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Neuer König in den Niederlanden

Bernd Riegert2. Mai 2013

Die Niederlande feiern ihren neuen König. Im Vergleich zu seiner Mutter gilt Willem-Alexander als volksnah. Die Zeiten, als er als bierseliger Student galt, sind lange vorbei. Der Monarch hat sich entwickelt.

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Der neue niederländische König Willem-Alexander und seine Frau Maxima (Photo: Reuters)
Bild: Reuters

Vor 33 Jahren, als Beatrix Königin wurde, gab es in Amsterdam gewalttätige Demonstrationen der Hausbesetzer und der linken Autonomen. Während der Huldigungsfeier in der "Neuen Kirche" konnte Beatrix, die den Thron von ihrer Mutter Juliana übernahm, das Pfeifkonzert und die Protestrufe der Monarchiegegner draußen hören.

Diesmal geht es friedlicher und fröhlicher zu. Etwa eine Million Niederländer und ausländische Touristen feiern in Amsterdam. Überall im Land steigen "Thronwechsel-Partys". Fast jeder Niederländer trägt ein Kleidungsstück in der Nationalfarbe Orange. Die Republikaner haben nur eine sehr kleine Demonstration angekündigt. Die alte Königin Beatrix (75) und ihr Sohn Willem-Alexander (46), der neue König, sind beim Volk laut Umfragen sehr beliebt. Fast drei Viertel der Niederländer halten ihre parlamentarische Monarchie für die richtige Staatsform.

Der neue König kündigte in einem Interview mit dem niederländischen Fernsehsender NOS an, er wolle eigentlich so weitermachen wie seine Mutter. "Ich möchte ein König sein, der auf den Traditionen seiner Vorgängerinnen aufbaut. Ich stehe für Kontinuität und Stabilität im Land, aber ich bin auch ein König, der zusammenführen und vermitteln kann." Willem-Alexander will weiter rote Bänder durchschneiden und sich aufs Repräsentieren und soziale Arbeit konzentrieren, wie er das bereits als Kronzprinz getan hat. "Natürlich bin ich König, aber ich bleibe ein Mensch mit Gefühlen. Ohne Gefühle könnte man ja nicht man selbst sein. Es ist wichtig, authentisch zu bleiben. Wenn man nicht authentisch bleibt, könnte man das neue Amt nicht ausfüllen", so Willem-Alexander im Interview.

Niederländischer Prinz Willem Alexander als Fußballspieler während einer Dienstreise nach Brasilien im Jahr 2012 CHRISTOPHE SIMON/AFP/Getty Images)
Willem-Alexander als Fußball-Spieler - der künftige König gibt sich gerne volksnahBild: Christophe Simon/AFP/Getty Images

Willem-Alexander gibt sich lockerer als seine Mutter

Die niederländische Verfassung schreibt die Rolle des Monarchen als Staatsoberhaupt sehr genau vor. Der König kann auch an der Regierungsbildung mitwirken, weil er den "Formateur", den Vermittler in Koalitionsgespräche ernennen kann. Der Historiker und Adelsforscher Rolf-Ulrich Kunze sagt, die bisherige Königin Beatrix habe ihr Amt durchaus politisch verstanden. "Die eigentliche Macht einer niederländischen Monarchin und eines politischen Schwergewichts wie Beatrix lag vor allen Dingen darin, mit den politischen Akteuren zu reden und insofern auch Themen zu setzen. Das verstand Beatrix ganz meisterlich, in ihren Ansprachen auf brennende gesellschaftliche Themen zu kommen, wie ich mir das manches Mal von einem Bundespräsidenten auch gewünscht hätte", so Rolf-Ulrich Kunze im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Ob Willem-Alexander das Amt ähnlich wie seine Mutter ausfüllen wird? "Ich denke, wir warten jetzt mal ab, wie er das macht. Das ist eine sehr schwere Aufgabe. Unsere Gesellschaft ist so komplex und er muss so viele Faktoren berücksichtigen und in einem winzigen Land wie den Niederlanden auf so viele Dinge achten, die auch international vernetzt sind. Volkstümlichkeit dürfte daher eine äußerst schwierige mediale und soziale Konstruktion sein", so Historiker Kunze.

Rolf-Ulrich Kunze, Professor für Neuere Geschichte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Universität des Landes Baden-Württemberg. Experte für Adelshistorie und Monarchie. Aufgenommen bei einem Seminar der Friedrich-Naumann-Stiftung in Karlruhe, 18.04.2013. Foto: privat (alle Rechte eingeräumt)
Historiker Rolf-Ulrich Kunze ist gespannt, was für ein König Willem-Alexander in Zukunft sein wirdBild: privat

Beatrix hat das Könighaus wie ein mittelständisches Unternehmen geführt und auf Pomp, Protokoll und etwas Distanz zum Volk Wert gelegt. König Willem-Alexander suchte bislang mehr die Nähe zu den Untertanen. Mutter Beatrix ließ sich stets als "Ihre Majestät" anreden, Willem Alexander will den Titel nicht abschaffen, sieht das Ganze aber pragmatischer. "Ich bin kein Protokoll-Fetischist", sagte der Kronzprinz vor der Amtsübernahme. Seine Frau, die neue Königin Maxima, schätzt ihren Mann so ein: "Er ist eine Person, die sehr dicht bei den Menschen ist, die ihre Inspiration aus den Kontakten mit Menschen schöpft. Und das soll auch so bleiben."

Bedeutung der deutschen Verwandschaft nimmt ab

Das niederländische Parlament hatte 2002 die rechtlich notwendige Zustimmung zur Vermählung des neuen Königs mit der bürgerlichen Argentinerin Maxima erst nach einigem Zögern gegeben. Maximas Vater ist wegen seiner Rolle während der argentinischen Militärdiktatur umstritten und darf deshalb auch nicht an den Feierlichkeiten zur Thronbesteigung in Amsterdam teilnehmen. Die drei Vorgängerinnen von Willem-Alexander auf dem Thron hatten deutsche Ehepartner. Das Königshaus Oranien-Nassau ist eng mit deutschem Adel verwandt.

Aber die Verbindung zum deutschen Hochadel spielt eigentlich keine große Rolle mehr, so die Adelshistorikern Monika Wienfort. "Verwandtschaftliche Beziehungen gibt es natürlich, aber der Trend in den Monarchien Europas in den letzten 20 Jahren ist eher, sich innerhalb des eigenen Staates zu vernetzen und sich da zu bewegen, sich wirklich als Niederländer oder Schweden zu verstehen. Die Abstammung, der Stammbaum der Familien, die tatsächlich auf europäischer Ebene und mit deutschen Häusern verflochten sind, das tritt in der Bedeutung sehr stark zurück."

ARCHIV - Der niederländische Kronprinz Willem-Alexander (2.v.l.) und seine Frau Prinzessin Maxima (2.v.r.) posieren mit ihren Töchtern Ariane (l), Amalia (M) und Alexia in Wassenaar (Archivfoto vom 07.07.2012). EPA/ROBIN UTRECHT (zu dpa-Themenpaket "Thronwechsel in den Niederlanden" vom 02.04.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Willem-Alexander mit Frau Maxima und seinen drei Töchtern. Amalia (Mitte) wird selbst irgendwann KöniginBild: picture-alliance/dpa

"Ich bin keine Nummer"

Die Niederländer ehren ihren neuen König mit einem eigens komponierten "Königslied", das im ganzen Land um 19.30 Uhr aufgeführt und zeitgleich in allen Radiostationen übertragen wird. Auf sonstige Geschenke hat das Königspaar verzichtet. Schließlich leiden auch die Niederlande unter der europäischen Wirtschaftskrise. Das private Vermögen der Familie Oranien-Nassau wird vom US-Wirtschaftsmagazin Forbes auf 200 Millionen Euro geschätzt. Die bisherige Königin erhielt ein jährliches Gehalt von 800.000 Euro. Einen Teil des Geldes verschlangen aufwändige Garderoben und bisweilen schrille Hüte.

Königin Beatrix der Niederlande bei einem Auftritt in Mexiko 2009. Der gelbe Hut sieht aus wie ein Gouda-Käse (AP Photo/Claudio Cruz
Gouda oder Hut: Königin BeatrixBild: AP

Seinen Namen will der neue König behalten. Nach dem Hofprotokoll wäre er eigentlich Wilhelm der Vierte. "Ich bin keine Nummer. Ich bin Wilhelm Vier nur für die Historiker. Ich möchte auf der Straße nicht als Wilhelm Vier angesprochen werden, sondern mit meinem Namen Willem oder auch Willem-Alexander", gab der König im Fernsehinterview zu verstehen.

In Amsterdam gibt es, anders als in anderen Königshäusern in Europa, keine prunkvolle Krönung des Königs. Es handele sich nur um eine "Huldigung", erklärte die ARD-Adelsexpertin Leontine von Schmettow im deutschen Fernsehen: "Die Krone wird in den Niederlanden nie auf dem Kopf getragen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Niederlande keine lange monarchische Tradition haben. Sie haben eine lange republikanische Tradition. Früher war es üblich, dass die Landesherren durch die Provinzen ritten oder per Kutsche fuhren. Da wurde ihnen gehuldigt. Deshalb gibt es keine Krönung, sondern eine Huldigung." Die bisherige Königin Beatrix ist mit der Abdankung nun wieder eine Prinzessin. Sie will sich nicht ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen und weiter Termine für das Königshaus wahrnehmen. Beatrix will sich aber intensiver ihrem Sohn Friso (44) widmen, der nach einem Skiunfall 2012 weiterhin im Koma liegt und in einer Klinik in London behandelt wird.

Die Nachfolge für den neuen König Willem-Alexander ist übrigens schon geregelt. Seine älteste Tochter Catharina-Amalia wird den Thron irgendwann besteigen. Die Neunjährige fragte den Vater bereits, wie lange er denn im Amt bleiben wolle und wann sie Königin werden könne. Seine Antwort auf die Frage seiner Tochter wollte Willem-Alexander im Interview mit NOS allerdings nicht verraten. "Das bleibt vorerst ein Staatsgeheimnis", sagte der König lachend.