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Weltrekord unter Wasser

Fabian Schmidt16. Dezember 2014

Niemand hat je längere Zeit unter Wasser verbracht als das Biologen-Team Jessica Fain und Bruce Cantrell. Jetzt kamen die beiden nach 73 Tagen in einer Bucht bei Florida wieder ans Tageslicht.

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USA Dozenten auf gutem Weg zum Unterwasser-Weltrekord Bruce Cantrell und Jessica Fain
Haben sich 73 Tage auf engstem Raum gut verstanden: Die Biologen Jessica Fain und Bruce CantrellBild: picture-alliance/dpa/Roane State Community College

Am 3. Oktober waren die beiden Dozenten des Roane State Community College aus Tennessee hinabgetaucht – zu einem Unterwasserlabor in der Bucht der Koralleninsel Key Largo vor der Küste Floridas.

Da sich das Labor in sieben Metern Tiefe befindet, ist es nur für Taucher zu erreichen. Einmal dort angekommen, können Forscher sich abtrocknen, umziehen und auch häuslich einrichten. In der Kammer herrscht permanent ein Druck von 1,7 bar, also etwas weniger als der doppelte Luftdruck auf der Erdoberfläche.

Das Labor ist eigentlich eine ungewöhnlich große und auch recht komfortabel eingerichtete Taucherglocke – quasi eine größere Druckkammer. Ausgestattet ist sie mit Betten, Kochnische und Kühlschrank. Aus den Fenstern der Taucherglocke blickt man auf Korallenriffe. Außerdem gibt es unterhalb der Glocke eine Einstiegsöffnung.

Durch diese Öffnung versorgten weitere Taucher das Biologen-Team regelmäßig mit frischem Essen, Getränken und Kleidung. Selbst einen Fernseher und WLAN gibt es in der 28 Quadratmeter großen Kammer. Frische Luft wird durch einen Schlauch hineingepumpt.

Verfahren von Berufstauchern erprobt

Bisher lag der Zeitrekord für einen Langzeitaufenthalt in einer solchen Taucherglocke bei 69 Tagen. Diesen Rekord hatten Fain und Cantrell bereits am Donnerstag (11. Dezember 2014) gebrochen.

Druckmedizinisch handelt es sich bei solch einem Langzeit-Aufenthalt in einer Taucherglocke um sogenanntes Sättigungstauchen. Dieses Verfahren wenden Berufstaucher an, die längere Zeiten in der Tiefe unter Druck arbeiten müssen – etwa in Senkkästen beim Tunnelbau. Durch längere Aufenthalte in der Tiefe vermeidet man, dass die Taucher zu Beginn und Ende jedes Arbeitstages immer wieder starke Druckveränderungen durchlaufen müssen. Da ist es besser, sie bleiben gleich unten.

Im Blut der Taucher reichert sich dabei soviel Stickstoff an, wie das Blut überhaupt aufnehmen kann. Diese Anreicherung bleibt dann über die Zeit des gesamten Aufenthalts in der Tiefe stabil auf diesem Niveau. Bei einer Tiefe von sieben Metern, auf der Fain und Cantrell sich aufhielten, ist das in der Regel noch nicht problematisch.

USA Dozenten auf gutem Weg zum Unterwasser-Weltrekord Bruce Cantrell und Jessica Fain
Durch die Einstiegsluke ins Labor. Auch Pizza und frische Kleidung kommen hier hinein - natürlich wasserdicht verpacktBild: picture-alliance/dpa/Jules' Undersea Lodge/Handout

Geringe Gefahr von Tiefenrausch und Taucherkrankheit

Erst ab einer Tiefe von 20 bis 30 Metern entfaltet Stickstoff eine toxische Wirkung. So kann dann ein Tiefenrausch eintreten: Die Taucher verfallen in einen euphorischen Zustand, bekommen einen "Tunnelblick" und nehmen nicht mehr alles um sich herum wahr.

Ein zweites medizinisches Problem ergibt sich beim sogenannten Austauchen, also dem Tauchvorgang, bei dem die Taucher ihren Weg von dem Unterwasserlabor bis zur Wassseroberfläche zurücklegen: Nimmt der Druck der Umgebung zu schnell ab, kann der Stickstoff aus dem Blut nicht schnell genug durch den Lungenkreislauf in die Lunge gelangen und abgeatmet werden. Im schlimmsten Fall perlt der Stickstoff dann aus, wie etwa Kohlendioxid aus einer Mineralwasserflasche, die man öffnet. Die Folge kann zum Beispiel eine Lungenembolie sein - und daraus folgend auch ein Herzinfarkt.

Aber auch diese Gefahr ist bei einem Langzeitaufenthalt in sieben Metern Tiefe ziemlich gering: Haben die Taucher einmal ihre volle Sättigung erreicht, kommt durch eine längere Aufenthaltszeit nicht noch mehr Stickstoff hinzu. Nehmen sie sich dann für das Austauchen genug Zeit und halten sich an die üblichen Austauch-Regeln, passiert auch hier nichts.

Langeweile kam nicht auf

Die Leistung des Langzeitversuchs liegt also weniger im Aushalten der Druckverhältnisse als vielmehr im Ertragen der psychischen Belastung. Wenn man zweieinhalb Monate in einem Metallfass unter Wasser gefangen ist, braucht man starke Nerven.

Aber auch das verlangte den beiden Rekordhaltern nicht all zu viel ab: Sie konnten zwischendurch in der Taucherglocke Besucher empfangen und standen zudem über das Internet, Gegensprechanlagen und Telefon mit der Außenwelt in einem regen Austausch. Auch beantworteten die beiden regelmäßig Briefe von interessierten Schülern.

Fain und Cantrell hielten per Konferenzschaltung aus dem Labor sogar wöchentliche Unterrichtsstunden für Schüler ab, bekamen zu Halloween Süßigkeiten per Kurier geschickt und drehten einen Horror-Kurzfilm. Sogar der Astronaut Buzz Aldrin – der zweite Mensch der nach Neil Armstrong den Mond betreten hat - stattete ihnen in der Tiefe einen Besuch ab.