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USA akzeptieren Assad

Gero Schließ, Washington4. Juni 2014

Die Wahl in Syrien sei eine Schande, sagt die Obama-Regierung. Doch sie tut wenig, um den vermeintlichen Wahlgewinner Assad zu entmachten. Daran wird sich auch nach der Wahl nichts ändern.

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Syrischer Präsident Baschar al-Assad und Ehefrau Asma bei der Stimmabgabe (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/SANA

"Wir hoffen, dass wir einen Weg finden, mit dieser außergewöhnlichen Gewalt fertig zu werden", sagte US-Außenminister John Kerry jüngst bei einer Pressekonferenz im State Department auf die Frage der Deutschen Welle nach der US-Strategie für Syrien. Eine ausweichende Antwort, die für den Nahost-Experten Tony Badran von der Washingtoner Foundation for Defense of Democracies vertraut klingt. Nach drei Jahren Bürgerkrieg, einem abgesagten Luftschlag und dem festgefahrenen Friedensprozess in Genf habe die amerikanische Syrien-Politik bisher keinen Weg aufgezeigt, wie sie der humanitären Katastrophe und der strategischen Herausforderung des syrischen Bürgerkriegs begegnen wolle.

Das werde sich auch nach der Präsidentenwahl nicht ändern, ist Badran überzeugt. US-Präsident Barack Obama werde nach dem allgemein erwarteten Sieg Assads "wahrscheinlich weitermachen wie schon in den letzten zweieinhalb Jahren". Es werde so lange Beratungen, Diskussionen und Analysen geben, bis er die Krise "der nächsten Administration weiterreichen kann". Auch der Nahost-Experte des Washingtoner Thinktanks Brookings Bruce Riedel sagt voraus, dass sich die amerikanische Syrien-Politik "in absehbarer Zukunft nicht ändern wird, zumindest nicht unter Präsident Obama".

Tony Badran, Nahost-Experte der Foundation for Defense of Democracies bei einer Anhörung (Foto: picture alliance/dpa)
Nahost-Experte Tony Badran bei einer Anhörung in WashingtonBild: picture-alliance/dpa

Spielt Obama auf Zeit?

Badran vermutet, dass die Obama-Regierung auf Zeit spielt. "Einige Mitarbeiter des Weißen Hauses haben anonym wissen lassen, dass man keine Eile habe, dass die Rebellen gewinnen und Assad gehen müsse", sagt er der Deutschen Welle. Man wolle sich im Weißen Haus nicht darüber den Kopf zerbrechen, was nach Assad kommt. "Solange wir nicht reingezogen werden, ist es kein Problem", zitiert er einen ungenannten Mitarbeiter.

Die Frage sei, warum es jetzt Wahlen gebe und was das über Assads Entschlossenheit aussage, im Amt zu bleiben, analysiert Bruce Riedel. "Die Botschaft ist, dass Assad bis zum bitteren Ende an der Regierung bleiben will." Der Machthaber wolle den Bürgerkrieg fortsetzen, bis er die Opposition besiegt hat. "Und wenn wir auf das Schlachtfeld schauen, heißt das, der Krieg wird noch Jahre dauern", sagte Riedel der Deutschen Welle.

Bei der US-Regierung stieß die Präsidentenwahl bereits im Vorfeld auf Ablehnung. Assad habe alles getan, "um freie und faire Wahlen in Syrien schwierig, wenn nicht unmöglich zu machen", hieß es im State Department. Und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Wahl sei geeignet, die Lage noch weiter zu verschlechtern und den dringend erforderlichen politischen Prozess zur Lösung der Situation "schwer zu beschädigen".

Militärische Pattsituation

Der internationalen Gemeinschaft sind aber weitgehend die Hände gebunden. "An der militärischen Front haben wir seit drei Jahren eine Pattsituation. Beide Seiten verfügen im Großen und Ganzen über die gleiche Fähigkeiten und können auf starke Bündnispartner verweisen, meint Riedel. Das Assad-Regime habe Iran und Irak, die libanesische Hisbollah und Russland, auf der Seite der Opposition stünden Saudi-Arabien, Jordanien, Katar, die Türkei, Großbritannien "und zu einem gewissen Grad auch die Vereinigten Staaten".

Die USA würden also weiterhin das Assad-Regime verurteilen und der Opposition begrenzte Unterstützung gewähren, "aber es ist nicht in Amerikas Verantwortung, das Assad-Regime loszuwerden. Die überwältigende Mehrheit der Amerikaner sieht das genauso", so Riedel.

In seiner Rede in West Point vor einigen Tagen widmete Obama dem Bürgerkrieg in Syrien denn auch nur wenige Bemerkungen. Hier sei noch einmal deutlich geworden, dass es Obama nicht mehr darum gehe, "dass Assad gehen muss. Das steht nicht mehr im Zentrum des Konflikts", meint Tony Badran. Es gehe jetzt um andere Aspekte des Konflikts wie das "Aufkommen extremistischer Kräfte".

Bruce Riedel, Nahost-Experte des US-Thinktanks Brookings Institution (Foto: Brookings Institution)
Nimmt Obama in Schutz: Bruce RiedelBild: Brookings Institution

"Nichtstun ist unmoralisch"

Damit ist auch klar, dass Obama den Verbleib Assads akzeptiert hat. "Es gibt eine De-facto-Akzeptanz der Tatsache, dass er da ist und nicht weggeht", so Badran. Die Glaubwürdigkeit des Präsidenten stehe auf dem Spiel, weil es sein erklärtes Ziel war, dass es eine Zukunft für Syrien nur ohne Assad gebe. Aber Obama habe "politisch nichts getan, was zu diesem Ergebnis führen würde".

Bruce Riedel hingegen verteidigt den Präsidenten. Er habe von Anfang an gesagt, dass Assad gehen soll, weil er seine Untauglichkeit als Präsident unter Beweis gestellt habe. "Aber der Präsident hat ebenfalls von Beginn an klar gemacht, dass er keine amerikanischen Truppen einsetzen wird. Er hat das letzte Woche in seiner Rede in West Point bestätigt."

Badran fordert dagegen eine "integrierte Strategie" für Syrien, die von militärischem Training und der Überlassung von Geheimdiensterkenntnissen bis hin zu militärischen Schlägen reicht. Nichts zu tun sei eine "unmoralische Politik", die von vielen in den USA heftig kritisiert werde.

USA sollten Freunde schützen

Zugleich sei ein strategisches Element im Spiel: "Wir haben Freunde und Alliierte in der Region, es gibt eine strategische Machtbalance." Der gegnerische Block, der von Staaten wie dem Iran angeführt werde, unterstütze Terror und Umsturz. "Wenn die USA nicht handeln, hat das Auswirkungen auf ihr Ansehen, die verbündeten Staaten und die Machtbalance, die die Freunde schützt."

Der jüngste Selbstmordanschlag im syrischen Bürgerkrieg macht zudem deutlich, dass der Terror auch für die USA immer näher rückt. Der Täter war ein amerikanischer Staatsbürger. Nach Informationen der "New York Times" war er einer von ungefähr 100 US-Kämpfern, die sich zur Zeit in Syrien aufhalten.