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Wettlauf gegen die Zeit

Leona Frommelt4. September 2003

Die Idee ist einfach und doch völlig neu. Man nehme einen Thriller und lasse ihn in Echtzeit ablaufen – über den Zeitraum eines Tages. 24 Stunden = 24 Folgen. Das Konzept der preisgekrönten Serie "24" ist aufgegangen.

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Die Uhr tickt - Jack Bauer rennt

"Ich bin Special Agent Bauer, und heute ist der längste Tag meines Lebens." Mit Kiefer Sutherlands Stimme aus dem Off beginnt "24" – von nun an läuft die Zeit. Pünktlich um Mitternacht erhält Jack Bauer den entscheidenden Anruf seiner CIA-Einheit. Der Auftrag: Bauer soll einen geplanten Anschlag auf den schwarzen Präsidentschaftskandidaten David Palmer verhindern. Das Problem: Es könnten Verschwörer aus den eigenen Reihen dahinter stecken. Doch damit nicht genug: Um 0.57 Uhr explodiert ein Passagierflugzeug – kurz danach wird Bauers Tochter Kimberly entführt. Agent und Zuschauer ahnen zur gleichen Zeit, dass alles irgendwie zusammenhängt.

Tempo, Tempo, Tempo: Der Luxus von Zeit geht verloren

Neue Serie bei RTL 2 namens 24 mit Kiefer Sutherland
Bild: RTL 2

Inhaltlich ist "24" nicht mehr als ein sehr gut erzählter Thriller, formal jedoch eine Innovation. Wer wissen will, wie der längste Tag in Bauers Leben weitergeht, muss Ausdauer beweisen und regelmäßig einschalten. Einmal angefangen, kann sich der Zuschauer der allerorts hoch gelobten Action-Serie – "24" lief bereits in 16 Ländern – kaum entziehen. So schrieb die "New York Times": "Die Serie lässt Ihren Puls rasen und schafft es, dass Sie dabei bleiben wollen". In das in Echtzeit präsentierte Geschehen sind selbst die Werbeblöcke mit einkalkuliert. Nach den Pausen ist auch die Zeit der Handlung ein Stück vorangeschritten. Immer wieder wird eine Digitaluhr sekundengenau eingeblendet - und geht einem auch nach Stunden noch nicht auf den Zeiger. Im Gegenteil: Der Zuschauer hat das Gefühl nicht nur dabei, sondern mittendrin zu sein im Kampf gegen Terroristen und Killer.

Für die Drehbuchautoren dürfte die pseudo-dokumentarische Form ein Martyrium gewesen sein. Schließlich erfordert es ein hohes Maß an Geschicklichkeit, eine zeitdeckende und lückenlose Geschichte zu kreieren, die keine Logiklöcher aufweisen darf. Der Luxus von Zeit geht völlig verloren. Deshalb werden die Protagonisten weder müde, noch essen sie oder müssen auf die Toilette. Um dem Zuschauer den parallel verlaufenden Handlungsstand der einzelnen Schauplätze zu vermitteln, wird in regelmäßigen Abständen auf ein im Fernsehen nur selten genutztes Hilfsmittel zurückgegriffen: den Splitscreen. Durch die in bis zu vier Bereiche geteilte Mattscheibe ist es möglich, die Geschehnisse an mehreren Orten gleichzeitig zu beobachten. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, macht der Splitscreen schon bald einen großen Teil des Flairs der Serie aus.

Mega-Erfolg

In den USA sollte die erste Staffel bereits Mitte Oktober 2001 starten, wurde allerdings wegen der Anschläge am 11. September in den November verschoben. Das abstürzende Flugzeug in der ersten Folge wurde herausgeschnitten. Inzwischen wurden in Amerika die Abenteuer Jack Bauers um 48 Stunden verlängert: Die zweite Staffel lief bereits – die dritte ist abgedreht. Bis zu 25 Millionen Menschen haben in den USA vor dem Fernseher mitgefiebert. 2002 kassierte die Serie zwei Emmys und einen Golden Globe. Letzteren bekam auch Kiefer Sutherland für seine Rolle als Jack Bauer. Nachdem der Sohn von Donald Sutherland in den letzten Jahren mit Filmen wie "Dark City" einige Flops hingelegt hatte, gelang ihm mit "24" ein echtes Comeback. Freuen dürfen sich Fans außerdem auf Dennis Hopper. Er taucht ab Folge 20 (als um 20 Uhr) als skrupelloser Fiesling auf.

In Amerika wird "24" in einem Atemzug mit den Agentenserien "The Agency" und "Alias" genannt. Beide gehören zu festen Größen des US-Fernsehgeschäfts. Auffällig ist, dass sich ein Rollenwandel im Agentenbusiness vollzogen hat. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden die Aufgaben der CIA- und FBI-Leute zu Beginn der 1990er-Jahre neu definiert. Terrorismusbekämpfung statt Feindbespitzelung lautet die neue Devise. "24" hat diesen Trend aufgegriffen, und so tut der integre Ermittler Bauer alles, um Land und Leute vor den Terroristen zu schützen. Er hat nur 24 Stunden Zeit, aber die weiß er wahrlich zu nutzen.