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Wahlen in Nepal von Gewalt begleitet

19. November 2013

Nach Jahren des politischen Chaos haben die Nepalesen eine neue verfassungsgebende Versammlung gewählt. Trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen explodierte am Morgen eine Bombe in der Nähe eines Wahllokals in Kathmandu.

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Nepalesen warten in einer Schlange vor einem Wahllokal in Kathmandu (Foto: PRAKASH MATHEMA/AFP/Getty Images)
Bild: PRAKASH MATHEMA/AFP/Getty Images

Rund 12,5 Millionen Menschen waren in Nepal aufgerufen, eine neue verfassungsgebende Versammlung zu bestimmen. Kandidaten aus insgesamt 122 Parteien stehen für die 601 Sitze zur Wahl. Die Abgeordneten sollen in den nächsten Monaten ein Grundgesetz ausarbeiten. Zugleich fungiert die Versammlung als Parlament und soll eine neue Regierung aufstellen.

200.000 Sicherheitskräfte bewachten die Wahllokale in dem Himalaya-Staat, weil zahlreiche Ausschreitungen befürchtet wurden. Nur wenige Stunden nach Öffnung der Wahllokale explodierte in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu eine Bombe. Drei Menschen wurden verletzt, darunter auch ein Kind, wie die Polizei mitteilte. Zahlreiche Menschen hätten vor einem Wahllokal im Zentrum Kathmandus Schlange gestanden, als die Bombe explodiert sei. In mehreren Städten kam es außerdem zu Zusammenstößen zwischen Anhängern verschiedener Parteien.

Wahl vor fünf Jahren blieb ohne Erfolg

Die Wahl ist erst die zweite seit Ende des zehn Jahre dauernden Bürgerkriegs im Jahr 2006, in dem Maoisten gegen die Monarchie in Nepal kämpften. Die Abstimmung gilt deshalb als wichtige Etappe im Friedensprozess. In dem Bürgerkrieg sollen laut Schätzungen mehr als 14.000 Menschen getötet worden sein. Die Maoisten legten schließlich die Waffen nieder und gewannen 2008 die Parlamentswahl. Allerdings scheiterte die damals gewählte Versammlung am Streit der politischen Parteien, die sich nicht auf eine Regierungsform einigen konnten. Strittig war vor allem, wie viel Macht der Präsident und der Premierminister bekommen und in wie viele Bundesländer Nepal aufgeteilt werden soll. Im vergangenen Jahr wurde das Parlament aufgelöst. Seitdem befindet sich Nepal in einer politischen Krise. Eine Beruhigung trat erst im März dieses Jahres ein, als eine Interimsregierung von Technokraten eingesetzt wurde.

Bei der aktuellen Abstimmung werden den Maoisten erneut die größten Chancen eingeräumt - daneben auch der sozialdemokratischen Kongresspartei und den Marxisten-Leninisten der UML. Die drei großen Parteien des Himalaya-Staates schickten fast dieselben Spitzenkandidaten ins Rennen wie vor fünf Jahren. "Wir haben schon Erfahrung, wir fangen nicht wieder von null an", begründete das eine der Anführerinnen der Maoisten, Hisila Yami. Sie war bereits Ministerin und Premierministergattin. 33 Splitterparteien boykottierten die Abstimmung. Sie forderten die Menschen auf, der Wahl fern zu bleiben.

Wahlen in Nepal

Jimmy Carter führt Wahlbeobachterteam in Nepal an

Neben den Repräsentanten der großen Parteien gibt es auch zahlreiche unabhängige Kandidaten, die für einen anderen Politikstil eintreten. So etwa der IT-Unternehmer und Öko-Bauer Ujwal Thapa. Er kritisierte die drei großen Parteien als "Politikkartell". Viele Menschen seien frustriert angesichts anhaltender Korruption der alten Kader. "Wir sind es leid, nur zuzugucken und zu warten, bis sich endlich was ändert", so der unabhängige Kandidat.

In den vergangenen beiden Monaten hatten mehrere Gewalttaten Nepal erschüttert, Politiker wurden mit Steinen attackiert, ein Kandidat wurde erschossen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte eindringlich an Regierung und Parteien appelliert, die Wahlen friedlich abzuhalten. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter ist als Wahlbeobachter nach Nepal gereist. Der 89-Jährige führt nach Angaben des Carter Centers eine 50-köpfige Delegation an. Carter war bereits während der Wahlen 2008 in dem Himalayastaat.

Eine Nepalesin mit einem Wahlzettel an einem Wahllokal (Foto: PRAKASH MATHEMA/AFP/Getty Images)
Nur jeder zweite Erwachsene in Nepal kann lesen und schreiben - und damit auch die Wahlzettel ausfüllenBild: PRAKASH MATHEMA/AFP/Getty Images

Eines der ärmsten Länder der Welt

Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 388 US-Dollar ist Nepal eines der ärmsten Länder der Welt. Etwa 50 Prozent der Erwachsenen können weder lesen noch schreiben. Der Bürgerkrieg zwischen maoistischen Rebellen und den Truppen des Königs Gyanendra hatte jahrelang die Wirtschaftsentwicklung blockiert. Die Monarchie kippte dann 2007 - nach 240 Jahren.

Etwa 80 Prozent der Nepalesen bekennen sich zum Hinduismus, zehn Prozent sind Buddhisten.

kis/se (dpa, afp)