Wir können nur gemeinsam vorankommen. Nur so können wir der Welt Lösungen anbieten.

Welche Eigenschaften braucht jemand in Ihrer Position ganz persönlich, um eine gute Arbeit zu machen und eine Übereinkunft zu erzielen?

Es fällt mir nicht leicht, über mich selbst zu sprechen, aber wir werden sehr offen sein müssen, sehr transparent. Wir müssen eine gute Stimmung schaffen und optimistisch bleiben. Ich glaube, das sind die vier Schlüsselpunkte, um eine Atmosphäre des Vertrauens herzustellen. Das schaffen Sie nicht, wenn Sie von vornherein davon ausgehen zu scheitern. Schritt für Schritt voranzugehen ist der einzige Weg zum Erfolg.

Wann soll der Entwurf zu einem neuen internationalen Klimaabkommen stehen?

Ich hoffe, dass wir am Ende unseres Treffens hier in Bonn die Schlüsselelemente verhandelt haben, die wir dann in den Vertragsentwurf in Lima einfließen lassen können. Das ist unser wichtigstes Ziel. Danach können wir den Entwurf nach Paris schicken, wo er dann Ende kommenden Jahres unterschrieben werden soll.

Es gibt einige wichtige Entscheidungen über nationale Zugeständnisse, die in diesen Entwurf einfließen. Auch die Finanzierung ist ein zentraler Aspekt. Seit kurzem führt Peru den Co-Vorsitz in den Verhandlungen um den Green Climate Fund, und wir sind sehr optimistisch, dass wir in dieser Position gute politische Signale aussenden können, um Ende kommenden Jahres zu einer Entscheidung zu gelangen. Aber schon dieses Jahr werden wir einen Entwurf dazu haben.

Wenn Sie nach vorne schauen, was erhoffen Sie sich von der Klimakonferenz in Peru?

Ganz unterschiedliche Dinge. Zunächst einmal geht es um das, woran wir gemessen werden: in den Verhandlungen voranzukommen. Aber da wir die COP20 organisieren, gilt es auch, unserem Land ein großes Erbe an Klimabewusstsein zu hinterlassen - es müssen aber auch konkrete Maßnahmen folgen. Ich glaube, die COP20 ist eine gute Gelegenheit, die Umwelt-Diskussion auf eine höhere Ebene zu bringen, um alle Peruaner dafür zu sensibilisieren, dass auch wir mehr Verantwortung für unsere Umwelt und unser Klima übernehmen.

Manuel Pulgar-Vidal ist seit Dezember 2011 Umweltminister in Peru. Er ist Anwalt für Politik- und Umweltrecht und ehemaliger Präsident des Inter-amerikanischen Verbandes für Umweltschutz (AIDA).

Das Interview führte Charlotta Lomas.