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Weltklimagipfel: Hilft der Waldschutz dem Klima?

Manuela Kasper-Claridge, zurzeit Warschau19. November 2013

Den Wald als wichtigen CO2-Speicher zu erhalten, wurde auf dem Weltklimagipfel vor acht Jahren zum Ziel des REDD-Programms erklärt. Auf dem Gipfel in Warschau stellt sich nun die Frage: Wie lässt sich der Erfolg messen?

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BRA, 2004: Brandrodung im tropischen Regenwald. [en] [Burnied rainforest. ] | BRA, 2004: Burnied rainforest.
Bild: picture alliance/Wildlife

Der Wind pfeift schon am Flughafen, es ist bitterkalt in diesen Novembertagen in Warschau. Für viele Delegierte der UN-Klimakonferenz ist das ein Temperaturschock. Sie kommen aus Asien, Afrika oder Lateinamerika und sind die schneidende Kälte in der polnischen Hauptstadt nicht gewöhnt. Schon am Flughafen gehen einige auf die Suche nach Schals, Handschuhen oder Mützen. Sowohl hier, als auch sonst in der Stadt: Der 19. Weltklimagipfel (COP19) ist erstaunlich wenig präsent. Überhaupt nehmen die meisten Polen wenig Notiz von dem Mega-Event. Die Diskussionen um den Kampf gegen den Klimawandel sind nicht die Aufmacher der Nachrichtensendungen.

Am Kulturpalast, im Zentrum der Stadt, hängt ein großes Plakat, das die Gäste begrüßt. Drinnen wirbt eine Ausstellung für erneuerbare Energien, finanziert vom polnischen Umweltministerium. Der Andrang hält sich in Grenzen. Geduldig erklärt der mittelständische Unternehmer Witold Glen den wenigen Besuchern der Ausstellung, wie das neue Heizsystem seiner Firma funktioniert. „Sie können mit unserem System bis zu 70 Prozent der Energiekosten sparen, da rechnen sich die Investitionen recht schnell“, erzählt er. 37 Patente hält das Unternehmen Makroterm, zwei Mal wurde das System, beruhend auf Solarzellen, Holz und Brennwertkessel, ausgezeichnet.

Holz als Rohstoff: global und immer nachhaltig?

Das Holz für die Brennkessel kommt nicht nur aus der Region, Holz ist schon lange ein global gehandelter Rohstoff – um dessen nachhaltige Gewinnung es auch im Fußballstadion geht. Dort treffen sich die Delegierten zur Weltklimakonferenz und diskutieren in dutzenden Briefings und Hintergrundgesprächen, wie gegen den Klimawandel vorgegangen werden soll. Wissenschaftler sind hier, Politiker, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen - angereist aus der ganzen Welt. Deutschland wirbt für seine Internationale Klimaschutzinitiative, die Europäische Union für ihre diversen Schutzprogramme.

Ein Topthema: der REDD-Mechanismus. REDD steht für „Reduzierte Emissionen aus Waldzerstörung und Walddegradierung“ und soll als Programm helfen, Wälder zu erhalten. Denn die sind nicht nur wichtige Kohlendioxidspeicher, sondern auch Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Ein Stück natürlicher Urwald mit vielen Arten darin, ist wertvoller, als dieselbe Fläche mit forstwirtschaftlicher Monokultur.

REDD: Kampf gegen die Abholzung von Wald

Programme wie REDD+ sollen finanzielle Anreize schaffen, den Wald in seiner ursprünglichen Form zu erhalten. Doch wie misst man den Erfolg dieser Programme? Woher weiß man, ob Waldflächen wirklich in dem Umfang erhalten geblieben sind wie versprochen? „Es gibt Wissenslücken“, sagt Serena Pontoglio, die bei der Europäischen Kommission im Bereich Forschung und Innovation arbeitet. Es fehle an verifizierbaren Daten. Die könnten unter anderem mit Geldern aus dem EU-Programm Horizon2020 erhoben werden: 35 Prozent der Forschungsmittel sind für Untersuchungen zum Klimawandel bereitgestellt.

Bereits jetzt erforscht Agrarökonom und Geograph Ole Mertz von der Universität Kopenhagen, welchen Einfluss REDD bei der Reduzierung schädlicher Emissionen hat. „Wenn man den Kohlendioxidausstoß genau messen will, ist das sehr aufwändig“, sagt der dänische Wissenschaftler, dessen Forschung vom Vorgängerprogramm von Horizon2020 gefördert ist. Gemeinsam mit 14 interdisziplinären Partnern untersucht Mertz nicht nur, wie vermiedene Abholzung die Emission von Treibhausgasen beeinflusst, sondern auch, welche positiven Nebeneffekte für die biologische Vielfalt und die Lebenssituation der Menschen vor Ort erzielt werden. Besondere Herausforderungen stellen sogenannte Mosaik-Landschaften dar, die aus vielen kleineren, unterschiedlich genutzten Flächen bestehen. Denn in solchen Regionen ist die Datenerfassung sehr kleinteilig.

Ein weiteres Problem bilden Abholzungen, die in keiner Wirtschaftsstatistik auftauchen: In Laos und Vietnam etwa führt illegaler Holzeinschlag zu großen Waldverlusten - obendrein noch in Nationalparks. Doch bis man die Daten erfasst und Maßnahmen besprochen habe, könne sich die Situation schon wieder deutlich verschlechtert haben, so Mertz.

Daten sind – noch – teuer

Die Lösung liegt vielleicht im Einsatz modernster Technologie. „Die Datenerfassung ist sehr teuer. Besonders weil man Bilder in sehr guter Auflösung braucht; denn wenn man die Pixelzahl erhöht, sieht man mehr“, sagt Geomatiker Dirk Pflugmacher von der Humboldt Universität in Berlin. Helfen könnte da die Europäische Union: Sie schickt nämlich Ende 2014 das Satellitensystem “Sentinel-2” ins All. Die Daten, die die Satelliten ermitteln, „werden frei verfügbar sein, jeder hat Zugang“, sagt ein Vertreter der European Space Agency. Damit nicht genug – Sentinel-2 ist auch noch besonders schnell: Innerhalb weniger Tage fotografiert das System die gesamte Landfläche unseres Planeten – in hoher Auflösung versteht sich. So könnten Wissenschaftler wie Mertz früher an Poltiker herantreten und Maßnahmen vorschlagen. Damit könnten dann auch Programme wie REDD höhere Erfolgsquoten aufweisen.

Foto: Menschen laufen auf einem Flur entlang. An der Wand hängen Bilder aus naturbelassenen Wäldern (Foto: DW/Manuela Kasper-Claridge).
Wie lässt sich prüfen, ob die Mechanismen zum Waldschutz greifen und Emissionen tatsächlich eingespart werden? Auch darüber diskutieren die Teilnehmer der 19. Weltklimakonferenz.Bild: DW / Manuela Kasper-Claridge
Foto: Im Dunkeln erleuchtete Fassade des Fußballstadions von Warschau (Foto: DW/Manuela Kasper-Claridge)
Im Fußballstadion von Warschau tagen die Delegierten aus aller Welt derzeit auf der 19. Klimakonferenz.Bild: DW / Manuela Kasper-Claridge