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Virtual Reality-Brille im Eigenbau

Michael Böddeker25. Dezember 2013

Virtual Reality-Brillen waren bisher kompliziert und teuer. Die Erfindung eines kreativen Informatikers macht Ausflüge in virtuelle Welten nun für jeden erschwinglich - dank einer selbstgebauten 3D-Brille.

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Selbstgebaute Virtual Reality-Brille (Foto: DW/Michael Böddeker).
So sieht sie aus, Virtual Reality-Brille Marke Eigenbau ausBild: DW/M. Böddeker

Mit seiner großen Virtual Reality-Brille vor den Augen sieht der Mann in dem Youtube-Video etwas seltsam aus. Wie eine große Skibrille bedeckt sie sein komplettes Sichtfeld. Er selbst erlebt gerade die virtuelle Welt des Computerspiels "Quake 2". Er läuft durch ein düsteres, dreidimensionales Labyrinth und schießt auf digitale Monster. Wenn er seinen Kopf zur Seite dreht, merken das die Bewegungssensoren in der Brille und passen den Blickwinkel auf dem kleinen Bildschirm vor seinen Augen sofort an. So entsteht für ihn das Gefühl, sich mitten in der Welt des Spiels zu befinden.

Der Mann in dem Video heißt Stefan Welker. Ein Bonner Informatiker, von dem die Idee für die preiswerte Virtual Reality-Brille stammt. Der wichtigste Bestandteil dabei ist ein modernes Smartphone. Denn es erfasst die Kopfbewegungen des Trägers, berechnet die passenden Bilder für jedes Auge und dient gleichzeitig als Display.

Damit die Illusion gelingt, muss das Smartphone im Abstand von ein paar Zentimetern vor den Augen am Kopf fixiert werden. Zusätzlich kommen zwischen die Augen und den kleinen Bildschirm außerdem noch zwei Linsen, die das Bild dann vergrößern. Im Internet gibt es mehrere Konzepte für solche Halterungen - aus Holz, Pappe oder Lego.

Die Brille aus dem 3D-Drucker

Ein ganz genau passendes Brillengehäuse lässt sich mithilfe eines 3D-Druckers herstellen. Die dafür benötigte Datei hat Stefan Welker frei ins Internet gestellt - jeder kann sie herunterladen und ausdrucken.

3D-Drucker der Stadtbibliothek Bonn (Foto: DW/Michael Böddeker).
Rund acht Stunden dauert es, bis das Brillengestell aus dem 3D-Drucker fertig istBild: DW/M. Böddeker

Einen 3D-Drucker hat heute zwar noch kaum jemand zu Hause, es gibt aber einige öffentlich nutzbare Geräte. Ein solcher Drucker steht zum Beispiel in der Stadtbibliothek Köln.

Der "Makerbot Replicator 2" funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie eine Heißklebepistole: Kunststoff wird durch Erhitzen flüssig gemacht und aus einer Düse gepresst. Die Düse bewegt sich schnell über eine Platte, so wie die Druckdüse in einem Papierdrucker. Beim Abkühlen härtet der Kunststoff aus. So entsteht - Schicht für Schicht - jede beliebige Form. Stefan Welker zufolge dauert der Druck der Brille etwa acht Stunden.

Das Zusammensetzen der ausgedruckten Einzelteile geht dann ziemlich schnell. Die dazu passenden Linsen und das Gummiband kann man im Internet bestellen.

Abgesehen vom Smartphone sind die Bestandteile der Brille damit sehr günstig und die Virtual Reality-Apps laufen schon auf vielen gängigen Smartphones. In einer App erlebt man so eine Achterbahnfahrt, in anderen fährt man Autorennen oder gleitet einen Berghang hinab. Immer erlebt man das Spiel so, als befände man sich mittendrin. Jede noch so kleine Kopfbewegung wird vom Smartphone registriert und verarbeitet.

Die Virtual Reality-Brille in Benutzung (Foto: DW/Michael Böddeker).
Um in virtuelle Welten abzutauchen, dient das eigene Smartphone als BildschirmBild: DW/M. Böddeker

Und das muss ganz besonders schnell gehen. Denn jede Verzögerung hätte unangenehme Auswirkungen, sagt der Kölner Informatiker Ulrich Lang: "Der Effekt beim Menschen kann durchaus ganz massiv sein, wie bei der Seekrankheit."

Im direkten Vergleich mit der teuren Hightech-Variante

Die Informatiker der Uni Köln hatten nun Gelegenheit zum direkten Vergleich: Neben Welkers Brille Marke Eigenbau stand ihnen eine Vorab-Version der Virtual Reality-Brille "Occulus Rift" zur Verfügung. Letztere ist unter Computerspielern schon jetzt heiß begehrt - soll aber erst im nächsten Jahr auf den Markt kommen.

Wirtschaftsinformatiker Stefan Zellmann setzt zum Vergleich die selbstgebaute Smartphone-Brille auf und schaut sich in alle Richtungen der virtuellen Welt um: "Wenn man bedenkt, dass das alles in einem Smartphone läuft, ist das schon recht ordentlich. Auch von der Optik her ist es durchaus angenehm." Die Grafik der Occulus Rift sei zwar komplexer - aber da stecke ja immerhin auch ein PC dahinter.

Nicht nur für Spiele, sondern auch für Design und Lehre

Von Computerspielen abgesehen lässt sich mit Virtual Reality noch eine ganze Menge mehr machen. Im professionellen Bereich werden zum Beispiel Modelle von neuen Produkten zunächst virtuell im Computer erstellt. So kann man sie sich schon genau anschauen, bevor ein Prototyp gebaut wird. Architekten können damit ihre virtuellen Gebäude-Entwürfe begutachten.

Für Ulrich Lang ist die virtuelle Realität außerdem ein Mittel, um Schülern und Studenten etwas beizubringen - zum Beispiel im Physikunterricht. Da ließe sich zum Beispiel die Wurfkurve eines Balles darstellen, oder auch 3D-Modelle von Molekülen: "Die Möglichkeiten sind eigentlich ziemlich unendlich."