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Von der Familie lernen

15. April 2009

Familienunternehmen haben die Finanzkrise zum großen Teil bisher erstaunlich gut überstanden. Wie sieht ihr Erfolgsfaktor aus? Ein Porträt der erfolgreichen deutschen Möbelkette POCO.

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Eine Verkaufshalle des Discounters (Foto: POCO)
Eine Verkaufshalle des DiscountersBild: Poco-Domäne

Nicht nur im Nahrungsmittelbereich sind Discounter gefragter denn je, auch im Bereich Wohnen bauen Discounter ihren Kundenstamm aus. Wie das Familienunternehmen Poco-Domäne in Bergkamen. Poco ist ein Möbeldiscounter für Familien mit bis zu 2500 Euro Bruttoeinkommen. Mehr als zwei Drittel aller deutschen Haushalte gehören zu dieser Zielgruppe. Ein lohnender und wachsender Markt.

Peter Pohlmann, Chef der Möbelkette (Foto: POCO)
Peter Pohlmann, Chef der MöbelketteBild: Poco-Domäne

Vor 20 Jahren gründete Peter Pohlmann das Unternehmen. Heute erwirtschaften rund 5000 Menschen in über 80 Märkten einen Umsatz von 800 Millionen Euro. Von der Krise merkt er bisher nichts. "Wir haben in den ersten drei Monaten sogar ein Wachstum von über 10 Prozent", berichtet der Firmengründer.

Solides Wirtschaften

Natürlich rechnet auch Poco damit, die Auswirkungen der Finanzkrise zu spüren. Allerdings erst im 2. Halbjahr 2009. Wirklich Sorgen macht sich Peter Pohlmann deswegen jedoch nicht. Denn er hat sicher gewirtschaftet, war immer mit 30 Prozent Eigenkapital am Unternehmen beteiligt und investierte den Gewinn sofort wieder ins Unternehmen. Von spekulativen Geschäften hielt er sich fern. "Es ist eine goldene Regel bei uns, dass erst immer dann investiert wird, wenn wir vorher verdient haben."

Auch andere Familienunternehmen legen großen Wert auf sicheres Wirtschaften. So betonte August Oetker, dass er froh sei, dass sich sein Unternehmen nie von der Börse oder Banken abhängig gemacht habe. "Über die persönliche Haftung wird der private Gewinn dem Unternehmen untergeordnet. Das ist ein Erfolgsfaktor fürs langfristige Überleben von Familienunternehmen", meint auch der Wirtschaftswissenschaftler Tom Rüsen vom Institut für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke.

Die liebe Familie

Um sicher zu stellen, dass sein Lebenswerk in seinem Sinne fortgeführt wird und das Unternehmen nicht von den Erben zerstückelt wird, hat Peter Pohlmann eine elegante Lösung gefunden. "Ich habe Familie und Unternehmen getrennt. Das Firmenvermögen ist in der Peter Pohlmann Stiftung gesichert. Es kann nicht mehr entnommen werden für private Zwecke, es kann nur noch zum weiteren Ausbau des Unternehmens verwendet werden."

Die Stiftung wird von den drei Kindern von Peter Pohlmann kontrolliert. Diese Lösung hat den Vorteil, dass die Kinder nicht in die Fußstapfen des Vaters treten müssen. Sie können beruflich das tun, was sie am besten können – auch außerhalb von Poco. Poco kann von den bestqualifizierten Menschen am Markt geleitet werden und wettbewerbsfähig bleiben. Dennoch wird die Familie durch die Stiftung immer das entscheidende Wort mitreden. Diese Stiftungslösung zur langfristigen Sicherung des Unternehmens wird in Deutschland immer beliebter.

Gefragte Arbeitgeber

Die Krisensicherheit der Familienunternehmen kommt auch bei den Mitarbeitern gut an. Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Weissman & Cie würden 46 Prozent gerne bei einem familiengeführten Unternehmen arbeiten, nur 20 Prozent würden eine Stelle bei einem börsennotierten Konzern vorziehen.

Anja Jäckel, Mitarbeiterin im Familienbetrieb (Foto: POCO)
Anja Jäckel, Mitarbeiterin im FamilienbetriebBild: Poco-Domäne

Anja Jäckel, Hausleiterin von Poco Dortmund hat sich ebenfalls bewusst für ihre Stelle bei Poco entschieden: "Ich habe vorher bei einer amerikanischen Kette gearbeitet, wo man nie sicher ist. Denn die entscheiden, ob ein Markt zugemacht wird. Das habe ich leider auch erlebt. Hier bei Poco fühle ich mich sicher." Dazu sind Mitarbeiter oft motivierter, da sie in Familienunternehmen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten sehen und die Entscheidungswege dort kürzer sind.

Zukunftsfähiges Wirtschaften

Von Familienunternehmen lässt sich lernen. Um ein krisenresistenteres Wirtschaftssystem zu schaffen, müsse es gelingen, das Management börsennotierter Unternehmen stärker in die Haftung für ihre Entscheidungen zu nehmen, meint Thorsten Groth vom Wittener Institut für Familienunternehmen. Zugleich müssten Anreize geschaffen werden, die eine langfristig erfolgreiche Existenzsicherung höher bewerten als kurzfristige, profitgetriebene Existenzgefährdung.

Autorin: Monika Sax

Redaktion: Sabrina Scholz

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