1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

UN: Libyen vor dem Kollaps

28. Mai 2015

Libyen steht nach Einschätzung des UN-Sondergesandten León kurz vor dem zusammenbruch. Die EU-Pläne für einen Militäreinsatz gegen Schleuser hält der Diplomat für unproblematisch.

https://p.dw.com/p/1FXkO
Rauch über Libyens Hauptstadt Tripolis (Foto: Reuters)
Rauch über Libyens Hauptstadt TripolisBild: Reuters

Im Bemühen um ein Ende des libyschen Bürgerkriegs will der UN-Sondergesandte Bernardino León in der kommenden Woche einen neuen Entwurf für ein Friedensabkommen vorlegen. "Die Zeit läuft ab. Libyen steht kurz vor dem wirtschaftlichen und finanziellen Kollaps", sagte der spanische Diplomat nach Gesprächen mit Vertretern der Konfliktparteien des nordafrikanischen Landes und mit EU-Politikern in Brüssel.

Zudem sei Libyen mit enormen Sicherheitsproblemen konfrontiert, betonte León. Als Beispiel nannte er die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), die versuche, in Libyen "eine bedeutende Basis" aufzubauen. Der IS sei vermutlich eine noch größere Bedrohung für das Land als der Bürgerkrieg, sagte der Sondergesandte. Der IS hat in großen Gebieten Syriens und des Iraks ein Islamisches Kalifat ausgerufen, dem Dschihadistenorganisationen in Libyen und mehreren anderen Ländern Gefolgschaft geschworen haben.

Der UN-Gesandte für Libyen, Bernardino León (Foto: AFP/Getty Images)
Der UN-Gesandte für Libyen, Bernardino LeónBild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Rivalisierende Regierungen

In Libyen kämpfen seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Milizen um Macht und Einfluss. Die international anerkannte Regierung ist nach Tobruk im Osten des Landes geflohen. In der Hauptstadt Tripolis sitzt eine islamistische Gegenregierung. Seit Anfang des Jahres finden unter Vermittlung der UN Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien statt.

Ziel des UN-Sondergesandten ist es, eine Einigung der nicht als terroristisch eingestuften Konfliktparteien auf eine Regierung der nationalen Einheit zu erreichen. Es werde sich in drei bis vier Wochen zeigen, ob die Vermittlungsbemühungen Erfolg hätten. Die Konfliktparteien müssten endlich verstehen, dass eine politische Einigung mit Zugeständnissen besser sei als eine Fortsetzung des Konfliktes, der nirgendwohin führe, erklärte León.

Keine Einwände hat der Sonderbeauftragte gegen die EU-Pläne für Militäreinsätze gegen von Libyen aus operierende Schleuserbanden. Dabei gehe es um den Kampf gegen Leute, die keinerlei Achtung für Menschenleben hätten und auch für Libyen ein enormes Problem darstellten.

Libyen als Durchgangsstation für Flüchtlinge

"Diese Mafia tut alles dafür, damit der Bürgerkrieg nicht endet - weil sie in diesem Umfeld leichter ihren Geschäften nachgehen kann", sagte Léon. Von der Küste Libyens bricht ein Großteil der Bootsflüchtlinge auf, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen.

Islamistenchef gegen EU-Pläne

Anders als León übte der selbst ernannte Regierungschef des libyschen Islamistenbündnisses Fadschr Libya, Chalif Al-Ghwell, scharfe Kritik an den EU-Plänen für ein militärisches Vorgehen gegen Menschenschmuggler. "Die EU darf auf keinen Fall Soldaten einsetzen, das wäre ein großer Fehler", sagte Al-Ghwell der "Bild"-Zeitung. "Wir sind doch im 21. Jahrhundert", erklärte der libysche Islamist. Er rate der EU, ihre "Beschlüsse zur Flüchtlingspolitik zu überdenken und sie so nicht umzusetzen".

Er rief die EU zugleich auf, die "Realitäten" anzuerkennen und mit seinem Bündnis zusammenzuarbeiten. "Denn wir sind hier die Regierung, zahlen Löhne und Pensionen, kümmern uns um Gesundheits-Versorgung", führte der selbst ernannte Regierungschef aus. Hinter Fadschr Libya stehe "die breite Mehrheit der Bevölkerung".

wl/uh (dpa, afp)