1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wer tötete Mayada Ashraf?

Khalid El Kaoutit, Kairo30. März 2014

Die Arbeit von Journalisten in Ägypten wird immer gefährlicher. Nach dem Tod einer jungen Fotoreporterin fordern die ägyptischen Journalisten mehr Schutz für ihre Berichterstattung von der Straße.

https://p.dw.com/p/1BYVN
Mayada Ashraf Journalistin Ägypten Proteste 29.03.2014 in Kairo
Bild: picture alliance/AA

Das Foto, das Mayada Ashraf Mitte Dezember auf Facebook gepostet hatte, wird seit Freitag auf verschiedenen Social-Media-Seiten immer wieder geteilt: Eine junge Journalistin hält mit einer Hand ihren Fotoapparat hoch und mit der anderen ein Banner. "Die Kamera ist noch in unseren Händen, Hosseini. Wir machen weiter!", lautet die Inschrift. Mit dem Foto erinnerte Mayada Ashraf an den ägyptischen Journalisten Al-Hosseini Abu Deif. Er musste sterben, als er eine Demonstration der Muslimbrüder begleitet hatte. Die 23-jährige Mayada Ashraf konnte nicht ahnen, dass ihr das gleiche Schicksal widerfahren sollte. Diesen Freitag traf sie eine Kugel in den Kopf. Sie war sofort tot.

Für den Job mit dem Leben bezahlt

Die junge Reporterin sollte für das Online-Portal Al-Dostor ebenfalls eine Demo der Muslimbrüder im Kairoer Viertel Ain-Chams beobachten. In ihrer letzten Mail an die Redaktion habe Mayada Ashraf von Schießereien berichtet, die Anhänger der Muslimbrüder angefangen hätten, erzählt Essam Nabaoui, Chefredakteur bei Al-Dostor-Online. Er trägt einen dunkelblauen Mantel. Seine Augen sind rot, seine Stimme ist leise. Er habe nicht schlafen können, sagt er. Immer wieder klingelt sein Telefon. Freunde und Kollegen aus anderen Medien bekunden ihr Beileid.

Trauerfeier für Mayada Ashraf (Foto: dpa)
Abschied nehmen: Trauerfeier für Mayada AshrafBild: picture alliance/AP Photo

Auch die wenigen Kolleginnen und Kollegen, die heute in die Redaktion gekommen sind, sind sichtlich geschockt. In dem großen Raum sitzt jeder vor seinem Computer, den Blick auf den Bildschirm fixiert. Nur leise Tastaturgeräusche unterbrechen die bedrückende Stille. Mayada Ashraf sei eine fleißige Kollegin gewesen, lobt die Chefin vom Dienst, Nevine Yassin. "Sie war nicht der Typ, der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt. Sie wollte vor Ort sein und von dort berichten", sagt sie. "Aber das, was Mayada widerfahren ist, hat uns wieder gezeigt, welchen Gefahren Reporter ausgesetzt sind. Sie werden getötet und geschlagen - ohne jeglichen Schutz."

Schuss aus nächster Nähe

Im vergangenen Jahr hat die Organisation "Reporter ohne Grenzen" sechs in Ägypten getötete Journalisten gezählt. Alle hatten über Demonstrationen berichtet, als sie von scharfer oder von Schrotmunition getroffen wurden. Ob die Täter gezielt auf die Journalisten geschossen haben, ist bis heute ungeklärt. Ebenso unklar ist in allen diesen Fällen auch, wer die Täter sind. Das gilt ebenso für den Fall Mayada Ashraf. Nach Erkenntnissen der Rechtsmedizin ist sie aus kurzer Entfernung erschossen worden.

Sicherheitskräfte haben fünf Personen festgenommen, die mutmaßlich an der Schießerei oder am Tod von Mayada Ashraf beteiligt sein sollen. Anhänger der Muslimbrüder beschuldigen hingegen die Regierung, die Journalistin sowie vier weitere Demonstranten ermordet zu haben. Chefredakteur Essam Nabaoui glaubt allerdings an die offizielle Version: Mayada Ashraf habe kurz vor ihrem Tod über Anhänger der Muslimbrüder berichtet, die in die Menge geschossen hätten. "Sie hat ihre Mörder entdeckt, bevor sie sie umgebracht haben", ist er überzeugt.

Journalisten protestieren nach dem Tod von Mayada Ashraf (Foto: dpa)
Aufstand wagen: Journalisten protestieren für sicherere ArbeitsbedingungenBild: picture alliance/AP Photo

Mehr Schutz für Reporter

Doch unabhängig von der Frage, wer die junge Journalistin tatsächlich getötet hat, fordern ihre Kollegen grundsätzlich mehr Schutz für Reporter. Journalisten haben in Ägypten bereits Protestaktionen angekündigt. Chefredakteur Nabaoui fühlt sich für seine Reporter persönlich verantwortlich. "Ich habe Angst um jeden Kollegen, der raus geht", sagt er. "Die Auseinandersetzungen sind sehr gewaltsam geworden. Es kommt schnell zu Schießereien und die Journalisten gehen ungeschützt auf die Straße. Sie sind eine Zielscheibe geworden."

Er sieht das Innenministerium in der Pflicht. "Die meisten Reporter sind jung und sehr engagiert", sagt Essam Nabaoui. "Das Innenministerium soll friedliche Demonstrationen und die Reporter schützen." Dann wird seine Stimme etwas lauter: "Die Reporter gehen raus, um über die Umstände zu berichten, nicht um zu sterben. Sollen wir denn über gar nichts mehr berichten? Dazu wird es kommen, wenn wir immer mehr Angst haben, bei der Arbeit unser Leben zu verlieren!"