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Swasiland wählt

Julia Hahn1. Oktober 2013

In Afrikas letzter absoluter Monarchie wird gewählt. Doch Hoffnungen auf Wandel in Swasiland gibt es nicht. König Mswati III. regiert wie ein Diktator - und die Welt bekommt vor allem eines zu sehen: viele bunte Bilder.

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König Mswati III. von Swasiland marschiert 2008 mit Häuptlingen während des alljährlichen Schilftanzes (Foto: dpa)
König Mswati III. (mitte) beim traditionellen "Schilf-Tanz"Bild: picture-alliance/dpa

Sie singen und tanzen für ihren König: Tausende junge Frauen, barbusig, mit knappen Röcken und viel Schmuck in den Nationalfarben blau, gelb und rot. Monarch Mswati III. thront auf einem verzierten Stuhl und beobachtet das Schauspiel. In seinem Haar stecken drei rote Federn - das Symbol seiner Monarchie. Tanzaufführungen wie diese sind Tradition in Swasiland, Videos stehen auf YouTube, denn die Folklore ist längst zur Touristenattraktion geworden.

Nach einer ähnlichen Veranstaltung hat König Mswati III. am Wochenende vor den Wahlen entschieden, seinen Harem zu erweitern: Eine 18-Jährige, die gerade mit der Schule fertig ist, soll Ehefrau Nummer 15 werden. Was Mswati wünscht, wird gemacht. Der 45-Jährige regiert das kleine Land zwischen Südafrika und Mosambik seit 27 Jahren und daran sollen auch die Parlamentswahlen am Freitag (20.09.2013) nichts ändern.

Frauen beim traditionellen "Reed Dance" ("Schilfrohr-Tanz") in Swasiland 2012 (Foto: AFP)
Frauen tanzen beim "Reed Dance" ("Schilfrohr-Tanz")Bild: Claudine Renaud/AFP/GettyImages

Auswahl statt Wahl

"Wir leben in einer absoluten Monarchie, denn alle Macht geht vom König aus", kritisiert Maxwell Dlamini, Generalsekretär des "Swaziland Youth Congress", einer Jugendorganisation, die sich für einen demokratischen Wandel im Land stark macht. "Das Volk wird in diesem Prozess doch nur benutzt, um der internationalen Gemeinschaft vorzugaukeln, dass wir in Swasiland glaubwürdige Wahlen haben", sagt Dlamini.

Mit Demokratie nach westlichem Verständnis haben die Wahlen tatsächlich kaum etwas zu tun: Politische Parteien sind verboten. Die größte Oppositionspartei "Pudemo" ließ der König gar als "terroristische Organisation" einstufen. Sie agiert im Untergrund und aus dem südafrikanischen Exil. Bei den Wahlen treten die Abgeordneten als unabhängige Kandidaten an und werden von - zumeist königstreuen - lokalen Führern unterstützt.

Maxwell Dlamini, Generalsekretär des "Swaziland Youth Congress" (Foto: )
Demokratie-Aktivist Maxwell DlaminiBild: CC BY-SA 3.0

Zehn der insgesamt 65 Parlamentarier werden von Mswati direkt ernannt, aber auch alle anderen Kandidaten brauchen seine Zustimmung. Außerdem bestimmt der König zwei Drittel des Senats, den Premierminister, das Kabinett und die obersten Richter. Das Parlament hat kaum Befugnisse - der König ist Exekutive, Legislative und Judikative in einer Person.

Widerstand wird unterdrückt

Seit 1815 ist Swasiland eine Monarchie und das ist tief in Tradition und Kultur der Bevölkerung verwurzelt. Gern inszeniert sich Mswati als spiritueller Führer seiner rund 1,2 Millionen Untertanen. Anfang September rief er die "monarchische Demokratie" in seinem Land aus. Diese Anweisung habe er von Gott bei einem Gewittersturm erhalten. Einer seiner Sprecher verkündete später die "Hochzeit zwischen dem Monarchen und der Wahlurne".

Widerstand ist zwecklos, das musste Aktivist Maxwell Dlamini am eigenen Leib erfahren. "Der König ist nicht offen für Kritik aus dem Volk, deshalb werden immer wieder Menschen willkürlich festgenommen, gefoltert oder gezwungen ins Exil zu gehen", sagt er. Er selbst sei gerade wieder auf Kaution frei. "Es waren zwei völlig abstruse Anschuldigungen, wegen denen ich im Gefängnis saß". Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert immer wieder Menschenrechtsverletzungen in Swasiland: Journalisten und Kritiker des Königs werden eingeschüchtert, verfolgt, weggesperrt.

Maxwell Dlamini hatte bereits im April 2011 Demonstrationen gegen den König organisiert. Es waren keine Massen, die damals auf die Straße gingen, aber die ersten Proteste überhaupt - inspiriert von den Umbrüchen in Nordafrika. Einer der Hauptkritikpunkte: die Armut und Perspektivlosigkeit im Land. Denn König Mswati kontrolliert den Staat nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich. "Er bezeichnet sich selber als Besitzer des Landes", erklärt Marcus Schneider, der für die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung die Politik in Swasiland verfolgt. "Der König verwaltet 60 Prozent des Landes selbst. Dort lebt die Landbevölkerung, das sind drei Viertel aller Swasis und diese Leute haben keinerlei Eigentumsanspruch auf das Land". Die Menschen könnten jederzeit von Grund und Boden vertrieben werden, so Schneider.

Karte von Swasiland und seinen Nachbarstaaten (DW Infografik)

Luxus-Wahn im Pleite-Staat

Swasiland gehört zu den zehn ärmsten Nationen der Welt, zwei Drittel der Menschen leben von weniger als einem US-Dollar am Tag. Finanziell hängt der Staat von Überweisungen aus dem Ausland ab, vor allem aus Südafrika. Das Exportgeschäft mit dem Zucker leidet unter sinkenden Weltmarktpreisen. Korruption grassiert im Land, fast jeder Dritte ist mit HIV infiziert - so viele wie nirgends sonst auf der Welt.

Im krassen Gegensatz dazu steht das Luxusleben des Königs - er besitzt 13 Paläste, einen Privatjet, eine Maybach-Limousine. Auf der Liste der reichsten Monarchen der Welt des amerikanischen Magazins "Forbes" steht Mswati III. auf Platz 15. Doch warum wird international so wenig gesprochen über Swasiland? "Es gibt wenige Staaten, die hier Wirtschaftsinteressen verfolgen. Das Land ist klein und international nicht präsent", sagt Marcus Schneider. "Gleichzeitig gibt es zwar eine brutale Diktatur - die ist dann allerdings wiederum nicht so brutal, dass sich Bilder produzieren lassen, die für Aufregung sorgen. Darum ist diese Krise international sehr wenig präsent."

Ein HIV-Patient in Swasiland bekommt antiretrovirale Medikamente (Foto: dpa)
Höchste HIV-Rate weltweit: Jeder Dritte ist infiziertBild: picture alliance/dpa

Sehr genau beobachtet wird der kleine Nachbar allerdings in Südafrika. Die Wirtschaftsmacht könnte diplomatischen Druck ausüben, wolle jedoch die Stabilität in der Region nicht gefährden, sagt Schneider. Er rechnet damit, dass die Mehrheit der Swasis am Freitag nicht an die Urnen geht - zumal die Opposition zu einem Boykott der Wahlen aufgerufen hat.