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Al-Kaida kämpft mit Milan-Raketen

Alexander Drechsel23. Januar 2014

Mal wieder sind Waffen aus deutscher Produktion in einem Bürgerkrieg aufgetaucht. Im Interview berichtet Jan van Aken, wie er im Norden Syriens alte Raketen vom Typ "Milan" fand.

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Jan van Aken
Bild: Jan van Aken

Deutsche Welle: Herr van Aken, auf Fotos ist zu sehen, wie Sie im Norden Syriens das Abschussrohr einer Panzerabwehrrakete betrachten. Wie kamen Sie nach Nordsyrien?

Jan van Aken: Ich war Anfang Januar mit einer kleinen Delegation im Norden Syriens in den überwiegend kurdisch bewohnten Gebieten unterwegs. Ich wollte mir vor Ort einen Eindruck über die Bürgerkriegssituation verschaffen. Wir haben uns dort auch mit den kurdischen Milizen getroffen, die sich verzweifelt gegen Angriffe von Al-Kaida-Kämpfern und dschihadistischen Gruppen wehren.

Und warum halten Sie in einem Bürgerkriegsland ein Teil einer "Milan"-Rakete in der Hand, einer Waffe die aus deutsch-französischer Produktion stammt?

Während der Gespräche haben wir gefragt, ob die Milizen auch Waffen von Al-Kaida erbeutet haben. Da hieß es dann: Ja, unter anderem Milan! Da horchten wir natürlich auf und wollten die Waffen sehen. Denn anhand der Seriennummer können wir herausfinden, wann die Rakete produziert und an wen die Waffe ursprünglich geliefert wurde. Wir wollten wissen, wie es sein kann, dass eine deutsche Panzerabwehrrakete in den Händen von Al-Kaida ist.

Eindrücke von einer Reise in den Norden Syriens

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Wir haben dann dieses Rohr der Milan-Rakete gesehen und anhand der Daten lässt sich relativ sicher sagen, dass es wahrscheinlich eine Lieferung Ende der siebziger Jahre war, die an Syrien gegangen ist - also an den Vater des heutigen Machthabers Baschar al-Assad. Obwohl Syrien damals im Konflikt mit Israel war, gab es damals diese deutsch-französische Rakete an den syrischen Staat. Mittlerweile haben wir Videos gefunden, die zeigen, wie Dschihadisten vor einigen Monaten ein Depot der syrischen Armee plündern. Dabei sind ihnen wohl diese Milan-Raketen in die Hände gefallen. Inzwischen haben wir noch weitere Videos, in denen man auch neuere Milan-Raketen in der Hand von Al-Kaida sieht, die nun in Syrien damit kämpfen.

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Auch bei der Bundeswehr ist die Panzerabwehr "Milan" im Einsatz.Bild: WikimediaCommons/Stahlkocher

Was wollen Sie unternehmen, damit dieser Waffenfluss aufhört?

Es ist ganz klassisch, dass diese sogenannten Kleinwaffen, also Sturmgewehre oder solche Panzerwaffen, die von ein oder zwei Menschen bedient werden können, dass die von Krieg zu Krieg ziehen. Sie sind klein und handlich. Sie werden auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft. Sie fallen der einen Gruppe in die Hände und dann der nächsten. Das lässt sich überhaupt nicht kontrollieren. Deswegen sage ich: Man darf solche Kleinwaffen überhaupt nicht mehr exportieren, denn in dem Moment, in dem sie die Grenzen Deutschlands verlassen, ist nicht mehr zu kontrollieren, was damit passiert. Und selbst 35 Jahre später können Sie in einem blutigen Bürgerkrieg noch eingesetzt werden. Sie fallen grausamen Menschenfeinden in die Hände. Deshalb die Forderung an die Bundesregierung: Der Export von Kleinwaffen muss sofort verboten werden.

Jan van Aken sitzt für die Oppostionspartei "Die Linke" als Abgeordneter im deutschen Parlament. Der ehemalige UN-Waffeninspektor ist im Bundestag Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.