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Innenminister auf Auslandsmission

Sven Pöhle12. Juli 2013

In Washington wollte Innenminister Hans-Peter Friedrich US-Regierungsvertretern wegen des NSA-Spähprogramms auf den Zahn fühlen. Konkrete Antworten zu den Spähvorwürfen lassen aber bislang auf sich warten.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich spricht in Washington zur Presse (Foto: REUTERS/Jonathan Ernst)
Bild: Reuters

Unter Freunden müsse man Klartext reden können, hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in einem Interview gesagt, bevor er sich in Washington um Aufklärung in der US-Spähaffäre bemühte.

Bei Friedrichs Treffen im Weißen Haus mit US-Justizminister Eric Holder und mit Lisa Monaco, der für Terrorabwehr zuständigen Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, habe man mehr Transparenz und Information bei Geheimdienstfragen vereinbart, hieß es von Seiten der deutschen Delegation. Friedrich habe auf die "besondere Sensibilität der Deutschen beim Thema Privatsphäre und Datenschutz" hingewiesen. Mit den Spitzen der US-Geheimdienste traf er allerdings nicht zusammen.

Zunächst war Friedrichs Name nicht auf der Passagierliste des Flugs nach Washington. Bis vor wenigen Tagen sollte sich noch eine Delegation auf Unterabteilungsleiter-Ebene in Washington über das US-Spähprogramm PRISM informieren. Schließlich entschied sich der Minister, zu dessen Ressort auch der deutsche Inlandsnachrichtendienst gehört, doch anders. Er wolle das erschütterte Vertrauen wieder herstellen und deutlich machen, dass eine flächendeckende Überwachung aller Kommunikationsinhalte nicht verhältnismäßig sei, erklärte Friedrich.

Wahlkampfthema US-Spähaffäre

Auch mehrere Wochen nach den ersten Veröffentlichungen geheimer NSA-Berichte beherrscht die Debatte über die Rolle westlicher Geheimdienste und der deutschen Sicherheitsbehören die Schlagzeilen in Deutschland.

In großem Stil soll der US-Geheimdienst "National Security Agency" (NSA) deutsche Bürger und Einrichtungen ausgespäht haben. Von monatlich 500 Millionen durch den Geheimdienst überwachten Kommunikationsverbindungen – Telefonate, E-Mails, SMS oder Chatbeiträge – ist in den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden die Rede.

Für die Opposition ist der Datenklau mitten im Wahlkampf ein willkommenes Thema: Führende Politiker fordern umfassende Aufklärung und werfen der Regierung Untätigkeit vor. Es gehe um die Frage, "ob 500 Millionen Mails pro Monat von einem ausländischen Geheimdienst mit Wissen der deutschen Bundesregierung und unter Mitarbeit des deutschen Geheimdienstes abgehört werden. Das ist eine Straftat", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Deutschlandradio Kultur.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bei einer Pressekonferenz im Bundestag in Berlin. (Foto: Kathrin Streckenbach/dpa)
Fordert Aufklärung: SPD-Chef Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa

Oppositionspolitiker wie Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) bezweifeln, dass die Bundesregierung nichts von den Aktivitäten der westlichen Geheimdienste wusste. Der Whistleblower Snowden hatte in einem Interview erklärt, die Deutschen und die NSA steckten "unter einer Decke".

Was wusste die Bundesregierung?

Sowohl der Innenminister als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatten erklärt, erst aus den Medien von Prism, dem Datensammelprogramm des US-Geheimdienstes, erfahren zu haben.

Dafür, dass ausländische Geheimdienste deutsche Bürger und Einrichtungen in großem Stil ausspähen, habe es seit langem Hinweise gegeben, sagt Sandro Gaycken, IT-Experte an der Freien Universität Berlin. Man habe aber keine konkreten Belege dafür gehabt. "Wenn Politiker aber nichts Konkretes haben, ist es natürlich unprofessionell, auf der Basis von Vermutungen zu reagieren."

Die Bundesregierung betont derweil, dass die Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten im Kampf gegen den Terrorismus notwendig sei und ist um Zurückhaltung gegenüber dem langjährigen Partner USA bemüht. Ohne Hinweise der USA hätte man Terroranschläge in Deutschland höchstwahrscheinlich nicht verhindern können, sagt Innenminister Friedrich. Auch Kanzlerin Merkel sagte in einem Interview mit der "Zeit", dass eine Zusammenarbeit unter engen rechtlichen Voraussetzungen seit Jahrzehnten den Aufgaben der Geheimdienste entspreche und der Sicherheit diene.

Screenshot der Website der NSA (Foto: imago/Seeliger)
Die NSA soll in großem Stil auch in Deutschland Daten gesammelt habenBild: Imago

Wenig Information über die Geheimdienste

Die Aufgaben der Geheimdienste in den USA und Deutschland sind bekannt. Die NSA soll - ebenso wie der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND), der für die Auslandsaufklärung zuständig ist – im Interesse der nationalen Sicherheit Informationen sammeln und auswerten. Doch über die praktische Arbeit der Geheimdienste existieren sowohl in den USA als auch in Deutschland zwar viele Mutmaßungen, aber wenig handfestes Wissen.