1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Vertreibung durch Weltbank-Projekte

Sarah Steffen / phi16. April 2015

Mehr als drei Millionen Menschen sollen im vergangenen Jahrzehnt durch Entwicklungsprojekte der Weltbank ihre Heimat verloren haben. Das sagt eine Gruppe investigativer Journalisten. Menschenrechtler sind empört.

https://p.dw.com/p/1F9jy
Armenviertel in Lagos, Nigeria.
Armenviertel in NigeriaBild: picture-alliance/Ton Koene

Dämme, Kraftwerke und andere Entwicklungsprojekte, die von der Weltbank finanziert werden, haben rund 3,4 Millionen Menschen ihr Heim und ihr Land gekostet. Laut den Recherchen eines internationalen Journalisten-Konsortiums sind viele dieser Menschen in ihrer Existenz bedroht.

In Nigeria etwa vertrieb die Regierung Bewohner aus dem Armenviertel Badia East in Lagos, der größten Stadt des Landes. Sie erhielten keine Warnung vor der Räumung und wurden für ihren Verlust nicht entschädigt, so der Bericht des Journalisten-Konsortiums. Oder Kenia: Dort sollen Tausende ihre angestammte Heimat durch ein Waldschutzprogramm verloren haben, das die Weltbank finanzierte. Aus anderen Entwicklungsländern hörte das Team von 50 Journalisten ähnliche Geschichten. Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit langem, dass die Weltbank die Auswirkungen ihrer Projekte nicht ausreichend überprüfe.

"Ernsthafte Mängel"

Die Entwicklungsbank gestand nach einer internen Überprüfung "ernsthafte Mängel bei der Durchführung von Umsiedlungen" ein. Weltbank-Präsident Jim Yong Kim sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Washington, dass man sich in diesem Bereich verbessern müsse. "Wir prüfen derzeit unsere Sicherheitsmaßnahmen und ich bin fest entschlossen, aus der Vergangenheit zu lernen", so Kim. "Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um Menschen und ihre Umwelt zu schützen."

Armenviertel in Lagos, Nigeria. (Photo: AP Photo/Sunday Alamba
Menschen suchen Überreste ihrer Habseligkeiten - zuvor hatten Bulldozer ihre Häuser zerstörtBild: picture alliance / AP Images

Das jedoch sei nicht genug, sagt Jessica Evans, Menschenrechtsaktivistin bei Human Rights Watch (HRW). "Die Weltbank kann nicht einfach nur versprechen, solche Fehler nicht zu wiederholen. Sie müssen die Geschädigten identifizieren und entschädigen", so Evans im DW-Interview.

Zu wenig Kontrolle

Die Weltbank habe bislang nicht herausfinden können, wie viele Menschen durch ihre Projekte geschädigt wurden, sagt Alessandra Masci von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. "Sie überprüfen nicht die Informationen, die sie von den Behörden erhalten, mit denen sie in Nehmerländern zusammenarbeiten." Evans von Human Rights Watch ist der Meinung, dass die Weltbank zu sehr daran interessiert sei, Geld in Projekte zu stecken und zu wenig dafür tue, die Durchführung dieser Projekte zu überwachen.

Landwirtschaft in Burundi,
Wer von der Landwirtschaft lebt, leidet besonders unter UmsiedlungenBild: picture alliance/africamediaonline

Im Falle der Vertreibungen in Nigeria hätte die Weltbank wissen müssen, was passierte, sagt Ashfaq Khalfan, der ebenfalls für Amnesty International tätig ist. "Das war schon einmal passiert in einem Projekt, das die Weltbank finanziert hatte", so Khalfan. "Und trotzdem haben sie noch einmal einen Kredit vergeben, ohne von der Regierung des Bundesstaates Lagos eine Garantie einzuholen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt."

Zweifel bleiben

Deutschland, viertgrößter Geldgeber der Weltbank, fordert von der Institution, bei ihrer Arbeit Menschenrechten Priorität einzuräumen. "Deutschland muss mit anderen Regierungen zusammenarbeiten, um das durchzusetzen", sagt Evans von Human Rights Watch. In einem Bericht im März hatte die Weltbank Fehler eingestanden. Mittlerweile hat sie einen Reformplan vorgelegt. "Wir müssen besser werden und wir werden besser werden", so ein Sprecher gegenüber der DW. Menschenrechtsaktivisten haben jedoch Zweifel. Khalfan von Amnesty International sieht ein grundsätzliches Problem: Die Weltbank stelle Wirtschaftswachstum über Menschenrechte.