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US-Drohnen sorgen für Unruhe im Niger

Philipp Sandner30. September 2014

Die USA planen einen neuen Stützpunkt für unbemannte Flugzeuge im Niger. Von dort sollen islamistische Terrorgruppen in der Sahelzone bekämpft werden. Die Bevölkerung vor Ort fühlt sich übergangen.

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USA stationieren Drohnen in Niger
Bild: picture-alliance/dpa

Der Weg nach Agadez ist weit und beschwerlich. Die Stadt liegt inmitten der Sahara, rund 900 Kilometer von der nigrischen Hauptstadt Niamey entfernt. Doch für die USA ist Agadez von strategischer Bedeutung. Die amerikanische Regierung plant, in der ehemaligen Karawanenstadt eine Drohnenbasis einzurichten, von der aus sie islamistische Gruppen in der Sahelzone bekämpfen kann.

Bei der Bevölkerung löst diese Idee gemischte Gefühle aus. "Im Kampf gegen die Dschihadisten sind amerikanische Soldaten hilfreich", meint ein Passant in Agadez gegenüber einem DW-Reporter, "aber ich fürchte, dass sie uns ausspionieren wollen". Das Misstrauen gegenüber den fremden Soldaten ist groß. Dazu kommt die Furcht, dass Agadez als Stüzpunkt der Amerikaner erneut zum Ziel islamistischer Terroristen werden könnte - wie bereits im Mai 2013, als dutzende Menschen bei Anschlägen ums Leben kamen.

Noch ist nicht öffentlich, wie viele amerikanische Soldaten in Agadez stationiert werden sollen. Doch Nigers Präsident Mahamadou Issoufou hat bereits seine grundsätzliche Zustimmung gegeben - am Rande des US-Afrika-Gipfels Anfang Juli 2014 in Washington. Einen Stützpunkt mit rund 120 Soldaten hat die US-Armee bereits in der Hauptstadt Niamey. Der neue Stützpunkt sei sehr nützlich, sagt Westafrika-Expertin Virginia Comolli vom Internationalen Institut für Strategieforschung (IISS) in London. "Durch ihn werden die USA nicht nur den Niger, sondern auch dessen Nachbarländer wie Tschad, Nigeria und Mali besser überwachen können."

Niger Präsident Mahamadou Issoufou
Nigers Präsident Mahamadou Issoufou hat die Stationierung der US-Drohnen gebilligtBild: Seyllou/AFP/Getty Images

Auch die Grenzgebiete Algeriens und Libyens, in denen ebenfalls islamistische Gruppen aktiv sind, sind nicht weit entfernt. Diese Wüstenregion entzieht sich weitgehend der Kontrolle der afrikanischen Staaten und gilt als Korridor für den Schmuggel von Waffen und Drogen - und als Rückzugsgebiet für militante, islamistische Gruppen.

Terrorabwehr oder wirtschaftliche Interessen?

Wie viele Kämpfer in der Region aktiv sind, darüber wagen auch Kenner der Region selten eine Schätzung. "Es gibt viele verschiedene Gruppen, die immer wieder verschmelzen oder zerbrechen", erklärt Comolli. Außerdem sei es schwierig festzulegen, wer einer solchen Gruppe angehöre. "Es gibt Vollzeitmitglieder und Menschen, die eher eine unterstützende Rolle spielen, oder Kriminelle, die sich anheuern lassen, wenn der Moment ihnen günstig scheint." Für internationales Aufsehen sorgte etwa die Gruppe "Al-Kaida im islamischen Maghreb" (AQMI), als Tuareg-Rebellen ab März 2012 den Norden Malis unter ihre Kontrolle brachten. Die Islamisten traten zunächst als Bündnispartner der Tuareg-Separatisten auf, um anschließend das Gebiet an sich zu reißen.

Karte Westliche Militärpräsenz in der Sahara
Mit der Drohnen-Basis weiten die USA ihre Militärpräsenz in Afrika aus

Anfang 2013 gelang es malischen und französischen Soldaten, das Land nach und nach zurückzuerobern. Nach dem Rückzug der Islamisten aus großen Teilen Malis kündigte Frankreich an, im Rahmen der "Operation Sicheldüne" mehr Soldaten in der Sahelzone zu stationieren. Beobachter bezweifeln, dass es der ehemaligen Kolonialmacht in Westafrika dabei lediglich um die Sicherung des Friedens geht: "Wir dürfen nicht vergessen, dass es in Agadez Uranminen gibt, die von dem französischen Konzern AREVA betrieben werden", sagt Comolli. "Es gibt also große wirtschaftliche Interessen in der Region." Diese lockten auch andere Großmächte an wie China - oder eben die USA, die in der Sahelzone nun militärisch mit Frankreich kooperieren.

Über die Köpfe der Bevölkerung hinweg

Auch wenn Frankreich und die USA öffentlich erklären, den Terrorismus in der Sahelzone bekämpfen und die Stabilität in der Region sichern zu wollen - Sicherheitsexpertin Comolli kann nachvollziehen, dass die Menschen vor Ort skeptisch reagieren. In Agadez fordert auch Assalek Ibrahim von der Umwelt- und Bürgerrechtsgruppe Hed Tamat mehr Informationen: "Der nigrische Staat muss die Bevölkerung aufklären, warum es diese Drohnenbasis geben wird." Andernfalls fürchtet er, dass der neue Stützpunkt für Konfliktstoff zwischen der Bevölkerung und der Regierung in Niamey sorgen werde, statt Stabilität zu bringen.