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Die Frau mit den vielen Gesichtern

Julien Adayé, Lina Hoffmann20. Oktober 2014

Schriftstellerin, Malerin, Regisseurin - Werewere-Liking Gnepo hat viele Talente. Mit denen überzeugt sie auch ein internationales Publikum. Die Kamerunerin hat sich all das als Autodidaktin angeeignet.

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Künstlerin Were Were Liking
Bild: privat

Im Jahr 1985, da wurde es Werewere-Liking Gnepo zu eng in der Welt – da gründete sie kurzerhand in der Elfenbeinküste ein eigenes Dorf. Sie nannte es Ki-Yi M'Bock, was in ihrer Muttersprache Bassa so viel bedeutet wie "das Wissen, das alles Wissen übersteigt". In Ki-Yi M'Bock finden heute über 50 afrikanische Künstler ein Zuhause. Sie sind verschiedenen Alters, unterschiedlicher Herkunft und künstlerischer Ausrichtung. Die Künstlergemeinschaft solle, sagt Gnepo, "eine Bewegung für die Wiedergeburt der afrikanischen Künste, für die Geburt einer zeitgenössischen panafrikanischen Kultur sein". Damals habe sie nach einem Ort und nach Mitteln gesucht, um Künstlern zu ermöglichen, afrikanische Kunst nach internationalen Standards umzusetzen. Künstler von überall kamen nach Ki-Yi M'Bock und erhielten hier eine weitere Ausbildung. Daraus entstanden großartige panafrikanische Kunstgegenstände, literarische Werke, Theaterstücke und moderne Kunst, die in Afrika und Europa ausgestellt wurden.

Von den Großeltern lernen

Gnepo lebt und arbeitet in der Elfenbeinküste. Sie wurde am 1. Mai 1950 in Kamerun als Nicole Eddy Njock geboren. Außer einer Grundschulbildung, konnte sie aus familiären Gründen keine weitere Ausbildung machen. Ihre Großeltern erzogen sie nach der Tradition der Bassa, was die Grundlage all ihres künstlerischen Schaffens sein sollte, sagt Gnepo: "Ich bin eine Autodidaktin. Meine Großeltern haben mir die Initiationsriten in deren traditioneller Schule beigebracht. Das ist meine Basis. Den Rest habe ich im Laufe der Zeit alleine gelernt."

Wererwere-Liking Gnepo entdeckte schon früh ihr künstlerisches Talent. Mit 16 Jahren schrieb sie Lieder und Gedichte. Später machte sie sich als Schriftstellerin, Malerin und Regisseurin einen Namen. Ihr konstantes Thema: ein besseres Afrika. Gnepo veröffentlichte unzählige Bücher, viele davon über Kunst, Dichtung und Theater. Sie schrieb Märchenbücher, Romane und Theaterstücke. Für den Roman "La mémoire amputée" erhielt sie 2005 den renommierten Noma-Preis für afrikanische Literatur.

24 Stunden pro Tag reichen nicht

Gnepo ist auch eine begnadete Sängerin. Mit der Gruppe "Les Reines Mères" tourt sie durch die Afrika. Ihre Reisen nach Mali, Togo, Benin, Ghana, Burkina Faso und Nigeria hätten ihr Leben sehr bereichert, so Gnepo, und seien die Inspiration für ihr Schreiben.

24 Stunden pro Tag - das sei nicht genug, um ihr Pensum zu erfüllen, sagt Gnepo. "Ich muss im Alltag so viele Probleme lösen, aber auch kreativ bleiben." Schreiben, malen, singen und Theater spielen, für Werewere-Liking Gnepo bedeutet die Beschäftigung damit keine Last, sondern eine tägliche Freude. Doch dürfe sie auch nicht die Organisation des Dorfes Ki-Yi M'Bock aus dem Auge verlieren, sagt Gnepo. Der Kontakt zu den Auszubildenden liege ihr sehr am Herzen. Hinzu kommen "noch ein Familienleben und Kinder und Enkelkinder und ein Mann. Das ist viel. Mein Tag ist überfüllt", schmunzelt Gnepo.

Auf die Frage, was sie so erfolgreich macht, antwortet sie mit viel Demut: "Ich stehe für bestimmte Mächte im Dienst, so wie alle anderen Menschen auch". Sicher ist, dass sie im Dienst der afrikanischen Künste steht, deren Wert, wie sie glaubt, noch nicht angemessen anerkannt wird.