1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Was bringt die Pkw-Maut?

Jennifer Fraczek12. August 2013

Die Pkw-Maut gilt in vielen Ländern als Erfolgsmodell, in Deutschland ist sie umstritten. Doch angesichts maroder Straßen und Brücken, für deren Sanierung Milliarden nötig sind, ist sie jetzt wieder in der Diskussion.

https://p.dw.com/p/19OFK
Ein Verkehrsschild steht an einer Zufahrtstraße zum mautpflichtigen Warnowtunnel in Rostock (Foto: dpa)
Pkw-MautBild: picture-alliance/dpa

Viele Straßen und Brücken in Deutschland sind marode. Für Sanierungen, Aus- und Neubau werden mehrere Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich benötigt. Geht es nach der Christlich-Sozialen Union (CSU) in Bayern, soll eine Pkw-Maut das dafür notwendige Geld in die Kassen spülen. CSU-Parteichef Horst Seehofer will die deutschen Autofahrer jedoch schonen und fordert deswegen eine "Ausländer-Maut". Deutsche Autofahrer müssten schließlich in anderen europäischen Ländern auch Maut zahlen.

Tatsächlich werden in fast allen EU-Staaten Straßennutzungsgebühren erhoben - in unterschiedlicher Form. Grundsätzlich gibt es zwei Ansätze: Die Vignette, eine Pauschalnutzungsgebühr für einen bestimmten Zeitraum, und die streckenbezogene Gebühr. Die Vignette wird zum Beispiel in Österreich benutzt, pro Jahr kostet sie rund 80 Euro. In Italien und Frankreich wird überwiegend streckenbezogen abgerechnet, das heißt: Gezahlt wird für die Distanz, die auf der Autobahn gefahren wurde.

"Nicht gut gewirtschaftet"

Der Unterschied zu Deutschland: Viele Autobahnen und Schnellstraßen werden in diesen Ländern privat finanziert. Die privaten Betreiber decken durch die Maut ihre Kosten, etwa für Ausbesserungsarbeiten. Das Geld fließt also ohne Umwege in den Straßenbau.

Otto Saalmann, ADAC-Sprecher (Foto: ADAC)
Otto Saalmann: Deutsche Autofahrer zahlen schon genugBild: adac

In Deutschland gibt es einzelne Strecken, die privatwirtschaftlich betrieben werden und mautpflichtig sind, zum Beispiel der Warnowtunnel in Rostock. Durchgesetzt hat sich das aber bislang nicht. Dafür, dass Straßen, Brücken, Bahnstrecken und Wasserwege gut in Schuss sind, ist also der Staat verantwortlich. Deutsche Autobesitzer zahlen dafür Steuern. Kritiker der Pkw-Maut werfen den Verantwortlichen vor, dass sie mit den vorhandenen Geldern nicht gut wirtschaften.

"Der deutsche Autofahrer zahlt jährlich 53 Milliarden Euro in die Staatskasse an Mineralöl-, anteiliger Mehrwert- und Kfz-Steuer. Aber nur 19 Milliarden fließen in den Straßenbau und Straßenerhalt", sagt Otto Saalmann vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC). Nicht Geld fehle, sondern "der politische Wille, es richtig zu verteilen".

Anton Hofreiter, Grünen-Politiker und Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages, sieht das ähnlich. Pro Jahr würden von Bund, Ländern und Kommunen etwa 20 Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur ausgegeben. Dabei würden jedoch "gigantische Summen verschwendet".

Hofreiter hält die Pkw-Maut zudem für ungerecht. "Das einzige Modell, das technisch schnell umsetzbar wäre, wäre die Vignette. Dieses Modell halte ich aus ökologischer Sicht für schlecht und außerdem für sozial ungerecht", sagt er. Denn Wenig- und Vielfahrer würden gleich viel bezahlen, ebenso wie Fahrer von großen und kleinen Autos.

Was bringt die Maut?

Allerdings gibt es in Deutschland ein System, das diese Punkte berücksichtigt. Die Lkw-Maut, 2005 eingeführt, wird streckenbezogen erhoben und berechnet Größe und Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge mit ein. Sie hat dem Staat bisher Einnahmen von rund 30 Milliarden Euro gebracht.

LKWs passieren eine Maut - Kontrollbruecke auf der Autobahn 3 bei Düsseldorf (Foto: AP)
Seit 2005 gibt es eine Straßennutzungsgebühr für Lkw in DeutschlandBild: AP

Wie viel Geld würde nun eine Pkw-Maut bringen? Laut einem Gutachten, an dem unter anderem der Maut-Dienstleister Ages mitgearbeitet hat, wären es rund vier Milliarden Euro jährlich, bei einer Beschränkung auf ausländische Autofahrer 700 Millionen Euro. Der ADAC hat eigene Berechnungen angestellt und kommt bei einer "Ausländer-Maut" auf 225 Millionen Euro. Saalmann sagt: "Das würde unter Umständen mehr kosten, als es einbringt."

Es gibt zudem große Zweifel, dass eine "Ausländer-Maut" sich durchsetzen ließe. So etwas sei weder nach deutschem noch nach EU-Recht möglich, glaubt der Grünen-Politiker Hofreiter.

Professor Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen (Foto: Michael Schreckenberg)
Verkehrs-Experte Michael Schreckenberg sieht keine Alternative zur Pkw-MautBild: Michael Schreckenberg

Der Verkehrsforscher Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen teilt diese Einschätzung. Insgesamt sieht er aber zu einer Pkw-Maut keine Alternative. "Unser Straßennetz, insbesondere das der Bundesfernstraßen, ist in der Zwischenzeit marode geworden. In den vergangenen zehn bis 20 Jahren hätte man massiv sanieren müssen, insbesondere bei den Brücken." Fast die Hälfte der Brücken sei sanierungsbedürftig, 20 Prozent der Autobahnen, 40 Prozent der Bundesstraßen. Das werde sich nicht anders als mit einer Pkw-Maut finanzieren lassen.