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Weichen stellen ohne Kursänderung

Kay-Alexander Scholz5. Dezember 2012

Die CDU setzt im Wahljahr 2013 ganz auf ihre Erfolgskanzlerin. Die Christdemokraten appellieren an das Grundvertrauen der Deutschen in die soziale Marktwirtschaft, die mit Angela Merkel eine Renaissance erlebe.

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Angela Merkel vor de Deutschland- und Europafahne (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Einmütig standen die Delegierten des Parteitags in Hannover hinter Angela Merkel, die mit fast 100 Prozent als Vorsitzende der Christdemokratischen Partei Deutschlands (CDU) im Amt bestätigt wurde. Das Vertrauen in Merkels Kurs in der Euro-Krise und der Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft ist ungebrochen. Obwohl ihre zentrale Rede nüchtern und sachlich war, flogen der Kanzlerin die Herzen der Delegierten nur so zu. Es kam gut an, dass sie selbstbewusst die eigene Regierungsmannschaft lobte und signalisierte, sie werde auch in Zukunft alles für das Wohl des Landes und Europas tun.

Auf die Erfolgskanzlerin soll auch das Wahlvolk bauen und bei der nächsten Bundestagswahl im September 2013 die CDU wählen. Angela Merkel will im Wahlkampf weniger mit programmatischen Neuerungen oder einer Reformagenda punkten. Vielmehr sendet sie Signale der Verlässlichkeit. Ihre Botschaft: "Ihr könnt euch auf mich, auf meine Partei und die soziale Marktwirtschaft verlassen."

CDU: Wir stehen für das deutsche Erfolgsrezept

In ihrer Parteitagsrede nahm Merkel mehrmals Bezug auf die erfolgreichen Aufbaujahre nach dem Zweiten Weltkrieg und die deutsch-deutsche Wiedervereinigung. Und heute stehe kaum ein anderes Land in der Welt besser da als Deutschland. Diesen Erfolg des deutschen Wirtschaftsmodells reklamiert Merkel für die Politik der CDU.

Und noch mehr: Die CDU sei auch "die Partei der Zukunft", sagte die Kanzlerin. Der größte politische Gegner, die SPD, sei dagegen "die Partei der Vergangenheit". Die Christdemokraten wollen - so steht es in ihrem in Hannover verabschiedeten Leitantrag "Starkes Deutschland. Chancen für Alle!" - die Weichen bis zum weit entfernten Jahr 2025 stellen. Die Partei unterstreicht darin ihren dauerhaften Anspruch auf das Kanzleramt. Welcher Koalitionspartner auch immer neben ihr Platz nehmen wird. Die Präferenz für die Bundestagswahl 2013 aber ist klar. Die Union will weiter mit der FDP regieren.

Mitglieder des Parteitags (Foto: AFP)
Aussage für da Wahljahr: Die Reihen sind geschlossenBild: John MacDougallAFP/Getty Images

Die zweite Reihe

Kritiker bemängeln die Dominanz der Kanzlerin in der Partei und ihre Nachwuchsarbeit. Hier versuchte der Parteitag gegenzusteuern. Er wählte zahlreiche Frauen, Politiker mit türkischer oder arabischer Abstimmung, aus Ost- und Westdeutschland in den Bundesvorstand. Viele sind zwischen 40 und 50 Jahren alt und damit noch relativ jung.

Merkels Stellvertreter-Riege ist nach Hannover weitgehend neu zusammengewürfelt. Ein Star auf dem Parteitag war die nun stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner. Beim Abendempfang mit der Presse versammelte sich die größte Journalisten-Traube um die attraktive, lebendige und sympathische 39-Jährige. Sie liebt die inhaltliche Auseinandersetzung. Von der rheinland-pfälzischen CDU-Landesvorsitzenden raunte man am Rande des Parteitags, sie könne irgendwann einmal gut in Merkels Fußstapfen passen.

Mit ihren unterschiedlichen Stellvertretern versucht die Partei, ein möglichst breites inhaltliches Profil abzudecken. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen kämpft für einen Mindestlohn und gegen Altersarmut, sie wäre eine Brücke zu den Sozialdemokraten. Armin Laschet zeigte sich als Kämpfer für den Industriestandort Deutschland. Volker Bouffier vertritt den kulturkonservativ geprägten Teil der Partei und sorgte für die Abgrenzung zur Grünen-Partei. Thomas Strobl, ein Schwiegersohn von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, steht für die mittelalten Männer in der CDU, von der unter Merkel nicht mehr viele übrig geblieben sind.

Bundeskanzlerin Merkel neben CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe (links) und Parteivize Volker Bouffier (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Merkel neben CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe (links) und Parteivize Volker BouffierBild: picture-alliance/dpa

Keine inhaltlichen Veränderungen

Familien- und gesellschaftspolitisch hat die CDU in Hannover die in den eigenen Reihen aufgeflammte Wertediskussion über Modernität und Konservatismus der Partei zwar fortgesetzt, aber keine Kursänderung vorgenommen. Abgelehnt wurde ein intensiv diskutierter Vorstoß zur steuerlichen Gleichstellung von so genannten "Homo-Ehen". Dem Wunsch nach einer besseren Anerkennung von Mütter-Zeiten bei der Rente wird nun nachgegangen - aber nur schrittweise. Bei der Frage nach einer Frauen-Quote sagte Merkel zwar, sie habe langsam keine Geduld mehr mit den Betrieben, die freiwillig die Zahl der weiblichen Führungskräfte nicht ausreichend erhöhen wollten. Doch eine feste Quote kündigte sie nicht an; es bleibt bei der sogenannten Flexi-Quote.

Die CDU möchte, so steht es in ihrem Leitantrag, Deutschland zukunfts- und demografiefest machen. Merkel, CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, hoben in ihren Reden deshalb die Themen Forschung, Bildung und Integrationspolitik besonders hervor. Aber auch damit setzt die CDU keine neuen Akzente in ihrer Programmatik. Denn diese Schwerpunkte lassen sich in Merkels Regierungsarbeit seit dem Beginn ihrer Kanzlerschaft im Jahr 2005 verfolgen.

Der Hannoveraner Parteitag der CDU propagierte Stabilität in der Partei und im Land. Experimente soll es keine geben. Diese Strategie könnte aufgehen, glaubt man den Demoskopen, die weiterhin hohe Zustimmungswerte für Merkel als Kanzlerin und ihre Partei messen. Dennoch könnte es auch anders kommen. Sollte sich die Eurokrise noch einmal verschärfen und auf die deutsche Wirtschaft durchschlagen, dann könnte die Weiter-so-Strategie beim Wähler schnell an Attraktivität verlieren. Doch selbst diese Situation würde nicht unbedingt einen Machtverlust für Merkel bedeuten. Denn sie hat sich in den vergangenen Jahren in weiten Teilen der Bevölkerung den Ruf einer guten Krisenmanagerin erarbeitet.