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Finaler Schlag gegen Al-Shabaab?

Ludger Schadomsky2. September 2014

Die US-Armee hat einen Einsatz gegen die radikalislamische Al-Shabaab in Somalia geführt. Die Aktion soll dem Kopf der Terrorgruppe gegolten haben. Militärschläge allein können die Miliz nicht stoppen, mahnen Experten.

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Gefechte in Mogadishu Foto: REUTERS/Feisal Omar
Bild: Reuters

Die Verlautbarung aus dem Pentagon war denkbar knapp: Das "Ergebnis" der Kommando-Aktion werde derzeit "geprüft", so ein Sprecher. Zusätzliche Informationen würden "zu gegebener Zeit" veröffentlicht. Auskunftsfreudiger sind dagegen die Somalis: Ein hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter gab an, der Drohnenangriff vom Montag (01.09.2014) habe Al-Shabaab-Anführer Ahmed Abdi Godane gegolten, der auch unter dem Namen Mukhtar Abu Zubeyr firmiert und seit 2008 der ostafrikanischen Terrorgruppe vorsteht. Godane steht auf der Liste flüchtiger Terrorverdächtiger des US-Außenministeriums ganz oben, auf seinen Kopf sind sieben Millionen Dollar ausgesetzt.

Ob bei der Militäraktion im Süden Somalias Godane und hochrangige Berater und Kommandeure unter den "mehreren" Toten sind, von denen die Deutsche Presse-Agentur erfahren haben will, konnte bislang nicht verifiziert werden. Sollte Godane getötet worden sein, wäre dies laut Pentagon ein sehr schwerer Schlag für Al-Shabaab. Laut der Presseagentur AP wurden "sechs Militante" getötet.

Drohnen statt Bodentruppen

Nach dem traumatischen Einsatz zu Beginn der 1990er Jahre, bei dem sich die USA nach der verlustreichen Schlacht gezwungen sahen, ihre Truppen abzuziehen, haben sich die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren darauf verlegt, die mit Al-Kaida assoziierte Terrorgruppe mit Drohnenangriffen unschädlich zu machen. Die Tatsache, dass die somalische Regierung bislang nicht protestiert hat, gilt Beobachtern als Indiz, dass sie informiert und eingebunden war. Die Bevölkerung, so DW-Korrespondent Hussein Aweys in Mogadischu, habe die Nachricht von dem US-Angriff "freudig aufgenommen".

Der neuerliche Drohneneinsatz steht vermutlich auch in Zusammenhang mit der am Wochenende angelaufenen Offensive somalischer Regierungssoldaten und Truppen der Afrikanischen Union (AU) unter dem Codename "Operation Indischer Ozean". Dabei kam es bereits zu ersten Geländegewinnen - so wurde die strategisch wichtige Stadt Bulomarer zurückerobert, eine Hochburg der Al-Shabaab-Miliz im Südwesten Somalias. Offenbar als Vergeltungsschlag griffen daraufhin am Sonntag (31.08.2014) Al-Shabaab-Kämpfer die Geheimdienstzentrale und das Hochsicherheitsgefängnis in der Hauptstadt Mogadischu an.

Anschlag in Mogadischu Foto: REUTERS/Omar Faruk
Den Anschlägen von Al-Shabaab kann das Militär oft nichts entgegensetzen.Bild: Reuters

Vermutlich steht der Einsatz der Amerikaner auch im Zusammenhang mit der angestrebten Eroberung der Stadt Barawe durch somalische und AU-Truppen. Barawe ist der letzte verbliebene Hafen unter der Kontrolle von Al-Shabaab, die von hier Holzkohle in die Golfstaaten exportiert - traditionell die wichtigste Einkommensquelle der Miliz mit geschätzten Einnahmen von etwa 19 Millionen Euro pro Jahr.

Al-Shabaab noch lange nicht geschlagen

Annette Weber, Somalia-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), glaubt aber selbst bei einem Tod Godanes nicht an einen vernichtenden Schlag gegen die Al-Shabaab - zu wandlungsfähig habe die sich in den vergangenen Jahren gezeigt. "Sie war immer in der Lage, ihre militärische Taktik anzupassen. Angefangen bei dem Städtekampf in Mogadischu, hin zur Kontrolle größerer Territorien außerhalb und nun die Rückkehr zu einem Guerillakampf." Die Miliz habe nach wie vor einen relativ großen Einflussbereich, wenngleich sie 2011 von AU-Truppen aus der Hauptstadt vertrieben wurde: "Die Idee Al-Shabaab ist wesentlich größer als einige hundert oder tausend Kämpfer im Süden Somalias", so Weber im DW-Interview.

Rashi Abdi, Sicherheitsanalyst und Somalia-Kenner mit Sitz in Nairobi, sagte der DW am Dienstag, obwohl die gegenwärtige Offensive die "intensivste" gegen Al-Shabaab-Stellungen in Südsomalia sei, dürfe man die Gruppe nicht leichtfertig abschreiben."Geländegewinne allein genügen nicht - Al-Shabaab ist tief in der somalischen Gesellschaft verwurzelt und hat in der Vergangenheit immer zurückgeschlagen. Ihre Fähigkeiten zur asymmetrischen Kriegsführung werden infolge des militärischen Druckes vermutlich eher noch eskalieren."

Shabaab Kämpfer tranieren bei Mogadishu Foto: AP Photo/Farah Abdi Warsameh-FILE
Nach wie vor stark: Kämpfer der Al-ShabaabBild: picture-alliance/AP

Politische Lösung für politische Probleme

Berichten, wonach Al-Shabaab der östliche Brückenkopf eines panafrikanischen Terrorgürtels bis hinüber ins westafrikanische Mali sei, steht Weber kritisch gegenüber. Zwar habe Godane noch vor wenigen Wochen öffentlich seine Allianz mit Al-Kaida bestätigt und das Terrornetzwerk als "Pioniere des Dschihad" gelobt. Die Zusammenarbeit mit anderen Terrorzellen wie Boko Haram oder der Al-Kaida im Islamischen Maghreb sei aber weit weniger eng als oft berichtet. "Al-Shabaab ist eine sehr geschlossene Gruppierung, die zwar inzwischen auch über einigen Zulauf von Kämpfern aus der westlichen Diaspora verfügt, die aber nicht dem Netzwerk der klassischen Reise-Dschihadisten angeschlossen ist." Somalia-Analyst Rashid Abdi sieht das ähnlich: "Die verschiedenen Dschihadi-Gruppen haben ganz unterschiedliche Ideologien und Zusammenhänge, wir sollten nicht immer einen großen Masterplan wittern. Gleichzeitig muss man aber festhalten, dass eine gewisse strategische Annäherung zwischen diesen Gruppen existiert."

Seit Jahren plädieren Somaliaexperten wie Weber und Rashid für eine politische Lösung für Somalia, doch noch sieht Weber kein Umdenken, vor allem der Führungsmacht USA nicht. Eine Politik, die allein auf eine militärische Lösung setze, werde "nicht von weitreichendem Erfolg gekrönt", so Weber: "Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass sich Al-Shabaab territorial und taktisch sehr gut anpassen kann." Und Rashid ergänzt: "Dies ist im Grund genommen ein poltischer Kampf, auch wenn er gerade eine militärische Dimension hat. Das größte Problem in Somalia ist nicht Al-Shabaab, sondern die Unfähigkeit von Regierung und den Clans, sich über die Stabilisierung und eine Roadmap zu verständigen."