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Polit-Aschermittwoch in Deutschland

18. Februar 2015

Flüchtlinge in der Bundesrepublik, der Umgang mit Langzeitarbeitslosen und Alleinerziehenden, aber auch das Thema Mindestlohn - genug Zündstoff für schrille Töne zum politischen Aschermittwoch.

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Horst Seehofer mit Bierkrug (Foto: picture-alliance/dpa/P. Kneffel)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Aus Sicht des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ist für Menschen, die dem Elend und der Armut in ihrer Heimat entfliehen, kein Platz in Deutschland. Vor tausenden Anhängern in Passau sagte der bayerische Regierungschef: "Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt."

Auch wolle er sich dafür einsetzen, dass abgelehnte Asylbewerber aus dem Balkan konsequent abgeschoben würden. Im Kosovo und Albanien gebe es keine politische Verfolgung. An diese Menschen sollten vielmehr Sachleistungen ausgegeben werden, statt wie bisher Geld, denn "Geldleistungen seien ein Anreiz". Grundsätzlich meinte Seehofer zur Integration von Ausländern: "Wer bei uns leben will, muss mit uns leben und nicht neben uns und schon gar nicht gegen uns."

"Rechts von uns keine demokratisch legitimierte Partei"

Auch seien jährlich eine Million Zuwanderer in die Bundesrepublik genug. Zu dem auch von CDU-Generalsekretär Peter Tauber geforderten Einwanderungsgesetz sagte Seehofer, solange er politisch etwas zu sagen habe, werde es mit der CSU kein solches Gesetz geben. Der bayerische Ministerpräsident verteidigte in Passau zugleich das Vorgehen der bayerischen Behörden gegen Asylbewerber aus dem Kosovo, die beschleunigt wieder abgeschoben werden. Der bayerische Ministerpräsident versucht auf diese Weise, der nationalkonservativen Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) ihre Anhänger abzugraben. Diese hatte bei den vergangenen Wahlen in Hamburg einen Erfolg verbucht, die CSU-Schwesterpartei CDU hingegen eine historische Schlappe erlitten. Seehofer betont ausdrücklich: "Rechts von uns wird es auf Dauer keine demokratisch legitimierte Partei geben."

Ähnlich scharf zeigte sich auch der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber. Er stellt sich in der Integrationsdebatte offen gegen Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Muslime gehörten "zu uns in Deutschland", doch den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" mache er sich auf keinen Fall zu eigen. "Der ist so falsch." Er fordert in Deutschland lebende Islamisten auf, sich an die bestehenden Gesetze zu halten. "Hier gibt es kein Kalifat. Wer es errichten will, muss raus."

Edmund Stoiber (Foto: picture-alliance/dpa/P. Kneffel)
Edmund Stoiber kontert gegen Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Kritik von Grünen-Chef Özdemir

Derartige Parolen kritisierten die Grünen scharf, denn sie seien schon von der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) plakatiert worden. Grünen-Chef Cem Özdemir attestierte der CSU Hartherzigkeit gegenüber Menschen, die aus Not Zuflucht im reichen Deutschland suchten. Jammern über fehlende Unterkünfte für Asylbewerber sei unangebracht, sagte Özdemir beim politischen Aschermittwoch seiner Partei in Landshut. "Die eigentlichen Probleme hätten Bürgermeister im Libanon, in Jordanien oder der Osttürkei. "Die würden sich die Probleme, die wir hier haben, wünschen."

Im nordrhein-westfälischen Essen rief Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD zum Beginn der Fastenzeit zu mehr menschlicher Zuwendung für Benachteiligte auf. "Ich werbe dafür, dass wir dafür überall Türen und Fenster für Teilhabe aufreißen." Dabei gehe es ihr nicht nur um Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchten. Auch Langzeitarbeitslose, Senioren oder Alleinerziehende müssten Chancen erhalten, die ihnen Würde und Zukunft ermöglichten.

Merkel gegen zuviel Bürokratie beim Mindestlohn

Am Abend trat dann Bundeskanzlerin Merkel beim politischen Aschermittwoch ihrer Partei auf. Dabei kündigte sie an, den zu Jahresbeginn eingeführten Mindestlohn von Bürokratie entlasten zu wollen. "Wir alle sind für den Mindestlohn. Aber nach Ostern müssen wir anschauen: Wo ist zu viel Bürokratie? Und dann muss die große Koalition handeln", sagte sie in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Das habe sie auch mit Ministerin Andrea Nahles besprochen. In allen Teilen Koalition bestehe Bereitschaft dazu. Die Regierung müsse darauf achten, dass etwa Hotelbesitzer und Ehrenamtliche nicht übermäßig beansprucht würden.

In CDU und CSU werden vor allem die Dokumentationspflichten kritisiert. Hierbei geht es um die Pflicht der Unternehmen, Beginn und Ende der Arbeitszeit der Beschäftigten genau zu erfassen. Vorgegeben ist dies für neun Branchen, etwa das Baugewerbe, und für Minijobber außer in Privathaushalten. SPD und Gewerkschaften warnen davor, den Mindestlohn durch zu lasche Regeln faktisch auszuhebeln.

pab/sti (dpa, kna, apd, afp)