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Sonnenstrom aus Afrika

17. Februar 2012

Sauberer Sonnenstrom aus der Wüste kann Kohlekraftwerken und Nuklearanlagen langfristig den Rang ablaufen. Besonders für das sonnenreiche Afrika bedeutet das eine große Chance.

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Solarthermische Stromerzeugung (Foto: BSW-Solar/Solar Millennium)
Bild: BSW-Solar/Solar Millennium

Wenn von Afrika die Rede ist, wird häufig vom Mangel an Nahrung, an Bildung und Wohlstand berichtet. Eines jedoch hat Afrika genug: die Sonne. Solarstrom könnte deshalb für einen Quantensprung in Afrika sorgen - sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich. Diese Einschätzung teilen heute Wissenschaftler, Umweltschützer und Entwicklungshelfer gleichermaßen.

Fakten & Zahlen

Die Sonne strahlt nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) ständig mehr als 120.000 Terawatt auf die Erdoberfläche. Das entspricht der Leistung von 100 Millionen großen Atomkraftwerken. Dieses Angebot der Sonne ist 7700 Mal größer als der gesamte Energiebedarf der Erde, gemessen am Jahr 2006 (rund 136.000 Terawattstunden).

Aufgrund der starken Sonnenstrahlung in vielen afrikanischen Ländern, bietet Afrika besonders gute Bedingungen zur Gewinnung von Solarstrom. Solarkraftwerke auf zwei Prozent der Fläche der Sahara könnten den kompletten derzeitigen Weltstrombedarf decken, wie die Umweltschutz-Organisation Greenpeace berechnet hat.

Problem: Hohe Anlaufkosten

Haupthindernis für eine flächendeckende Gewinnung von Sonnenstrom in Afrika sind nach Einschätzung von Fachleuten die hohen Kosten bei der Errichtung von Solaranlagen - egal ob Photovoltaiksysteme oder solarthermische Kraftwerke. Bei einer Solaranlage falle die Investitionssumme sofort an, auch wenn danach die Stromerzeugung nahezu umsonst sei, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Bonner Solaranlagenbauers SolarWorld AG, Frank Asbeck. Wer auf klimaschädliches Kerosin oder Diesel setze, zahle zwar für den gleichen Energieertrag deutlich mehr, aber verteilt auf viele kleine Einzelbeträge. Dies verleitet vor allem arme Länder dazu, klimaschädlichen Kraftwerken den Vorzug zu geben.

Landkarte von Nord- und Zentralafrika sowie des südlichen Europa mit vier Quadraten, die die jeweils benötigte Fläche verdeutlichen, , um die Welt, Europa, Deutschland oder Afrika mit Strom zu versorgen (Grafik: Greenpeace)
Darstellung der benötigten Fläche an Solaranalgen, um die Welt, Europa, Deutschland oder Afrika mit Strom zu versorgenBild: Greenpeace

Greenpeace fordert daher stärkeren politischen und finanziellen Einsatz von Industrienationen, insbesondere in Europa, um der Solartechnik in Afrika auf die Beine zu helfen. Die deutsche Bundesregierung fördere beispielsweise die Innovation solarthermischer Kraftwerke mit einem Forschungsetat in Höhe von acht Millionen Euro. In die Kernfusionsforschung würden dagegen jährlich mehr als 130 Millionen Euro investiert. Der Energie-Experte von Greenpeace, Andree Böhling, sagt: "Zwar ist Deutschland nicht abhängig von Solarstrom-Importen aus Afrika, aber angesichts der enormen Klima- und Energieprobleme, die wir haben, müssen wir sehr schnell von fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas - und natürlich auch von der Atomkraft - wegkommen und auf erneuerbare Energie setzen." Solaranlagen in Afrika könnten einen guten Beitrag dazu leisten, die Nutzung erneuerbarer Energien voranzutreiben, meint Böhling.

Solaranlagen: "Technologisch keine Herausforderung"

Während es also vor allem noch am Geld und an politischer Entschlossenheit mangelt, sehen Ingenieure keine ernsthaften Schwierigkeiten mehr darin, solarthermische Kraftwerke oder Photovoltaiksysteme in Afrika zu bauen. "Heutzutage gibt es in Ägypten, Marokko, Libyen und anderen Ländern [in Nordafrika] moderne Gas- und Ölkraftwerke, die die Stromerzeugung für diese Länder bereitstellen. Solarthermische Kraftwerke oder Photovoltaik-Systeme sind im Vergleich dazu keine kompliziertere Technik", erläutert der Solarforscher Robert Pitz-Paal vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Technologisch ist das keine Herausforderung", sagt er. Das DLR arbeitet unter anderem mit einer Reihe von Partnern am Projekt Desertec. Dieses Projekt setzt auf solarthermische Kraftwerke im Sonnengürtel Afrikas, um klimafreundlich Strom für Afrika, den Nahen Osten und Europa zu erzeugen.

Solarturmkraftwerk in Jülich: Mehr als 2000 bewegliche Spiegel konzentrieren die Solarstrahlung auf den Strahlungsempfänger (Receiver) an der Spitze des 60 Meter hohen Turms (Foto: DLR)
Solarturmkraftwerk im nordrhein-westfälischen Jülich: Mehr als 2000 bewegliche Spiegel konzentrieren die Solarstrahlung auf den Strahlungsempfänger (Receiver) an der Spitze des 60 Meter hohen TurmsBild: DLR

Sauber und klimafreundlich

Eine Umstellung von klimaschädlichen Kraftwerken auf Solaranlagen würde dem weltweiten Klima einen großen Dienst erweisen. Eine Greenpeace-Studie zeigt: Solarthermische Kraftwerke, wie sie nach dem Desertec-Konzept in der Sahara geplant werden, könnten bis 2050 den Ausstoß von 4,7 Milliarden Tonnen klimaschädlichem CO2 verhindern. Diese Einsparung entspreche dem sechsfachen Volumen des derzeitigen CO2-Ausstoßes in Deutschland.

Vorteile für Afrika

Stromerzeugung durch Sonnenkraft könnte auch große Probleme in Afrika lösen. Mehr als eine halbe Milliarde Menschen sind dort völlig abgeschnitten von einer stetigen Stromversorgung. Das behindert die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des ganzen Kontinents. Produktionskosten sind hier höher als andernorts, darunter leidet die Wettbewerbsfähigkeit afrikanischer Länder auf dem Weltmarkt. Günstiger Solarstrom würde nicht nur bessere Gesundheitsdienste, Kommunikation, Information und Bildung ermöglichen. Er ist auch die Voraussetzung für wettbewerbsfähige Produktionsstätten.

Auf einer Grundfläche von zirka acht Hektar sind 2150 bewegliche Spiegel (Heliostate) mit einer Gesamtfläche von knapp 18.000 Quadratmetern aufgestellt. Diese folgen dem Lauf der Sonne, und konzentrieren die Solarstrahlung auf einen rund 22 Quadratmeter großen Receiver, der an der Spitze eines 60 Meter hohen Turms installiert ist (Foto: DLR)
Blick vom Jülicher Solarturm auf das acht Hektar große HeliostatenfeldBild: DLR

Der Zeithorizont

Bleibt die Frage: Wann sind die Afrikaner soweit, zu Lieferanten sauberen Solarstroms für sich und andere zu werden? Böhling von Greenpeace meint, das könne teilweise schon in zehn Jahren geschehen. Der Solarforscher Pitz-Paal ist vorsichtiger und glaubt, es werde mehr als zwanzig Jahre dauern, bis zum Beispiel aus deutschen Steckdosen afrikanischer Sonnenstrom fließen kann.

Autor: Martin Schrader
Redaktion: Ranty Islam