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Wie läuft ein Asylverfahren ab?

Kay-Alexander Scholz30. April 2015

In Deutschland werden derzeit so viele Anträge auf Asyl gestellt wie schon lange nicht mehr. Wie aber läuft eigentlich ein Asylverfahren ab?

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Symbolbild Asylantrag in Deutschland (Foto: Britta Pedersen)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Wer als Flüchtling nach Deutschland kommen will, muss zunächst entweder bei einer Grenzbehörde, der Polizei oder einer anderen Behörde einen Asylantrag stellen. Dann wird man in ein Sammellager - in eine sogenannte Erstaufnahme-Einrichtung - geschickt. In welche Einrichtung und damit auch in welches Bundesland man kommt, wird in der Regel anhand des sogenannten Königsteiner Schlüssels entschieden. Denn Asylsuchende in Deutschland sollen einigermaßen gerecht über alle 16 Bundesländer verteilt werden. Je mehr Einwohner ein Bundesland hat, desto mehr Flüchtlinge soll es aufnehmen. Nach Nordrhein-Westfalen werden beispielsweise 21 Prozent, nach Brandenburg nur 3 Prozent aller Flüchtlinge geschickt. Allerdings erfolgt die Zuteilung manchmal auch danach, welche Einrichtung überhaupt noch freie Plätze hat oder aus welchem Land man kommt - denn nicht jede Einrichtung bearbeitet jedes Land.

Erstaufnahmelager in Meißen (Foto: DW/S. Wassermann)
Erstaufnahmelager in MeißenBild: DW/S. Wassermann

Erste Station

In den Erstaufnahmelagern muss man zunächst wohnen. Oft ist das ein eingezäuntes Gelände mit Polizei, Arzt, Kantine und Schlafsälen für viele Personen. Jedem Asylsuchenden stehen rund 6,5 Quadratmeter Wohnfläche zu. Für Essen, gegebenenfalls Kleidung, Impfungen oder andere Hilfe wird gesorgt. Kinder erhalten zusätzliche Hilfe, damit sie in eine Schule gehen können.

Im Erstaufnahmelager werden die persönlichen Daten erfasst, Fotos gemacht und Fingerabdrücke genommen. Die Fingerabdrücke gehen an das Bundeskriminalamt. Dort wird anhand einer europaweiten Datenbank überprüft, ob eventuell schon in einem Land ein Antrag gestellt wurde.

In jedem Erstaufnahmelager arbeiten Mitarbeiter des in Deutschland für Asylfragen zuständigen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Von diesen wird man über die Fluchtgründe befragt, denn bei jedem Antrag soll das Einzelschicksal im Vordergrund stehen. Bei der nicht öffentlichen Anhörung muss man die Gründe für einen Asylantrag mündlich vortragen, ein Dolmetscher ist dabei. Von dem Gespräch gibt es für beide Seiten ein Protokoll. Dann wird entschieden, ob überhaupt ein Asylverfahren eröffnet wird. Manchmal besteht gar kein Anspruch auf Asyl, weil ein anderer EU-Staat zuständig ist. Dann wird man umgehend dorthin abgeschoben.

Symbolbild Asylbewerber und Behördenmitarbeiter (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zweite Station

Nach drei Monaten endet die Verpflichtung, in einem der Erstaufnahmelager zu wohnen. Dann werden die Asylbewerber - streng nach der vom Computer ermittelten Quote - auf die Landkreise im jeweiligen Bundesland verteilt. Dort wohnt man dann meistens in Gemeinschaftsunterkünften, die von privaten Trägern oder Wohlfahrtverbänden betrieben werden. Einige Kommunen stellen auch Wohnungen zur Verfügung. Manche Flüchtlinge bitten darum, dort untergebracht zu werden, wo bereits Verwandte leben. Darauf muss aber nur bei Ehepartnern und minderjährigen Kindern Rücksicht genommen werden.

Seit Jahresbeginn darf man sich dann frei in Deutschland bewegen, zuvor gab es eine sogenannte Residenzpflicht für eine bestimmte Gegend.

Im Unterschied zu den Erstaufnahmelagern, die von den Bundesländern finanziert werden, werden die "Anschlussunterbringungen" von den Landkreisen und Kommunen verwaltet. Diese erhalten eine Pauschale von den Bundesländern für die Unterbringung der Asylbewerber. Dabei gibt es große Unterschiede. Das Land Bayern zum Beispiel gibt an, 100 Prozent der Kosten zu tragen. Andere Bundesländer dagegen tragen nur 20 Prozent.

Nun darf man auch arbeiten. Die Chancen, einen Job zu finden, sind aber in der Regel nicht gut. Ohne Arbeit bekommt man für maximal fünfzehn Monate 352 Euro monatlich gezahlt, zusätzlich werden die Kosten für eine eventuelle Wohnung und die Heizkosten gezahlt. Aber auch danach gibt es finanzielle Hilfe, für die dann aber nicht mehr die Kommunen, sondern der Bund zuständig ist.

Die Entscheidung

Eigentlich sollen Asylverfahren nicht länger als drei Monate dauern. Im Durchschnitt aber dauern die Verfahren derzeit noch immer länger, manchmal mehr als ein Jahr. Grund dafür sind unter anderem die stark gestiegenen Flüchtlingszahlen. Ausnahmen gelten derzeit für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak, sie werden in der Regel nach kurzer Zeit anerkannt. Auch bei Flüchtlingen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern wie Serbien und Mazedonien, bei denen es also in der Regel keine politischen Gründe für einen Asylantrag gibt, soll die Bearbeitungsdauer kürzer sein und bei nur "wenigen Tagen" liegen.

Die Entscheidung über einen Asylantrag wird immer schriftlich mitgeteilt, samt Begründung und gegebenenfalls einem Hinweis auf Rechtshilfe und einer Übersetzung. Wird der Antrag angenommen, erhält man eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Jahre und hat Anspruch auf normale Sozialleistungen. Danach wird erneut geprüft.

Es gibt aber auch Sonderfälle, den "subsidiären Schutz": Wer im Heimatland ernsthaft zum Beispiel durch Folter, Todesstrafe oder Bürgerkrieg bedroht wird, gilt als "international Schutzberechtigter" und darf zunächst für ein Jahr bleiben, danach wird erneut geprüft.

Wird ein Asylantrag abgelehnt, wird man eigentlich "abgeschoben". Im vergangenen Jahr waren das in Deutschland mehr als 10.000 Personen, die meisten wurden ausgeflogen. Man kann aber auch vor dem Verwaltungsgericht klagen. Dafür braucht man aber einen Rechtsanwalt an seiner Seite.

In manchen Fällen darf man trotz Ablehnung bleiben: Liegt kein Pass vor oder gibt es keine Flugverbindung in ein Bürgerkriegsland, dann wird man "geduldet". Auch wer mit einer oder einem Deutschen ein gemeinsames Kind hat, darf nicht so einfach abgeschoben werden.

Gegebenenfalls kann ein Flüchtling nach der Ablehnung einen neuen Antrag stellen. Ein solcher Asylfolgeantrag wird aber nur bearbeitet, wenn sich die Rechtslage geändert hat (zum Beispiel die Situation im Herkunftsland inzwischen anders beurteilt wird) oder Beweise für die Verfolgung eines Flüchtlings auftauchen, die im ersten Verfahren noch nicht vorlagen.