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"Weltgemeinschaft muss Kaschmir-Frage lösen"

Maqbool Malik/HS5. März 2015

Gibt es Chancen für einen Neustart des indisch-pakistanischen Dialogs? Welche Rolle spielt die Kaschmir-Frage, wie steht Islamabad zum Blasphemie-Gesetz? Antworten von S.H. Javed, Botschafter Pakistans in Berlin.

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Pakistanischer Botschafter Hassan Javeed (Foto: DW)
Bild: DW/M. Müller

Deutsche Welle: Schon seit längerem ist das regionale Dreieck Pakistan – Indien – Afghanistan von Spannungen geprägt. Aber seit neuestem gibt es Besuche des pakistanischen Armeechefs in Kabul, und der indische Staatssekretär im Außenministerium hat gerade Gespräche mit seinem Amtskollegen in Islamabad geführt. Sehen wir hier den Beginn einer neuen Ära der vertrauensvollen Zusammenarbeit?

Syed Hasan Javed: Die Gespräche zwischen den Chefdiplomaten beider Länder finden nach einer langen Unterbrechung (von zwei Jahren) statt. Ein solches Treffen war meiner Meinung nach längst überfällig, wertvolle Zeit wurde verschwendet. Über alle anstehenden Fragen sollten Gespräche geführt werden, denn nur so können Frieden und Sicherheit in der Region gewährleistet werden. Pakistan und Indien sollten nach vorne schauen. Wir wünschen uns, dass kein Land in Südasien nach Hegemonie strebt, denn solche Hegemonialbestrebungen schaffen Probleme.

Nachdem beide Länder 1999 die Erklärung von Lahore unterzeichnet hatten (worin sich beide Atommächte zu vertrauensbildenden Maßnahmen verpflichteten), ergriff General Pervez Musharraf in einem Putsch die Macht. Wünscht sich die pakistanische Armee jetzt wirklich Frieden mit Indien?

Alle Akteure in Pakistan, nicht nur die Armee, sondern die Regierung, die führenden Politiker, die Parteien und die ganze Nation sind ganz klar für gute Beziehungen zu Indien. Auch die pakistanische Armee wünscht sich solche Beziehungen, weil Südasien und insbesondere Pakistan von einem dauerhaften regionalen Frieden Nutzen ziehen würden. Darin sind sich alle Stützen der Macht in Pakistan ohne Ausnahme einig.

Können Indien und Pakistan überhaupt eine generelle Verbesserung ihrer Beziehung erreichen, ohne dass sie zuvor die Kaschmir-Frage lösen?

Grenze zwischen Indien und Kaschmir Soldaten
Javed: "Ohne Lösung der Kaschmir-Frage sind alle Bemühungen unvollständig"Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Anand

Die Jammu und Kaschmir-Frage ist ein alter Konflikt. In mehreren UN-Resolutionen werden Indien, Pakistan und die internationale Gemeinschaft aufgerufen, dieses Problem gemeinsam zu lösen. Wir haben in der Vergangenheit mehrmals versucht (die Beziehungen zu Indien zu verbessern), und dabei die Frage Jammu und Kaschmir auszuklammern. Aber das hat nicht funktioniert, auch deswegen, weil es sich nicht allein um einen Konflikt zwischen Indien und Pakistan handelt. Auch das Volk von Kaschmir ist an diesem Konflikt beteiligt. Jetzt geht es darum, dass die internationale Gemeinschaft ihre Zusagen erfüllt, die sie dem Volk von Kaschmir gegenüber gemacht hat. Ohne eine Lösung dieses Konflikts müssen jegliche Bemühungen (um Annäherung) zwischen Islamabad und Neu Delhi unvollständig bleiben.

Sehen Sie im Aufstieg des Hindu-Nationalismus in Indien und in dessen Haltung zu den Minderheiten in Indien eine Hürde für bessere Beziehungen zwischen Indien und Pakistan?

Zunächst einmal: Die gegenwärtige hindu-nationalistische Regierung der BJP in Indien ist eine innere Angelegenheit jenes Landes. Aber die Dinge laufen dort nicht in die richtige Richtung. Der indische Staat wurde vor 67 Jahren als in seinem Wesenskern säkular definiert. Heute ist der Säkularismus dort überall auf dem Rückzug. International wird dazu wenig gesagt. Die Welt ist vielleicht stärker an Indiens Größe oder an seiner Wirtschaftsleistung interessiert. Aber die hindu-nationalistische Agenda ist in erster Linie für Indien schädlich, für Pakistan ist das erst in zweiter Reihe von Belang. Die Hindu-Nationalisten sind für Indien eine Bedrohung. Ich möchte noch hinzufügen: Das Mantra der Hindu-Nationalisten, demzufolge Pakistan ein gescheiterter Staat sei, sollten sie besser vergessen.

Eine Frage zur pakistanischen Innenpolitik: Das umstrittene Blasphemie-Gesetz wird im In- und Ausland heftig kritisiert. Wie sind die Aussichten dafür, das dieses Gesetz abgeschafft beziehungsweise novelliert wird, um seinem Missbrauch, der insbesondere gegen die Minderheiten gerichtet ist, ein Ende zu machen?

Die Blasphemie-Frage ist in Pakistan ein kritisches und wichtiges Thema. Das Gesetz wurde im Parlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet. Wenn man sich die Fälle, in denen man sich auf dieses Gesetz berufen hat, genau anschaut, wird man feststellen, dass sich unter den Beschuldigten auch viele Muslime befinden. Die Blasphemie-Prozesse werden nicht ausschließlich und in allen Fällen gegen Christen oder andere Minderheiten geführt. Wir tun unser Bestes, um den Missbrauch dieses Gesetzes zu unterbinden. Wir untersuchen auch die Motive für Fälle von Missbrauch des Gesetzes, also etwa um persönliche Vorteile zu erlangen oder um persönliche Fehden auszutragen.