1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Weihnachtsfußball in Kampfmontur

24. Dezember 2014

Es war der friedlichste Moment des Ersten Weltkriegs. 1914 legten die Soldaten in Flandern an Heiligabend die Waffen nieder, um Fußball zu spielen. In Afghanistan gab es jetzt eine Neuauflage des "Weihnachtswunders".

https://p.dw.com/p/1E9o2
Deutsche und britische Soldaten spielen in Kabul Fußball (Foto: Reuters)
Bild: REUTERS/Omar Sobhani

Es war ein Fußball-Länderspiel der besonderen Art: Deutschland gegen das Vereinigte Königreich. Austragungsort: Kabul - und auf dem Platz nur Militärs. Das Match zwischen britischen und deutschen Soldaten im Hauptquartier der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF hatte einen historischen Anlass.

Vor genau 100 Jahren, an Weihnachten 1914, legten deutsche, britische und französische Soldaten in den Schützengräben von Flandern für einige Stunden ihre Waffen nieder - und spielten Fußball miteinander. Der wohl friedlichste Moment des Ersten Weltkriegs ging als "Weihnachtsfrieden" oder "Weihnachtswunder" in die Geschichte ein.

"Stille Nacht" vor dem Anpfiff

Ein Hubschrauber landet auf dem Spielplatz in Kabul (Foto: Reuters)
Spielunterbrechung: "Black Hawk" im LandeanflugBild: REUTERS/Omar Sobhani

Statt der Nationalhymnen von Deutschland und Großbritannien stimmten die Spieler in Kabul vor dem Anpfiff gemeinsam "Stille Nacht" an. Beide Mannschaften gingen in Kampfstiefeln und Uniform statt Stollenschuhen und Trikots in das Match. Und dann musste das Spiel auch noch unterbrochen werden, weil ein amerikanischer "Black Hawk"-Hubschrauber mitten auf dem Spielfeld landete.

Die Partie wurde auf dem Hubschrauberlandeplatz ausgetragen, der sonst von den amerikanischen Kameraden für Baseball und American Football genutzt wird. Mit Spielunterbrechungen musste so aber gerechnet werden. Denn einen anderen Landeplatz gibt es in dem Camp nicht. An Bord des "Black Hawk" war übrigens US-Senator John McCain, der die amerikanischen Truppen zu Weihnachten besuchte.

Einst Feinde, jetzt Freunde

Fans auf den Rängen schwenken die britische Flagge (Foto: Reuters)
Siegesfreude: Fans mit Union JackBild: REUTERS/Omar Sobhani

Hinsichtlich der Trikots einigten sich Deutsche und Briten auf einen Kompromiss: Eine Halbzeit normale Fußballkleidung und eine Halbzeit Kampfmontur. 1914 hätten die Soldaten schließlich auch in ihren Uniformen gespielt, sagt Bundeswehr-Oberst Frank Graefe zur Begründung. "Damals waren wir Feinde, jetzt sind wir Freunde auf derselben Seite." Der Luftwaffen-Kommodore hatte zusammen mit anderen die Idee für die Neuauflage des "Weihnachtswunders". Inspiriert wurde er durch den Spielfilm "Merry Christmas" mit Daniel Brühl über das historische Ereignis.

Die Briten kamen mit den ungewöhnlichen Bedingungen deutlich besser zurecht als die Deutschen. Am Ende stand es 3:0 für sie. Gefeiert wurde trotzdem zusammen. Normalerweise herrscht im Hauptquartier der ISAF striktes Alkoholverbot. Diesmal gab es eine Ausnahme: Sieger und Verlierer durften mit einem Glas Glühwein anstoßen.

Bittere Kriegsrealität

Nur eines fehlte bei der Neuauflage des "Weihnachtsfriedens": Frieden ist am Hindukusch nicht in Sicht. Und einen Waffenstillstand mit den Taliban gibt es über die Feiertage auch nicht. Aber zumindest für 90 Minuten konnten die Soldaten im ISAF-Hauptquartier am Heiligabend die bittere Kriegsrealität verdrängen. Dem stellvertretenden Kommandeur der ISAF, dem deutschen Brigadegeneral Carsten Jacobson, gab das Spiel Hoffnung: "Sport und Sportlichkeit können alle Grenzen überwinden", sagt er. "Sie können alles überwinden, was Menschen trennt."

jj/SC (dpa, rtre)