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Werbung für Integration

Sabrina Pabst11. Februar 2014

Zuwanderung ist eine Chance für die Gesellschaft. Der EU-Sozialkommissar wirbt in Deutschland für mehr Integration. Doch viele Städte sehen sich von Zuwanderung belastet. Brüssel will helfen - aber nicht nur dort.

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Laszlo Andor und Hannelore Kraft in Duisburg
Realitäts-Check: EU-Sozialkommissar Laszlo Andór und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft treffen Teilnehmer einer Qualifizierungsmaßnahme in DuisburgBild: picture-alliance/dpa

Ein verregneter Nachmittag in Düsseldorf. Knapp 100 Bürger kamen in die Rheinterrassen. Hoher Besuch wurde angekündigt. Und sie alle hatten Fragen über die momentan aufkommenden Debatten über Armutseinwanderung, Roma-Integration und Sozialmissbrauch. Antworten darauf sollte nämlich der EU-Sozialkommissar Laszlo Andór geben. Er erweist sich als eine vernünftige und zurückhaltende Stimme, wenn es um die Fragen von Fachkräftewanderung in Europa geht.

Während jeder Gast ungeduldig auf die offene Bürger-Fragerunde wartete, gab es erst harte Fakten. Das soziale Ungleichgewicht zwischen den EU-Mitgliedsstaaten driftet auseinander. Das bietet Nährboden für populistische und euroskeptische Politiker.

Ausgenutzt und ausgebeutet

Die Zuwanderung sei ein Gewinn besonders für Deutschland, betont der Sozialkommissar. Gerade gut qualifizierte Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien zahlen mehr Geld in die Sozialsysteme ein, als sie daraus bekommen. Dabei stützt er sich auf eine im Dezember von der EU-Kommission veröffentlichte Studie. Nur wenige Rumänen und Bulgaren würden aufgrund von falschen Informationen nach Deutschland kommen und zu Opfern krimineller Unternehmer werden und ausgebeutet. Denn sie finden kaum bezahlte Jobs, arbeiten härter und länger als rechtlich erlaubt und leben unter schlechten Bedingungen.

EU-Sozialkommissar Laszlo Andór Rheinterrassen Düsseldorf
Andór: "Das soziale Ungleichgewicht in der EU driftet immer stärker auseinander"Bild: DW/S. Pabst

Bereits am Morgen war der Brüsseler EU-Kommissar schon mit der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Duisburg unterwegs. Diese Stadt für die Stippvisite zu wählen, hatte Methode: Das Ruhrgebiet ist mit Migrationsbewegungen seit seiner Industrialisierung vertraut. Menschen aus ganz Europa kamen und kommen in das Ruhrgebiet, um dort Arbeit zu suchen und ein besseres Leben zu führen. Auch zählt die Stadt im Ruhrgebiet zu den Ballungsräumen, in die derzeit knapp 600 Bulgaren und Rumänen kommen – mehr als die Hälfte davon sind Kinder. Sie leben in Armut, haben kaum Zugang zur Sprache, können selten lesen und schreiben. Und auch viele der Eltern haben durch fehlende Sprachkenntnisse, mangelnde Alphabetisierung und Qualifikationen kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Brüsseler EU-Kommissar zum Anfassen

Zusammen besichtigten Andór und Kraft von der EU-Kommission geförderte Projekte, die sich um die Integration von Einwanderern aus Rumänien und Bulgarien bemühen. Die vermehrte Zuwanderung in einige wenige Ballungsräume könne die lokalen Sozialsysteme aus dem Gleichgewicht bringen, räumt der Sozialkommissar während seiner Präsentation später ein. Die Stadt Duisburg habe ein gutes Konzept, um die Problematik zu bekämpfen, bemerkt Nick Woischneck, Student am Institut für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen, der im Publikum sitzt und sich an der anschließenden Diskussion beteiligt. Allerdings fehle es der Stadt an Geld. Doch "wer soll zahlen: das Land NRW, der Bund oder die EU?"

Zuwanderung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bemerkt Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration beim NRW-Ministerium für Arbeit. Hierbei müsse nicht nur eine Institution Leistung erbringen, "sondern alle zur Verfügung stehenden Mechanismen müssen zusammenarbeiten". Und auch Laszlo Andór macht darauf aufmerksam, dass die Europäische Kommission bereit sei, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und die kommunalen Behörden und andere Stellen zu unterstützen, den Europäischen Sozialfonds (ESF) in vollem Umfang zu nutzen. Allerdings würde bisher nur ein geringer Teil der Mittel zur regionalen Förderung in Anspruch genommen.

EU-Sozialkommissar Laszlo Andór Rheinterrassen Düsseldorf
Auf den Zahn fühlen - das Publikum stellte dem EU-Kommissar viele kritische FragenBild: DW/S. Pabst

"Wir brauchen in Europa Integration, Investition und Konvergenz"

Dass aber bedürftige Zuwanderer diese speziellen Angebote und Gelder nutzen, sei noch lange kein Sozialmissbrauch, macht der EU-Kommissar deutlich. Diese Gelder seien vor allem Investitionen in die Zukunft. Durch stabile Haushaltseinkommen würde vor allem die Armut und der Ausschluss von Minderheiten in Europa bekämpft werden. "Wir brauchen in Europa eine Politik der Investition, der Konvergenz und besonders der Integration", so der Kommissar. Auch in den Heimatländern müssen Strukturen aufgebaut werden, um das soziale Ungleichgewicht, die steigende Armut und die Abwanderung zu stoppen. Denn durch das bestehende soziale Ungleichgewicht wachse die Akzeptanz politischer Skeptiker bei vielen Bürgern. Minderheiten würden zu Sündenböcken und das sei hinsichtlich der kommenden Europawahlen im Mai gefährlich.