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Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen

Alexander Drechsel/Adrian Kriesch18. April 2014

Die Bundesregierung will sich in Afrika stärker militärisch engagieren. In das Konzept passt das Manöver "Obangame Express" im Golf von Guinea, an dem sich die Deutsche Marine im großen Stil beteiligt.

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Manöver Obangame Express Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen (Foto: DW/Drechsel/Kriesch)
Bild: DW/Drechsel/Kriesch

Vor der westafrikanischen Küste tummeln sich zurzeit mehr als 30 Kriegsschiffe aus 20 Staaten. Neben elf westafrikanischen Staaten haben die USA, Spanien, Frankreich, Portugal, Brasilien, die Türkei, die Niederlande, Italien und Dänemark Schiffe entsandt. Sie alle nehmen an einem der größten Manöver in Afrika der vergangenen Jahre teil: "Obangame Express 2014" - übersetzt etwa: "gemeinschaftlicher Express".

Die Deutsche Marine stellt unter den nicht-afrikanischen Teilnehmern die meisten Schiffe: Eine Fregatte, eine Korvette und zwei moderne Versorgungsschiffe mit rund 670 Mann Besatzung liegen vor der nigerianischen Hafenstadt Lagos und warten auf die Seephase des Manövers am Ostersamstag.

"'Obangame Express' wurde entwickelt, um die Fähigkeit und die Leistung der Staaten dieser Region in Hinsicht auf maritime Sicherheit aufzubauen", erläutert militärisch korrekt US-Navy Kapitän Nancy Lacore. Sie hat das diesjährige Manöver federführend organisiert. Denn die USA haben ein großes Interesse, dass die westafrikanischen Marinen schwierige Situationen ohne Unterstützung aus Übersee aus eigener Kraft meistern können. Deshalb rief das US-Oberkommando für Afrika (US-AFRICOM) vor vier Jahren die Manöverserie "Obangame Express" ins Leben, jährlich findet eine dieser Übungen in Westafrika statt - doch noch nie war die Beteiligung so groß wie 2014.

Manöver Obangame Express Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen (Foto: DW/Drechsel/Kriesch)
US-Navy Capitain Nancy LacoreBild: DW/Drechsel/Kriesch

Viele Probleme im Golf von Guinea

Es ist auch kein Zufall, dass im Golf von Guinea trainiert wird und Afrikas größte Ölexportnation, Nigeria, sich im großem Stil ins Manöver einbringt. Das Land ist diesjähriger Gastgeber und stellt viele Militäreinrichtungen sowie Kriegsschiffe zur Verfügung. Die Region und insbesondere Nigeria habe mit zahlreichen Problemen zu kämpfen, erklärt der nigerianische Konteradmiral Samuel Alade: "Zunächst gibt es den Öldiebstahl, der internationale Dimensionen angenommen hat. Dann gibt es Piraterie und Leute, die illegal in unseren Gewässern fischen. Das sind die Herausforderungen im Golf von Guinea, die wir schnell in Angriff nehmen müssen", so Alade gegenüber der Deutschen Welle. "Wir wollen diese Verbrechen in den Griff bekommen und deshalb trainieren wir mit den USA, mit einigen Partnern aus Europa und Südamerika und natürlich mit den Anrainern des Golfs vom Guinea."

Manöver Obangame Express Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen (Foto: DW/Drechsel/Kriesch)
Konteradmiral Samuel Alade aus Nigeria lobt die gute Kooperation mit DeutschlandBild: DW/Drechsel/Kriesch

Dann lobt der Admiral noch die besonders guten Beziehungen zwischen Nigerias und Deutschlands Marinen. Die Bundesrepublik habe Schiffe geliefert und nigerianische Soldaten ausgebildet. Dass Deutschland nun auch vier Kriegsschiffe ins Manöver schicke, sei ein weiterer Beweis für die guten Beziehungen, so Alade weiter.

Noch warten die Schiffe vor Lagos zwar auf ihren Einsatz, aber an Land sind die Deutschen jetzt schon aktiv. Seit zehn Tagen unterstützt eine Spezialeinheit der Marine das Training von afrikanischen Soldaten - etwa 20 Kilometer außerhalb von Lagos. Aus dem norddeutschen Eckernförde sind drei sogenannte Boarding-Soldaten, mit einer besonderen Ausbildung für das Durchsuchen von Schiffen, nach Lagos geflogen. Ihre Einheit war bereits vor Monaten in die Vorbereitung des Manövers eingebunden. Jetzt üben sie mit Soldaten unter anderem aus Benin, der Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria, Spanien, den USA und Togo, Schiffe zu durchsuchen und verwundete Kameraden medizinisch zu versorgen.

Training zwischen Holzwänden

Während im klimatisierten Lehrsaal der Marineschule von Navy Town ein Teil der Gruppe das Anlegen von Verbänden einstudiert, schwitzten einige Boarding-Soldaten in einer überhitzen Halle zwischen aufgestellten Holzwänden, die das Innere eines Schiffes simulieren. Die Waffe im Anschlag tasten sich die Teams vor, durchsuchen einen imaginären Raum nach dem anderen, sichern sich gegenseitig, müssen unterschiedliche Pappzielscheiben in Bruchteilen von Sekunden als Freund oder Feind identifizieren.

Manöver Obangame Express Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen (Foto: DW/Drechsel/Kriesch)
Boarding-Soldaten bei einer ÜbungBild: DW/Drechsel/Kriesch

Ein junger deutscher Offizier, dessen Name nicht genannt werden soll, beobachtet die Szenerie. Nach zehn Tagen gemeinsamen Trainings sind seine anfänglichen Zweifel wie weggewischt. Er sei beeindruckt von der Leistungsbereitschaft und von dem teilweise hohen Ausbildungsstandard, sagt er. Insbesondere die nigerianischen Boarding-Soldaten seien nicht nur gut ausgebildet worden. Die nigerianischen Mitglieder des Special Boat Service (SBS) seien auch gut ausgerüstet. "Sie haben an ihren Booten zum Beispiel 250-PS-Motoren", sagt er anerkennend.

"Das ist wirklich kein Spaß"

Mit diesen Schlauchbooten steuern die SBS-Männer vor Nigerias Küste verdächtige Schiffe an, um Ölschmuggler oder Piraten zu fassen. "Das ist wirklich kein Spaß, wenn es Realität wird," sagt einer aus dem SBS-Team. Die Einheit mit etwa 200 Soldaten zählt zu den besten der nigerianischen Armee. In den sechs Jahren, seit denen sie besteht, mussten die Soldaten schon viele "Boardings" durchführen.

Manöver Obangame Express Westafrikas Marine trainiert mit Deutschen (Foto: DW/Drechsel/Kriesch)
Team des nigerianischen Special Boat ServiceBild: DW/Drechsel/Kriesch

Andere Marineeinheiten haben diese Erfahrungen noch nicht und sind deshalb nicht nur für den Austausch, sondern auch für handfeste Unterstützung durch Deutschland und die USA dankbar: "Das ist alles ist prima. Wir kamen ohne irgendetwas. Aber sie haben uns ausgerüstet, so dass wir nun Schiffe durchsuchen können", sagt ein Soldat aus Ghana. Sein Kamerad aus Nigeria ergänzt: "Wir kommen hier zusammen, um Erfahrungen zu teilen. Das schätze ich sehr."

Über Ostern wird der Erfahrungsaustausch weiter vertieft - in der Seephase von "Obangame Express".