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Will man in Griechenland die slawischen Studien an den Universitäten?

29. Juli 2011

Vor wenigen Monaten wurde Alexandra Ioannidou, die an der Athener Universität Slawistik lehrte, entlassen. Der Stolperstein war ihre Beschäftigung mit der Sprache der mazedonischer Minderheit im Land.

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Griechenland will den Namen "Mazedonien" nicht anerkennen - weder für das Land, noch für die Sprache
Griechenland will den Namen "Mazedonien" nicht anerkennen - weder für das Land, noch für die SpracheBild: AP/DW Fotomontage

Vor wenigen Monaten erhielt der Präsident der Athener Universität Theodosios Pelegrinis einen Brief aus Deutschland. Darin bittet man ihn „alles in seiner Macht stehende zu tun“, um die „exzellent qualifizierte Kollegin Prof. Alexandra Ioannidou bei ihren Forderungen gegenüber dem Ministerium [für Bildung] zu unterstützen und ihr dabei zu helfen, dass die Entscheidung des Ministeriums revidiert“ werde. Absender des Schreibens war die Südosteuropa Gesellschaft (SOG) aus München. Aber warum sollte sich ein solcher Verband mit einer 45jährigen griechischen Professorin beschäftigen, die vom griechischen Bildungsministerium entlassen wurde?

Alexandra Ioannidou hat in Heidelberg Slawistik studiert, einer ihrer Professoren in Heidelberg war Klaus Steinke. Er erinnert sich: „Sie hat bei mir damals Bulgarisch gelernt. Sie hat es dann auch weiter betrieben, so dass sie gut Bulgarisch spricht. Außerdem hat sie russisch studiert. Die Promotion war über russische Literatur. Sie ist also eine vollkommen ausgebildete Slawistin im deutschen Sinne, sowohl in Sprachen, wie Literaturwissenschaft“, sagt Steinke.

Dr. Alexandra Ioannidou, entlassene Slavistin
Dr. Alexandra Ioannidou, entlassene SlavistinBild: Alexandra Ioannidou

Mazedonische Sprache als Problem

Dieser Meinung war auch die Auswahlkommission der Universität Athen, als sie im Juli 2009 Alexandra Ioannidou als Assistenzprofessorin für „Slawistik und Altslawische Sprache und Forschung“ im neugegründeten Fach Slawische Studien wählte. Zwei Jahre später dann aber die Kehrtwende: am 15. März 2011 wurde sie fristlos entlassen. Der stellvertretende Bildungsminister Jannis Panáretos gab „formale Unregelmäßigkeiten“ als Begründung an.

Das seien aber nur vorgeschobene Gründe, war sich Professor Wolfgang Dahmen sicher, nachdem er sich mit dem Fall eingehend beschäftigt hatte. Professor Dahmen lehrt an der Universität Jena Rumänische Sprache und Literatur und ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Südosteuropa Gesellschaft. In dieser Funktion verfasste er auch den Brief an den Präsidenten der Universität Athen. Mit über 800 Mitgliedern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft ist die Südosteuropa Gesellschaft die wichtigste Nicht-Regierungs-Organisation für die Pflege und Gestaltung der Beziehungen Deutschlands mit dem Balkan. Über die Gründe für die Entlassung von Alexandra Ioannidou erklärt Wolfgang Dahmen: „Sie ist wissenschaftlich ausgewiesen, und das ist nicht der Grund. Vermutet wird eher, dass es Gründe sind, die jenseits der Wissenschaft liegen. Nämlich, sie beschäftigt sich mit Themen, die nicht von allen in dieser Form akzeptiert werden: Sie hat sich mit

Griechenland und Mazedonien
Griechenland und Mazedonien

Politische Interessen

Minderheiten in Griechenland beschäftigt, mit slawischen Minderheiten“, sagt Wolfgang Dahmen. Und dabei ist mazedonische Minderheit gemeint.

Als Slawistin hatte Alexandra Ioannidou im Rahmen eines Forschungsprogramms des staatlich geförderten „Institutes for Balkan Studies“ in Thessaloniki slawische Dialekte untersucht, die in Nordgriechenland gesprochen werden. Ihre Veröffentlichungen darüber stießen nicht überall auf Gefallen. Am lautesten protestierte dagegen die rechtsnationale Partei LAOS. In einer Anfrage im Parlament hielt sie Alexandra Ioannidou nicht nur ihre wissenschaftliche Veröffentlichungen vor, sondern auch die Mitgliedschaft im „Zentrum für die Forschung von Minderheitsgruppen“ in Griechenland.

Dieser politischer Druck gepaart mit dem Druck aus nationalistisch orientierten Wissenschaftskreisen führten dann zur Entlassung von Alexandra Ioannidou, so die Meinung von Professor Christian Voß, dem Leiter der Abteilung Südslawische Studien an der Humboldt Universität in Berlin. Er ist davon überzeugt, dass „wenn ein Fach wie die slawische Philologie in Griechenland von Anfang an politischen Interessen oder auch einem Sicherheitsdenken, in dem politische Tabus nicht angesprochen werden dürfen, unterstellt wird und wenn die fachliche Qualifikation und Exzellenz jüngerer Kollegen weniger gilt, dann hat das Fach wahrlich keine Zukunft in Griechenland.“

Christian Voß und Alexandra Ioannidou wollten im Herbst im Rahmen des Erasmus-Programms der Europäischen Union ein gemeinsames Kooperationsprogramm zwischen der Humboldt und der Athener Universität starten. Die Realisierung hängt davon ab, wie sich die griechische Bildungsministerin Anna Diamantopoulou entscheidet, die sich gerade mit der Fall Ioannidou befasst.

Autor: Panagiotis Kouparanis

Redaktion: Zoran Arbutina