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Unruhe über Griechenland wächst

Stephan Radomsky, dapd28. Mai 2012

Wirtschaftsverbände warnen vor unabsehbaren Risiken, wenn Griechenland aus dem Euro geht, die Commerzbank mahnt Vorbereitungen an, und das Kieler Institut für Weltwirtschaft schlägt einen Vier-Punkte-Plan vor.

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Eine Statue vor einem Tempel (Foto: Fotolia/anastasios71)
Bild: Fotolia/Mason0015

Angesichts der verfahrenen Situation in Griechenland fürchten Verbände und Konzerne zunehmend um die wirtschaftliche Zukunft Europas. So kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, die Spekulationen über einen möglichen Ausstieg Athens aus dem Euro. "Von einem Austritt Griechenlands profitiert keiner in Europa", sagte er der Nachrichtenagentur dapd.

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, über einen möglichen Euro-Austritt der Griechen. "Das wäre ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Keiner kann die Risiken wirklich übersehen", sagt Keitel.

Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (Foto: dapd)
Hans-Peter Keitel: Experiment mit ungewissem AusgangBild: dapd

Warnung vor Dominoeffekt

Der scheidende Vorstandschef des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, Louis Gallois, sieht die Gemeinschaftswährung in akuter Gefahr. "Die Krise ist schlimmer geworden", sagte Gallois der "Welt am Sonntag". "Es gibt das Risiko, dass Griechenland aus der Eurozone austritt. Das könnte zu einem Dominoeffekt führen und andere Länder mitreißen", warnte er. Europa brauche den Euro aber.

Trotz der Gefahren sollten sich die Euro-Staaten nach Ansicht der Commerzbank einen griechischen Austritt aus der Gemeinschaftswährung offen halten. "Es ist schlicht ein Gebot der Verantwortung, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten", sagte Privatkundenvorstand Martin Zielke dem "Tagesspiegel". "Zudem würde ein Austritt Griechenlands, falls er denn kommen sollte, nicht das Ende des Euro bedeuten", beschwichtigt er.

Hängepartie muss enden

Zugleich unterstützten die Wirtschaftslenker die ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber Euro-Bonds. "Gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder bei nationaler Haushaltspolitik vergemeinschaften die Schulden und entbinden die Länder von ihrer Verantwortung für eine solide Wirtschafts- und Finanzpolitik", sagt DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben. Er fordert, die "Hängepartie" müsse nach der griechischen Neuwahl enden, um den Spar- und Reformkurs in dem Land schnell fortzusetzen.

Allerdings muss nach Ansicht des Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, auch Europa insgesamt seine Krisenstrategie überdenken. Die derzeitigen Bemühungen zur Rettung der Gemeinschaftswährung seien "gescheitert und nicht dazu geeignet, den Euroraum aus der Krise zu bringen", schrieb der Ökonom in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Paket aus der Rekapitalisierung der Banken, den Euro-Rettungsschirmen EFSF und ESM, Fiskalpakt sowie lockerer Geldpolitik habe große Schwächen.

Klare Regeln

Stattdessen skizzierte Snower einen Vier-Punkte-Plan zur Rettung des Euro. Darin forderte er eine "atmende Fiskalregel", mit der Krisenländer ihre Wirtschaft kurzfristig ankurbeln und dennoch langfristig Schulden senken könnten, und klare Kriterien für die Insolvenz eines Euro-Staates.

Zudem nannte Snower gezielte Investitionen der EU aus ihren Strukturfonds und neue Regeln für Finanzinstitute, um künftig deren Zusammenbruch zu verhindern. So könnten Banken und Versicherungen Schulden künftig in Form von Wandelanleihen aufnehmen müssen, um ihr Eigenkapital im Ernstfall auf Kosten der Aktionäre und nicht der Steuerzahler aufzupolstern.